Artikel30. Mai 2024 Cineman Redaktion
Das Monster lauert nicht unter dem Bett: 5 Gründe, die Netflix-Serie «Eric» zu schauen
Benedict Cumberbatch steht für grosses Schauspiel. In der neuen Miniserie «Eric» spielt er eine Rolle, über die er sagte, dass es Szenen gibt, die er als Vater kaum ertragen konnte und als Schauspieler herausfordernd fand. Wir haben 5 Gründe für dich, dir die Serie anzuschauen.
Text von Peter Osteried
Gerade bei den Miniserien hat Netflix in letzter Zeit ein paar Highlights präsentiert – so etwa «Rentierbaby». Die britisch-amerikanische Koproduktion «Eric» mit Benedict Cumberbatch ist auch eine grosse Serie. Es geht um das Verschwinden eines Jungen, und zugleich um mehr. Denn im New York des Jahres 1985 geht es auch um AIDS, um Obdachlosigkeit, Diskriminierung, und Korruption, um Rassismus und um mentale Probleme. Letztere hat der von Cumberbatch gespielte Vincent, der Vater eines vermissten Jungen, der sich einbildet, ein Monster zu sehen, das sein Sohn gezeichnet hat.
1. Das 80er-Setting
«Eric» ist exzellent darin, diese Ära wieder auferstehen zu lassen. Das New York dieser Serie ist dreckig und heruntergekommen, es wirkt wie ein Moloch, der Menschen verschlingt und deren Überreste wieder ausspuckt. Dabei wird in der Inszenierung, aber auch in der Ausstattung der filmische Stil des Jahrzehnts sehr gut nachgeahmt.
Alles an «Eric» sieht realistisch aus. Dadurch ist der Serie anzumerken, dass sie keine Fantasy sein will – und das ist gut so. Sie ist vielmehr ein intensives Drama, das nicht nur der Hauptfigur folgt, sondern gleich mehreren Charakteren viel Raum zur Entfaltung lässt.
2. Mentale Probleme
Die Hauptfigur ist der von Cumberbatch gespielte Vincent, der Puppenspieler in einer erfolgreichen Kindersendung ist, die an die «Sesamstrasse» erinnert. Er ist exzellent darin, mit Eric zu interagieren. Das ist Mann in einem Ganzkörperkostüm, wie Samson aus der «Sesamstrasse». Mag es anfangs noch wirken, als ob es mehr als nur Einbildung sein könnte, stellt sich schnell heraus, dass dies hier eine Manifestation mentaler Probleme ist.
Vincent ist kein angenehmer Mensch. Ein Trinker, ein schlechter Vater, ein mieser Kollege. Und er hat Probleme. Cumberbatch spielt mitreissend, wenn er mit Eric spricht – auch vor den Augen anderer. Er wirkt immer erratischer, immer verrückter, was nur zum Teil der Sorge um den vermissen Sohn zugerechnet werden kann.
3. Mehr als es auf den ersten Blick erscheint
Die Serie funktioniert anfangs wie eine Crime-Geschichte, bei der der Entführer (möglicherweise auch Mörder) gefunden werden muss. Es gibt Verdächtige, falsche Fährten, Verhaftungen. Aber «Eric» möchte keine normale Krimi-Geschichte erzählen.
Die Serie nutzt den realistischen Hintergrund des Obdachlosenproblems im New York zur Mitte der 80er-Jahre und erzählt davor die durchaus komplexe Geschichte. Denn es steckt weniger an dieser Entführung, als es scheint, und irgendwie auch mehr. Weil es um die Monster geht, die nicht unter dem Bett hausen. Die, die in Gestalt eines geliebten Menschen daherkommen.
4. Eine zweite Geschichte
«Eric» konzentriert sich nicht nur auf die Entführung des Jungen. Auch der ermittelnde Polizist Ledroit (McKinley Belcher III) steht im Fokus. In einem New Yorker Polizeirevier der 80er-Jahre ist er Rassismus ausgesetzt. Zudem muss er geheim halten, dass er schwul ist, während er in einem zweiten Fall eines verschwundenen Jungen ermittelt, der von den Kolleg:innen schon vor Monaten zu den Akten gelegt wurde. Es stellt sich die Frage, ob es eine Verbindung zwischen den beiden verschwundenen Kindern gibt.
Das ist ein spannendes Element, zugleich nutzt die Serie aber auch den Umstand, dass ein Kind weiss und das andere schwarz ist, um zu zeigen, wie unterschiedlich Polizei und Medien agieren. In der Serie geht es ebenso sehr um die Polizei, um Vertuschungen, um Korruption, um die dunklen Seiten. Das ist exzellent gestaltet. In den besten Momenten erinnert die Serie an die «NYX»-Staffel von «American Horror Story». Aber auch an Filme wie «Serpico».
5. Die Puppen
Dass Vincent ein Puppenspieler ist, ist ein spannender Background für seine Figur. Es ist schön, ihn und seine Kolleg:innen bei der Arbeit zu sehen – das ist wie ein Hinter-die-Kulissen-Blick einer Show wie «Sesamstrasse». Bemerkenswert ist auch, wie Cumberbatch seine Stimme verstellt, wenn er Eric spricht. Das Monster, das nur in seiner Phantasie existiert, hat Cumberbatchs Stimme – weil es eine Manifestation seiner dunklen Seite ist.
Es gibt einige grossartige Momente. Wenn Vincent über die Strasse läuft und das Monster folgt oder wenn er auf Eric einschlägt und erst gezeigt wird, wie Vincent die Situation sieht, und dann, wie es wirklich ist – wie er auf Luft einschlägt. All das macht «Eric» zu einem starken Drama, das tief in die Seele eines Menschen blicken lässt. Zuallererst ist «Eric» ein Psychogramm, dann das Porträt einer verkommenen Stadt, vor allem aber ist dies eine Serie, deren sechs Folgen ein intensives Seherlebnis bieten.
4.5 von 5 ★
«Eric» ist seit dem 30. Mai auf Netflix verfügbar.
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