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Offshore: Elmer und das Bankgeheimnis Schweiz 2016 – 102min.

Filmkritik

Das Bankgeheimnis und heftige Reaktionen

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Werner «Swiss» Schweizer ist den Spuren des Zürcher Ex-Bankers Rudolf Elmer gefolgt, der mit seiner Arbeitgeberin in den Clinch ging und Geheimnisse preisgab. In seinem Dokumentarfilm schildert Schweizer, wie ein Mann in Not gerät, zum Whistleblower wurde und das Ende des Bankgeheimnisses einläutete.

Er hat eine beachtliche Karriere gemacht, der Zürcher Banker Rudolf Elmer. Er stieg zum Chief Operating Officer (COO) der Privatbank Julius Bär auf. Ein tüchtiger, beflissener und rechtschaffener Revisor und Vertrauensmann, den man ins Steuerparadies Cayman Islands schickte. Er machte seinen Job gut. Irgendwann zweifelte er an den Methoden, den Vertuschungen und stellte kritische Fragen. Das Bankhaus beziehungsweise die US-Leitung reagierte perfide. Man unterzog ihn einem Lügendetektortest und stellte ihn ins Abseits. Elmer wehrte sich, warnte Kunden, alarmierte Medien und Behörden, schrieb Drohbriefe. Er wurde zur Gefahr für die Bank, die ganze Branche und im September 2005 verhaftet. Der Banker wurde zum Whistleblower. Im Herbst/Winter 2007 gibt Elmer Dokumente an Wikileaks weiter. Der Ex-Banker wird erneut verhaftet im Januar 2011 und erst nach 187 Tagen aus der Zürcher Untersuchungshaft entlassen. Ein Nestbeschmutzer, wie er vorschnell in einigen Medien abgeurteilt wird. Elmer ist ein Insider, unbequem und kennt das lukrative Offshore-Bankgeschäft bestens. Im November 2011 kommt es zum Vergleich, die Bank Julius Bär zahlt ihm über 600'000 Franken, und Elmer zieht seine Klage gegen das Bankhaus zurück. Das Verfahren wegen Drohung, Nötigung und Verletzung des Bankgeheimnisses wird in diesem Sommer fortgesetzt.

Rudolf Elmer ist nicht der erste Whistleblower der Geschichte, aber der erste Schweizer. In den Siebzigerjahren enthüllte der Amerikaner Daniel Ellsberg geheime Pentagon-Papiere über den Vietnamkrieg. Der Zürcher Elmer machte Fehler, beging Verfehlungen und erschütterte das Bankgeheimnis. Er wurde zum Michael Kohlhaas. Werner Schweizers akribische Dokumentation ist mehr als das Porträt eines Mannes, der gegen einen übermächtigen Gegner antrat und verurteilt wird. Der Filmer beschreibt die Funktion und Bedeutung der Offshore-Finanzplätze im Bankensystem. Er enthüllt aber auch ein fragwürdiges Verhalten der Zürcher Justiz. Geschickt spannt Schweizer (Hidden Heart) einen persönlichen Bogen zwischen seiner Laufbahn als Filmschaffender aus der linken Szene und einem Menschen aus dem Zürcher Industriequartier, der vom Saulus zum Paulus wurde. Offshore – Elmer und das Bankgeheimnis erweist sich als hochaktuelles Zeugnis und Enttarnung eines Schweizer Mythos. Mutig, entlarvend, engagiert, spannend und provokant.

14.03.2016

4

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