Artikel1. Juli 2022 Cineman Redaktion
5 Gründe, die Amazon-Prime-Serie «The Terminal List» zu schauen
Was tun, wenn du alles verloren hast, was dir lieb ist? Und wenn du dich unverhofft in einer gigantischen Verschwörung wiederfindest? Diese Fragen beantwortet Chris Pratt als aus der Bahn geworfener Ex-Elitekämpfer in der neuen Amazon-Prime-Serie «The Terminal List» mit einem rücksichtslosen Rachefeldzug. Auch wenn die achtteilige Romanadaption unübersehbare Schwächen hat, wollen wir 5 Gründe aufführen, warum sich ein Blick vielleicht dennoch lohnen könnte.
Filmkritik von Christopher Diekhaus
1. Griffige Prämisse
Ein dekorierter Navy-SEALs-Commander kehrt nach einer schrecklich missglückten Operation in Syrien mit angeknackster Psyche und Wahrnehmungsstörungen in die Heimat zurück, wo er plötzlich um sein Leben fürchten muss. Die Prämisse von «The Terminal List» ist sicherlich nicht übermässig originell, bietet aber genügend Potenzial für eine zackige Thriller-Hatz.
Obwohl in den für diese Kritik gesichteten ersten vier Folgen die grossen Action- und Spannungshighlights ausbleiben, streuen die Macher rund um Serienschöpfer David DiGilio immer mal wieder Passagen ein, die beim Zuschauer für einen Adrenalinschub sorgen dürften. Das Gefecht zum Einstieg, das in einem mit Wasser gefüllten Tunnelsystem spielt, beispielsweise erfüllt in seiner atemlos-desorientierenden Gestaltung seinen Zweck: Als Betrachter glaubt man fast, an der Seite der Soldaten zu sein.
Die Prämisse von «The Terminal List» bietet genügend Potenzial für eine zackige Thriller-Hatz.
2. Chris Pratt in ungewohnter Rolle
In nahezu allen bisherigen Filmen und Serien durfte sich Chris Pratt von seiner charmanten, witzigen Seite zeigen. Egal, welche Figur er verkörpert, stets hat sie einen knackigen Spruch auf Lager und strahlt eine gewisse Wärme aus. «The Terminal List» schiebt dem nun einen Riegel vor. Hier und da taucht zwar ein ironischer Halbsatz auf. Die meiste Zeit stapft Pratts Lt. Commander James Reece jedoch mit grimmiger Miene und düsterer Laune durch die Szenerie.
Die Rolle des traumatisieren, psychisch schwer angeschlagenen Ex-Soldaten, der sich zu einem drastischen Rachefeldzug berufen fühlt, verlangt dem Hollywood-Star neue Facetten ab und bietet damit Abwechslung vom ewig gleichen Bild des sympathischen Sprücheklopfers. Was allerdings auch ins Auge sticht: Einen Oscar für seine Schauspielkunst wird Chris Pratt in diesem Leben wohl nicht mehr gewinnen. Gerade in emotionalen Momenten, von denen es hier nicht wenige gibt, ist seine darstellerische Bandbreite begrenzt.
3. Verfassung der Hauptfigur
Hat «The Terminal List» einmal die Koordinaten der Geschichte abgesteckt, richtet die Serie viel Aufmerksamkeit auf den brachialen Rundumschlag der Hauptfigur. Ein reine Actionshow entfacht die Adaption des gleichnamigen Romans von Jack Carr (unter diesem Pseudonym schreibt ein früherer Elitesoldat) jedoch nicht. Des Öfteren gibt es Szenen, die James‘ angegriffene Verfassung spürbar machen, seine Wahrnehmung in Frage stellen und den seine Vergeltungsschläge antreibenden Schmerz bebildern.
Erinnerungen an glückliche Zeiten vermischen sich mit Halluzinationen, sodass wir zumindest phasenweise ein Gefühl für das Trauma des Protagonisten bekommen. Offensichtlich ist aber ebenfalls: Echte Tiefe sucht man vergebens. Und natürlich dienen die Einschübe auch dazu, das kompromisslose Handeln des versierten Ex-Kämpfers zu rechtfertigen.
Keine Frage, «The Terminal List» liefert regelmässig Argumente dafür, warum man Verständnis für den Vergeltungstrip des Protagonisten aufbringen sollte.
4. Paukenschlag am Ende der Auftaktfolge
Als wären die fehlgeschlagene Mission in Syrien und sein Zustand nicht schon schlimm genug, wartet auf den Protagonisten am Ende der ersten Folge auch noch eine böse Überraschung, die ihm endgültig den Boden unter den Füssen wegzieht. Dass es so weit kommt, ist vielleicht nicht komplett verblüffend. Die Konsequenz, mit der James‘ Leben aus den Fugen gerät, dürfte dennoch viele Zuschauer erschüttern.
Besonders hart treffen wird die bittere Wendung all jene, die den zugrundliegenden Roman nicht gelesen haben. Einen ähnlich fulminanten Twist hält die Serie bis zum Halbzeitpfiff nach vier Episoden nicht mehr bereit. Aber wer weiss, womöglich gibt es ja noch einen anderen krassen Richtungswechsel.
5. Verstohlene kritische Blicke
Keine Frage, «The Terminal List» liefert regelmässig Argumente dafür, warum man Verständnis für den Vergeltungstrip des Protagonisten aufbringen sollte. Die emotionale Extremsituation, in der sich James Reece befindet, wird ständig angeführt. Bösewichte sind einseitig durchtrieben, verdienen es, wie es an manchen Stellen offen formuliert wird, zu sterben. Und überhaupt räumt der Ex-Soldat im Dienst einer guten Sache auf, bekämpft Verrat und Intrigen, die bis in die höchsten US-Regierungs- und Firmenkreise führen.
Einige biblische Anspielungen stilisieren ihn sogar zu einer Art Märtyrer, der sich trotz aller Rückschläge und Bedrohungen nicht kleinkriegen lässt. Spannend sind jedoch vor allem die Augenblicke, in denen die Macher das mitunter abstrus brutale Vorgehen ihres Helden, seine wilde Entschlossenheit hinterfragen und problematisieren. Szenen wie jene, als die Frau eines mexikanischen Bekannten ihm vorhält, dass er niemals seine Freunde in seinen Rachefeldzug hätte hineinziehen dürfen. Vielleicht halten die letzten vier Folgen ja noch ein paar mehr solcher kritischer Momente bereit. Mit der investigativen Journalistin Katie Buranek (Constance Wu) gibt es immerhin eine bislang noch etwas blass bleibende Figur, die als Korrektiv fungieren könnte.
2 von 5 ★
Wer Lust bekommen hat, sich die Serie anzuschauen, findet nachfolgend den Trailer und die Verlinkung zu Amazon Prime.
«The Terminal List» (8 Folgen, je ca. 60 min) ist ab sofort auf Amazon Prime verfügbar.
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