Artikel17. Mai 2024

Mythos oder Wirklichkeit? 7 Fakten zur Apple TV+-Miniserie «The Big Cigar»

Mythos oder Wirklichkeit? 7 Fakten zur Apple TV+-Miniserie «The Big Cigar»
© Apple TV+

«Argo» lässt grüssen! Wie bei Ben Afflecks preisgekröntem Thriller aus dem Jahr 2012 dient auch im Fall der Apple-TV+-Miniserie «The Big Cigar» ein Artikel des US-Journalisten Joshuah Bearman als Drehbuchgrundlage. Beleuchtet wird in dem Sechsteiler die irrwitzige Flucht des Black-Panther-Mitbegründers Huey P. Newton vor dem FBI. Wir haben die Serie auf ihren Wahrheitsgehalt abgeklopft.

von Christopher Diekhaus

Als ihm im Jahr 1974 ein Mord zu Last gelegt wird, entzieht sich der Afroamerikaner Huey P. Newton (André Holland), Mitbegründer der militanten Black Panther Party, den Behörden. Unterschlupf findet er bei Filmproduzent Bert Schneider (Alessandro Nivola), der seit dem Erfolg des Roadmovies «Easy Rider» in Hollywood ein gefragter Mann ist. Während das FBI nach Huey fahndet, hecken der Gesuchte, Bert und dessen Geschäftspartner Steve Blauner (P. J. Byrne) einen verrückten Plan aus: Unter dem Vorwand, einen Film namens «The Big Cigar» zu drehen, soll Newton heimlich nach Kuba geschafft werden.

Hinweis: Die folgenden Ausführungen basieren auf der Sichtung der ersten vier von sechs Folgen und nehmen einige Plot-Details vorweg.

André Holland in «The Big Cigar» © Apple TV+

1. Huey P. Newton sass wegen eines Polizistenmordes im Gefängnis

Die Miniserie steigt ohne Vorspiel mit Newtons Flucht im Jahr 1974 ein, gibt über Rückblenden aber Einblicke in die Vorgeschichte. Einer dieser Flashbacks zeigt, wie der Black-Panther-Mitbegründer in eine Polizeikontrolle gerät, bei der plötzlich Schüsse fallen. Nach dem Tod eines Cops wird Huey zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.

Die Auseinandersetzung gab es wirklich. Unklar ist allerdings, was genau geschah. Newton plädierte auf unschuldig und behauptete, der Streifenbeamte John Frey habe zuerst geschossen. 1970 wurde das ursprüngliche Totschlagsurteil verworfen, und noch im selben Jahr kam Huey frei, da sich in zwei weiteren Prozessen die Geschworenen nicht einigen konnten.

Moses Ingram und Alessandro Nivola in «The Big Cigar» © Apple TV+

2. Teressa Dixon bringt Huey P. Newton mit Bert Schneider zusammen

Als Newton nach neuen Geldgeber:innen sucht, schlägt Black-Panther-Mitglied Teressa Dixon (Moses Ingram) den Hollywood-Produzenten Bert Schneider vor. Zunächst hat Huey aber kein grosses Interesse, sich mit einem weissen Kapitalisten einzulassen. Teressa bewegt ihn dennoch, einer Party im Hause Schneiders beizuwohnen.

Dass sich der Black-Panther-Mitbegründer und der Filmemacher unter exakt diesen Umständen kennenlernten, ist ausgeschlossen. Warum? Weil es sich bei Teressa offenbar um eine fiktive Figur handelt. Eine Person dieses Namens konnten wir im Zusammenhang mit der Black Panther Party jedenfalls nicht ausfindig machen.

P. J. Byrne und Alessandro Nivola in «The Big Cigar» © Apple TV+

3. Bert Schneider hat grosse Sympathien für die Gegenkultur

Mehrere Menschen, darunter auch Steve Blauner konfrontieren Bert Schneider mit der Frage, warum er für Newton seine Existenz auf Spiel setzt. «The Big Cigar» lässt den Produzenten etwas diffus, aber stets gleich antworten: Weil er nicht einfach zusehen könne, weil er das Richtige tun müsse.

