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Das Chinesische Rezept - mutig und klug Schweiz 2015 – 95min.

Filmkritik

Besser als das Original

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Dokumentarfilmer Jürg Neuenschwander hat sechs Jahre in Shanghai gelebt und beschreibt anhand dreier Beispiele, wie ambitionierte Tüftler, Manager und Unternehmer eigene Produkte und Maschinen entwickeln und sich clever westlichen Knowhows bedienen. Kopieren gehört dazu. Ein aufschlussreicher Einblick ins chinesische Wirtschaftsleben.

China ist ein Wirtschaftsgigant und begehrter Absatzmarkt. Die asiatische Grossmacht ist uns gleichwohl ziemlich fremd und undurchsichtig. Ist der «Gelben Gefahr» zu trauen? Wir wissen manches über ideologische und erzieherische Disziplinierung, über das Elend der Wanderarbeiten und verschiedener Regionen. Wie aber funktioniert die wirtschaftliche und produktive Entwicklung im Alltag, im Detail? Was steckt hinter dem Vorwurf des Kopierens?

Der Emmentaler Filmer und Produzent Jürg Neuenschwander (Kräuter und Kräfte) hat sechs Jahre in Shanghai gelebt und ist in Kontakt mit Kleinunternehmer gekommen, beispielsweise mit einer Gruppe junger Open-Source-Erfinder, die an Drohnen bastelten. Audio-Tüftler Xiaohou Zhou gründete «Happy Buying Elecrtronics». Er sucht auf Schrottplätzen und anderswo ausgediente Markengeräte und Bestandteile und baut daraus Verstärker und Ähnliches. Sein Produkt sei «besser als das Original», behauptet er.

Der ehemalige Architekt Chuan Angelo Yu und sein Team basteln an Drohnen. Sie haben es bis zur Flugreife gebracht. Die verschworenen Tüftler gründeten das Start-up-Unternehmen «HexAirbo». Es gelang ihnen, ihre Drohne am Maker Faire im Silicon Valley zu präsentieren. Obwohl ihr Prototyp am Schluss abstürzte, ernteten sie Applaus, hatten mit ihrem Crowdfunding grossen Erfolg (563'721 US-Dollar). Sie sind im Geschäft.

Ein anderer Erfolgsfall ist Ruilin Wang. Er, wie auch sein Vater waren Opfer der chinesischen Kulturrevolution. Später wurde er Ingenieur und Funktionär an einer Fabrik für Futtermühlen, die Bühler-Maschinen kopierte. Wang suchte die Selbständigkeit und gründeten 2003 die Firma Baolong. Und die kopierte und entwickelten Futtermühlen weiter. Das stach dem Ostschweizer Bühler-Konzern ins Auge, und Dieter Vögtli, Präsident von Bühler China, wurde aktiv. Am Ende ist man Partner geworden, vereinbarte ein Joint Venture und wurde zu Bühler Changzhou – mit Riesenerfolg nach dem Motto «Fusionieren statt um Patente zu prozessieren».

Neuenschwanders Recherche über das «chinesische Rezept» zeigt: «Wir studieren, wir kopieren nicht», erläutert der Elektrobauer Xiaohui Zhou. Nachahmen, Lernen und Weiterentwickeln ist alte chinesische Tradition. Kopieren wird in China mit Wertschätzung betrachtet. Die Protagonisten dieser Beobachtungen (ohne Kommentierung und Wertung) sind allesamt sympathische, kreative und pfiffige Erfinder und Vermarkter. Der Film zeigt die positiven Seiten privater chinesische Entwicklung. Diese Chinesen sind wissbegierig und innovativ. Man kann von ihnen lernen.

14.03.2016

4

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