Artikel18. September 2020 Irina Blum
5 Must-Sees für das 16. Zurich Film Festival: Culture Clash
Am Donnerstag, 24. September ist es wieder so weit: Das Zurich Film Festival öffnet seine Tore zum 16. Mal. Bis dahin stellen wir euch jeweils 5 Must-Sees aus dem Programm des Festivals vor – dieses Mal lauter Filme, in denen verschiedene Kulturen aufeinandertreffen.
Die 5 Filme im Schnelldurchlauf
1. ADN
Französisches Drama von und mit Maïwenn | Gala Premiere
Es ist Sommer in Paris, die Strassen sind menschenleer. Neige besucht ihren algerischen Grossvater Emir im Altersheim. Er hat sie aufgezogen – und vor den zerstrittenen Eltern bewahrt. Als Emir stirbt, beginnt Neige sich mit seiner Herkunft zu befassen und gerät allmählich in eine Identitätskrise. Die bevorstehende Beerdigung des Grossvaters sorgt in der multikulturellen Familie für Spannungen. Die Frage, ob man ihn mit einer christlichen oder muslimischen Zeremonie bestatten soll, löst hitzige Diskussionen aus.
In ihrem fünften Film als Regisseurin spielt Maïwenn die Hauptrolle einer zugleich starken und fragilen Frau gleich selbst. Es ist ein sehr persönliches Familiendrama, inspiriert von ihrer eigenen Geschichte, die aber doch universell ist. Der erwachende Herkunftsstolz maghrebinischer Secondos ist in Frankreich ein Thema von grosser Aktualität. Getragen wird die Comédie humaine von grossartigen Darstellern wie Fanny Ardant, Louis Garrel und Marine Vacth.
2. Wanda, mein Wunder
Schweizer Tragikomödie nach Max Frischs „Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen“ | Gala Premiere
„Überlass mich nicht diesen Verrückten“, sagt Josef in Anspielung auf die eigene Familie zu seiner Pflegerin Wanda. Rund um die Uhr kümmert sich die Polin in dessen Villa am See um den 70-jährigen Patriarchen der wohlhabenden Wegmeister-Gloor-Dynastie. Mit ihrer aufgeweckten Art bringt die 35-Jährige Licht in das Leben des nach einem Schlaganfall gelähmten Rentners.
Doch längst nicht alle Familienmitglieder begegnen Wanda mit demselben Wohlwollen: Während Josefs Ehefrau Elsa die Freundschaft zwischen ihrem Gatten und der Angestellten missfällt, verdächtigt Tochter Sofie die Pflegerin des Diebstahls. Als Wanda nach einer „Gefälligkeit“ von Josef schwanger wird, gerät die Villa in helle Aufruhr. Ausgehend von Max Frischs Diktum „Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen“ hat Bettina Oberli eine Tragikomödie geschaffen, welche durch die Augen einer Einwanderin einen kritischen Blick auf die Schweizer Gesellschaft wirft. Gehobene Unterhaltung mit einem starken Ensemble.
3. La Permanence
Doku über die Aussenseiter der französischen Gesellschaft | Neue Welt Sicht: Frankreich
In einem maroden Sprechzimmer in einem Spital am Rande von Paris empfängt Dr. Geeraert Menschen vom äussersten Rand der Gesellschaft. Geflüchtete, von Staat und Bürokratie links liegengelassene oder Verarmte erhalten hier gratis Zugang zu ärztlicher Betreuung. Unterstützt von einer Psychologin finden die Patienten hier nicht nur einen sicheren Raum, sondern auch einen Ort, wo sie als Mitmenschen wahrgenommen und ihre traumatischen Geschichten gehört werden. Filmemacherin Alice Diop dringt subtil in einen sonst unsichtbaren Mikrokosmos ein und findet ein einmaliges Refugium in einer abweisenden Welt.
4. Beyto
Schweizer Drama rund um eine verbotene Liebe | Fokus Wettbewerb
Beyto steht mitten im Leben: Beliebt in seinem Freundeskreis, motivierter Lehrling und aufstrebender Star eines Berner Schwimmclubs. Doch als sich der einzige Sohn türkischer Einwanderer in seinen Trainer Mike verliebt, bricht eine Welt zusammen. Beschämt sehen seine Eltern nur einen Ausweg, die Familienehre zu wahren: Sie locken Beyto in ihr Heimatdorf und nötigen ihn zur Heirat mit Seher. Als die Frischvermählten in die Schweiz zurückkehren, findet sich Beyto in einer unerträglichen Dreiecksbeziehung wieder. Subtil erzählt das Drama die Geschichte eines jungen Secondos, der entweder den Rückhalt seiner Familie oder die eigene Identität zu verlieren droht.
5. Limbo
Komödie: Syrische Flüchtlinge treffen auf schottische Inselbewohner | Spielfilm Wettbewerb
Mit nichts als einer strahlend blauen Jacke und seiner verstummten Oud, dem Instrument seines Grossvaters, steht Omar etwas teilnahmslos in der tristen Gegend. Auf einer abgelegenen schottischen Insel mit nur einer Handvoll skurriler Bewohner hat seine Flucht aus Syrien ein vorläufiges Ende gefunden. Und ein endloses Warten hat begonnen. Gemeinsam mit den anderen Asylsuchenden bangt er auf einen Entscheid, streift durch die immergleiche Weite der Insel und besucht die befremdlichen Integrationskurse. Omar hofft auf Erlösung von seiner Bürde und auf ein Leben, in welches die Musik zurückkehrt. Mit nordischer Melancholie, ergreifender Tragik und lakonischem Humor lässt Regisseur Ben Sharrock die Hoffnung im Verlorensein aufflackern.
Welche Filme sonst noch vom 24. September bis zum 4. Oktober am Zurich Film Festival laufen, erfährst du hier.
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