Schon eine kurze Recherche zu Schneider bringt ein klares Bild hervor: Der Mann, dessen Vater ein hohes Tier bei Columbia Pictures war, erwarb sich bereits in jungen Jahren den Ruf eines Freigeistes und Rebellen, sympathisierte mit sozialistischen Ideen, setzte sich für die Rechte der Afroamerikaner:innen ein und drückte seine linke Haltung auch in den von ihm produzierten Filmen aus.

André Holland und Alessandro Nivola in «The Big Cigar» © Apple TV+

4. Huey P. Newton und Bert Schneider prügeln sich mit Streifenpolizisten

Nach der Party in Schneiders Haus fühlt sich Huey in seiner skeptischen Einstellung bestätigt. Mit dem Hollywood-Player will er nichts zu tun haben. Bert lässt jedoch nicht locker und stellt Newton einige Zeit später auf der Strasse zur Rede. Als Streifenpolizisten den Black-Panther-Mitbegründer und seine Entourage schikanieren, greift Schneider in das Handgemenge ein. Das Ende vom Lied: Alle Beteiligten landen vorübergehend in Gewahrsam.

Höchst unwahrscheinlich, dass diese Begebenheit der Wahrheit entspricht. Vielmehr riecht sie nach einem dramaturgischen Kniff. Irgendwie müssen die Serienmacher:innen schliesslich erklären, warum Huey seine Sicht auf Bert ändert.

André Holland in «The Big Cigar» © Apple TV+

5. Comedian Richard Pryor bewegt sich um Umfeld von Huey P. Newton

In «The Big Cigar» gehört der afroamerikanische Comedian und Schauspieler Richard Pryor zu den Unterstützern Newtons. Mehrfach begegnen sich die beiden auf Partys, und teilweise ist Pryor auch in den verrückten Fluchtplan involviert. An einer Stelle überreicht er Huey falsche Pässe, die er für ihn hat anfertigen lassen. Andernorts schützt er den Black-Panther-Mitbegründer vor zwei Polizisten.

Ob Richard Pryor Newton wirklich mit gefakten Dokumenten versorgte, lässt sich nicht zweifelsfrei klären. Unterschiedliche Quellen, z.B dieser Artikel aus dem Online-Magazin «The Cinemaholic» belegen aber, dass zwischen den beiden eine grosse Nähe bestand.

André Holland und Alessandro Nivola in «The Big Cigar» © Apple TV+

6. Bert Schneider bittet seinen Bruder, den Chef von Columbia Pictures, um Hilfe

In der Serie sieht es der ursprüngliche Plan vor, Huey mit einem Flugzeug heimlich ausser Landes zu bringen. Als ein angeheuerter Pilot Newton, Schneider und Blauner versetzt, brauchen sie dringend eine neue Maschine. Bert wendet sich daraufhin an seinen Bruder Stanley (Noah Emmerich), der als Präsident von Columbia Pictures über einen firmeneigenen Jet verfügt.

Schneider hatte tatsächlich einen Bruder namens Stanley, der die Geschicke der Filmfirma Columbia leitete. Unsere Nachforschungen haben allerdings ergeben, dass dieser sein Amt im Jahr 1973, weit vor Newtons Flucht, aufgab. «The Big Cigar» nimmt sich hier also einige kreative Freiheiten.

P. J. Byrne in «The Big Cigar» © Apple TV+

7. Steve Blauner gerät in eine Schiesserei

In einer zunehmend verworrene Lage trifft sich Steve Blauner in der Miniserie in einem Restaurant mit dem Piloten, der ihn und seine Mitstreiter im Stich gelassen hat. Als das Gespräch völlig aus dem Ruder läuft, schaut der Produzent plötzlich in den Lauf einer Pistole, und die Kugeln fliegen durch die Luft.

Belege für diese Schiesserei lassen sich nicht finden. Einmal mehr treibt «The Big Cigar», wohl aus erzählerischen Gründen, ein Spiel mit der Wahrheit. Immerhin ist die lebensgefährliche Erfahrung der Moment, an dem Steve seine Vorbehalte gegenüber Huey ablegt. Auf einmal ist der Zauderer und Mahner bereit, für den Black-Panther-Mitbegründer alles zu riskieren.

«The Big Cigar» ist seit dem 17. Mai auf Apple TV+ verfügbar.

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