Artikel15. Februar 2019 Noëlle Tschudi
3 Gründe, wieso «Alita: Battle Angel» nicht nur Manga-Fans begeistern dürfte
Lange war es still um James Cameron, der sich mit «Avatar» und «Titanic» gleich für die zwei kommerziell erfolgreichsten Filme aller Zeiten verantwortlich zeigt. Nun ist der Visionär als Produzent und Drehbuchautor mit einem lange gehegten Herzensprojekt zurück. 3 Gründe, warum «Alita: Battle Angel» nicht nur bei Manga-Fans punktet.
Zum Film
Wir schreiben das 26. Jahrhundert. Die Erde wurde durch einen 300 Jahre alten Krieg fast vollkommen verwüstet, und die meisten Menschen leben nun in einer ziemlich heruntergekommenen, nichtsdestotrotz aber pulsierenden Stadt namens Iron City, über der sich die mit einem Transportsystem für Nahrung und Güter verbundene letzte schwebende Himmelsstadt erhebt. Als der mitfühlende Dr. Ido (Christoph Waltz) auf einer gigantischen Schrotthalde nach Cyborg-Ersatzteilen für seine Klinik sucht, stösst er auf die Überreste eines Cyborg-Mädchens (Rosa Salazar), das er mitnimmt und ihm einen neuen Körper schenkt. Vor ihrer Vergangenheit, an die sie sich nicht erinnern kann, versucht er das Mädchen, dem er den Namen Alita gibt, zunächst mit allen Mitteln zu schützen. So weit, so bekannt…
1. Ein Highlight der Manga-Reihe jagt das nächste.
Die gute Nachricht für Fans der ab 1991 publizierten 9-teiligen Manga-Reihe ist, dass im Film, der die ersten 4 Bände abdeckt, ein Highlight des Originalmaterials an das nächste gereiht wird. Schlüsselszenen sind – wie ansatzweise im Trailer zu erkennen – teilweise eins zu eins übernommen worden. Dass bei der Filmproduktion aber auch einiges auf der Strecke blieb, war nicht zuletzt aufgrund der Altersfreigabe von 12 Jahren leider unumgänglich.
Während das Quellenmaterial noch deutlich brutaler, düsterer und implizit vor allem ein ganzes Stück gesellschaftskritischer daherkommt, liegt der Fokus im Film grösstenteils auf der Action und einer sich entwickelnden Beziehung zwischen Alita und Hugo, einem Jungen, dem sie in den Strassen von Iron City zufällig begegnet.
Ausschweifend tiefgründige Diskurse, in denen Zweiklassengesellschaften angeprangert, die Grenzen des medizinischen Fortschritts hinterfragt oder an ethischen Grundsätzen – respektive deren Abwesenheit – gerüttelt wird, sucht man in «Alita: Battle Angel» vergeblich. Dafür liefert der Film spannungsgeladenes Popcornkino, das in ein faszinierendes Filmuniversum einlädt, und auch für jüngere Kinobesucher zugänglich ist.
2. Das raffinierte Cyberpunk-Setting lässt das Herz jedes Sci-Fi-Fans höher schlagen.
Dass James Cameron keine halben Sachen macht und ein Händchen dafür hat, atemberaubende Welten zu erschaffen, ist spätestens seit «Avatar» bekannt. Die Rechte am bald 30-jährigen Manga-Stoff «Battle Angel Alita» von Yukito Kishiro sicherte er sich bereits zur letzten Jahrhundertwende hin. Seine Arbeit an den Fortsetzungen von «Avatar» vereinnahmten ihn aber dermassen, dass er den Regiestuhl zugunsten von Robert Rodriguez («Sin City», «From Dusk till dawn») räumte. Dass er als Produzent und Drehbuchautor des 200-Millionen-Dollar-Projekts sowie als Mitbegründer der modernen 3D-Technik aber noch immer über vieles bestimmen konnte, ist mit Blick auf Iron City oder die visuell beeindruckenden Motorball-Szenen mehr als offensichtlich.
Basierend auf Kishiros verhältnismässig selten gesähten Zeichnungen der Welt, in der sich Alita zurechtfinden muss, und Darstellungen im 1993 erschienenen Anime «Alita Battle Angel» erschufen die Macher des Sci-Fi-Streifens ein Filmuniversum, das in sich geschlossen glaubhaft und aufregend wirkt und man einfach gesehen haben muss.
Ob die Strassen von Iron City, die zwar teilweise heruntergekommen, dafür aber überraschend bunt als Schmelzpot unterschiedlichster Kulturen daherkommen, eine Kathedrale, an welcher sich der Zahn der Zeit zu schaffen gemacht hat, oder ein gigantisches Stadion, in dem eine halsbrecherische Ballsportart auf Rollerskates gespielt wird: Am Setting wirkt kaum je etwas deplatziert. Schauplätze wie beispielsweise riesenhafte Rohrsysteme bieten sich regelrecht für nervenaufreibende, rasante Actionszenen an – und «Alita: Battle Angel» liefert diese letzten Endes auch ab.
3. Christoph Waltz und Rosa Salazar überzeugen als aussergewöhnlicher Arzt und Cyborg-Mädchen.
Vor allem im Hinblick auf eine mögliche Fortsetzung des Films ist die wohl erfreulichste Überraschung von «Alita: Battle Angel» die Besetzung der Hauptfigur Alita durch Rosa Salazar und jene des Doktors Ido durch Christoph Waltz. Beide agieren in ihren Rollen exakt so, wie man es anhand der Manga-Vorlage von ihnen erwarten würde und tun dies darüber hinaus auch ausgesprochen glaubhaft: Während es Christoph Waltz nämlich gelingt, die besorgte Vaterfigur, den mitfühlenden Arzt und den nicht ganz gewöhnlichen Bewohner Iron Citys unter einen Hut zu bringen, glückt es Rosa Salazar, ihre Rolle mit der nötigen kindlichen Naivität zu spielen – dabei aber auch ordentlich und mit der Präzision eines erfahrenen Karatemeisters auszuteilen.
Weta Digital, die der Figur Alita mithilfe von Rosa Salazars Schauspiel und der Motion-Capture-Technik Leben einhauchten und an Blockbustern wie «Avengers: Infinity War», «Wonder Woman» oder der «Herr der Ringe»-Trilogie mitwirkten, haben beim Cyborg-Mädchen ganze Arbeit geleistet – denn die Möglichkeiten der Technik haben sich seit «Avatar» um ein vielfaches erweitert. Deutlich sichtbar ist dies beispielsweise, wenn Lichtreflexe über Alitas Haut tanzen, kleinste mimische Veränderungen in ihrem Gesicht abzulesen sind oder ihr Tränen in die Augen treten.
Gerade ihre übergrossen Augen dürften für viele, darunter selbst Anime- und Manga-Fans, aber auch reichlich gewöhnungsbedürftig sein: Ob als Hommage an die Manga-Vorlage oder um ihr einen möglichst unschuldigen Look zu verleihen, ihr Antlitz ist und bleibt wohl Geschmackssache. Wer aber über ihre computergenerierten Rehaugen hinwegsehen kann, den erwartet mit «Alita: Battle Angel» ein visuell beeindruckendes Actionspektakel mit Cyberpunk-Flair.
«Alita: Battle Angel» läuft seit dem 14. Februar in den Deutschschweizer Kinos.
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