Artikel12. September 2024

Ein Herz für Aussenseiter: 7 Tim-Burton-Filme, die du gesehen haben musst

Ein Herz für Aussenseiter: 7 Tim-Burton-Filme, die du gesehen haben musst
© IMDb | Michael Keaton in «Beetlejuice»

Schräge Gestalten, morbider Humor, abstruse Welten: Die Welt von Tim Burton ist einzigartig. Passend zum Kinostart seines neusten Films «Beetlejuice Beetlejuice», der den Kultfilm von 1988 fortsetzt, weisen wir dir den Weg in die skurrile Welt des Filmemachers und verraten dir sieben Must-Sees aus dem Werk von Tim Burton.

von Peter Osteried

Tim Burton begann seine Karriere als Zeichner bei Disney, er drehte erste Kurzfilme und erhielt dann die Chance, mit «Pee-wee's Big Adventure» im Jahr 1985 sein Langfilmdebüt als Regisseur zu geben. Der Film war ein Erfolg, der Burton die Möglichkeit verschaffte, seiner Passion zu folgen.

Er erwies sich als visionärer Filmemacher, dessen Hauptfiguren oft Aussenseiter sind. Mit ihnen konnte er sich besser identifizieren und als mit den strahlenden Held:innenfiguren. Mit dem neuen «Beetlejuice Beetlejuice» hat Burton seinen 20. Film abgeliefert. Eine dringend nötige Frischekur, um ihn nach «Dumbo» davon abzubringen, das Inszenieren an den Nagel zu hängen.

1. «Edward mit den Scherenhänden» (1990)

Darum geht’s: Edward mit den Scherenhänden ist ein künstlich erschaffenes Wesen, das Scheren anstelle von Händen hat, was immer wieder zu Verletzungen führt. Sein Gesicht spricht Bände. Edward kommt in die Obhut einer Familie, aber die braven Bürger:innen der Bilderbuchstadt wollen den Andersartigen nicht in ihrer Mitte.

Sehenswert, weil Tim Burton die Geschichte von Mary Shelleys «Frankenstein» nimmt und daraus eine märchenhafte Geschichte macht. Er kontrastiert Edward mit seinem komplett in Schwarz gehaltenem Look mit dem bonbonbunten Ambiente dieser Stadt.

Johnny Depp spielt Edward – dies war die erste seiner eigenen Aussenseiterrollen. Der Regisseur und sein Star, sie haben sich hier gefunden, ihre Melancholie hat einander beflügelt, herausgekommen ist ein Traum von einem Film. Mit dabei ist auch Burtons «Beetlejuice»-Star Winona Ryder, die auch hinter den Kameras ein Paar mit Johnny Depp wurde. Der verrückte Wissenschaftler wird von Horror-Legende Vincent Price gespielt, dem Burton schon 1982 mit seinem Kurzfilm «Vincent» ein Denkmal errichtet hat.

2. «Ed Wood» (1994)

Darum geht’s: In den 50er-Jahren ist Ed Wood ein zwar umtriebiger, aber alles andere als gefeierter Regisseur. Im Gegenteil, er ist ein Enthusiast, dem die technische Seite des Filmemachens weniger wichtig ist, als die Lust am Erzählen. Und so macht er sich mit Feuereifer daran, mit «Plan 9 from Outer Space» das zu erschaffen, was gemeinhin als der schlechteste Film aller Zeiten gilt.

Sehenswert, weil gut zu sehen ist, wie Burton hier als Filmemacher wächst. Er erzählt nicht nur die Geschichte eines Aussenseiters mit den ihm typischen schrägen Komponenten, sondern zugleich auch das Drama eines Mannes, der sich zu grosser Filmkunst berufen fühlte, dem aber das nötige Talent fehlte. Es ist eine Geschichte, die Burton wohl tief berührte. Wie vielen Künstler:innen ist auch ihm inne, dass er lange Zeit das Gefühl hatte, eine Karriere zu haben, die er gar nicht verdient hatte.

Der in Schwarzweiss gehaltene Film ist eine Ode an alle Träumer:innen, vor allem an jene, die ihre Träume wahrwerden lassen, egal, welche Hindernisse es gibt, oder wie inkompetent das Ergebnis auch sein mag. Johnny Depp spielt Ed Wood, das übrige Ensemble, darunter Bill Murray und Michael Landau in einer oscargekrönten Darstellung als alter, kranker Bela Lugosi, ist ebenfalls hervorragend. Hollywood erzählt gerne von sich selbst, aber es brauchte einen Tim Burton, um einem Mann wie Ed Wood ein Denkmal zu setzen.

