Artikel28. März 2023 Cineman Redaktion
Brasilianische Mythen: 5 Gründe, die Netflix-Serie «Unsichtbare Stadt» zu schauen
Das Schöne am produktiven Eifer von Netflix ist Folgendes: Erzählt werden in den Originals des Streaming-Riesen Geschichten aus aller Welt, auch aus Ländern und Regionen, die in Europa nicht immer stark präsent sind. Eine Reise in die reichhaltige Mythologie Brasiliens bietet etwa die Serie «Unsichtbare Stadt», in der der Umweltpolizist Eric (Marco Pigossi) nach dem tragischen Tod seiner Ehefrau Gabriela (Julia Konrad) Nachforschungen anstellt und irgendwann begreift, dass verborgen inmitten der Menschen heimische Sagengestalten leben. Im Kampf gegen einen Fluch tut er alles, um seine Tochter Luna (Manuela Dieguez) zu schützen. Zum Start der zweiten Staffel führen wir fünf Gründe an, warum euch diese Mystery-Mär zusagen könnte.
Ein Artikel von Christopher Diekhaus
1. Spannendes Grundkonzept
Die Idee, zwei unterschiedliche Welten miteinander zu verbinden, ist sicherlich nicht neu, liefert aber genügend Treibstoff für einen aufregenden Handlungsverlauf. Auf der einen Seite stehen die «normalen» Menschen, auf der anderen die mit besonderen Fähigkeiten ausgestatteten Entitäten, die unsere Gestalt annehmen können und daher unbemerkt bleiben. Die erste Staffel dreht sich vor allem darum, dass der traumatisierte Eric die Verbindungen seiner Familie zur übernatürlichen Ebene entdeckt. Welchen dieser rätselhaften Wesen kann er trauen? Welche Absichten verfolgen sie?
Auch in der zweiten Runde stehen derartige Fragen im Mittelpunkt, wenn sich der Umweltpolizist auf die Suche nach seiner entführten Tochter macht. Hier und da könnte die schnell getaktete Serie sicherlich etwas auf die Bremse treten, um die Figuren, ihre Ängste und Motive genauer zu beleuchten. Das Konzept der zwei Welten hat aber noch immer einen gewissen Reiz.
2. Mythologisches Panorama
Wer schon immer etwas über die Folklore Brasiliens erfahren wollte, ist bei «Unsichtbare Stadt» an der richtigen Adresse. Zahlreiche südamerikanische Sagenfiguren geben sich hier die Klinke in den Hand, von denen viele tierische Gestalt annehmen können. Ausgangspunkt für Erics Ermittlungen nach dem Tod seiner Ehefrau ist ein in Rio de Janeiro leblos angespülter rosafarbener Süßwasserdelfin, dem der Polizist nähersteht, als er anfangs ahnt. Diese und zahlreichen andere sagennumwobene Kreaturen, deren Namen man womöglich noch nie gehört hat, verleihen der Serie einen individuellen Grusel- und Mystery-Charme.
3. Fähigkeiten der Kreaturen poppig inszeniert
Mitunter neigt die Serie zu plakativen Hochglanzbildern, und manche Effekte sehen nicht vollends überzeugend aus. Unbestreitbar ist dennoch, dass die Macher konsequent darum bemüht sind, die besonderen Eigenschaften der Wesen aus der Sagenwelt markant und aufregend zu inszenieren. Krasse Nahaufnahmen, Farbenspiele und eine übersteigerte Tonspur sollen in der zweiten Staffel beispielsweise eine unnatürlich starke Sinneswahrnehmung vermitteln. Wer sich an optischen und akustischen Kniffen erfreuen kann, wird zumindest ordentlich bedient.
4. Reale Probleme scheinen durch
«Unsichtbare Stadt» hat einen starken Fantasy- und Mystery-Touch, ist aber auch in der Realität verankert. Der Raubbau an der Natur, der gerade in Brasilien – siehe die Abholzung des Regenwaldes – bedrohliche Formen erreicht, hat seinen Platz in der Handlung. Nicht umsonst folgen wir einem Protagonisten, der bei der Umweltpolizei arbeitet und mit einer Frau verheiratet war, die sich für den Aufbau von Schutzräumen stark gemacht hat.
Ein weiteres Element, das direkt aus der nicht selten schmerzhaften Wirklichkeit stammt, finden wir in der zweiten Staffel: Der von einem Fluch heimgesuchte Teenager Bento (Tomás de França) lebt in einer Familie, in der häusliche Gewalt leider gang und gäbe ist. Aus Angst vor seinem brutalen Vater würde er mit seiner Mutter und seinen Schwestern am liebsten das Weite suchen, um irgendwo anders neu anzufangen.
5. Platz für indigene Figuren
Unterrepräsentierten Gruppen mehr Raum zu verschaffen, ist zweifelsohne löblich und notwendig. Manchmal wirkt das Bemühen um Diversität, auch in Netflix-Produktionen, jedoch arg krampfhaft. Nicht so im Fall von «Unsichtbare Stadt»! Die Serie trägt ihrer Verortung – viele Szenen spielen im Amazonasgebiet – Rechnung und widmet sich einigen Figuren mit indigenem Hintergrund. Besonders in Erinnerung bleiben dürfte die unberechenbare Débora (Zahy Guajajara), die Eric in der zweiten Staffel ein ums andere Mal ins Schwitzen bringt.
3 von 5 ★
Die zweite Staffel von «Unsichtbare Stadt» ist seit dem 22. März bei Netflix zu sehen.
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