3. «Beetlejuice» (1988)

Darum geht’s: Zwei kürzlich Verstorbene müssen die Dienste des Bio-Exorzisten Beetlejuice in Anspruch nehmen, da die neuen Bewohner des Hauses sich nicht so leicht vertreiben lassen und zudem noch höchst nervig sind.

Sehenswert, weil der Film eigentlich nicht viel zu erzählen hat, er das aber mit unglaublich viel Esprit macht. Burton konnte hier erstmals zeigen, was für eine Art von Künstler er ist. Die beiden von Alec Baldwin und Geena Davis gespielten Geister interessieren Burton weniger, als die von seiner Entdeckung Winona Ryder gespielte Lydia, die Goth-Tochter der Familie. Mit ihr identifizierte er sich, er fühlte sich in seiner eigenen Familie und in der Welt ebenso fremd wie Lydia.

Michael Keaton spielt Beetlejuice. Er ist keine 20 Minuten im Film zu sehen, seine Szenen sind aber so dynamisch und mitreissend, dass sie alles überlagern. Für Keaton und Burton war dies der Beginn einer fruchtbaren Zusammenarbeit, die zuletzt «Dumbo» hervorbrachte, für den Keaton sich entschuldigte, weil er «mit schlechtem Spiel seinen Freund enttäuscht hätte.» Bei «Beetlejuice» lässt sich das nicht sagen. Dieser Geist Vergangenheit ist auch heute noch eine Wucht.

4. «Batmans Rückkehr» (1992)

Darum geht’s: Batman ist nicht mehr neu im Geschäft, aber ein neuer Schurke mischt Gotham City auf. Der Pinguin ist die Art Gauner, die in der Gesellschaft gut ankommt. Einer, der Batman wie einen Irren aussehen lässt.

Sehenswert, weil dieser Film mehr noch als der Vorgänger «Batman» aus dem Jahr 1989 ganz und gar den Vorlieben seines Machers entspricht. Der Film interessiert sich nur beiläufig für Batman. Er ist die langweiligste Figur in diesem Moloch der Düsternis, zu dem Gotham unter Burtons fähiger Hand geworden ist. Der Pinguin ist ein Aussenseiter, wurde als Kind von seinen Eltern ausgesetzt, weil er nicht normal aussieht. Er hatte gar keine andere Wahl, als zu werden, was er jetzt ist.

Dass Burton sich damit identifiziert, nimmt wenig Wunder. Burton musste der Künstler werden, der er heute ist, um die Dämonen seiner Vergangenheit im Zaum zu halten. «Batmans Rückkehr» ist kein Superheldenfilm, wie er heutzutage gemacht werden würde, schon allein, weil er kaum Action aufweist. Aber das erhebt ihn auch über die Konkurrenz – ein Film, der eine düstere Parabel auf das Leben jenseits der Norm ist.

5. «Frankenweenie» (2012)

Darum geht’s: Als der Hund eines Jungen stirbt, beschliesst dieser, sich nicht nur der Trauer hinzugeben, sondern etwas dagegen zu tun. Wie Frankenstein arbeitet er nun fieberhaft daran, Leben aus dem Tod erschaffen – bis sein Hund Sparky wieder da ist.

Sehenswert, weil dies die Geschichte ist, die Burton am längsten beschäftigt hat. Schon 1984 drehte er den Film – damals in Form eines knapp halbstündigen Kurzfilms. Da setzte er noch auf eine Umsetzung als Realfilm. Sein Werk von 2012 ist Stop-Motion, das heisst, es sind Figuren, Puppen und Modelle, die Bild für Bild per Hand bewegt werden müssen. Eine Technik, die 2012 nicht mehr modern war, die aber ihren Charme nie verloren hat.

Das zeigt sich auch in «Frankenweenie», der sich nicht nur als Hommage an die Monster-Filme der Universal Studios der 30er- und 40er-Jahre versteht, sondern auch eine sehr emotionale Geschichte über Verlust und Trauer erzählt. Im Gewand eines Kinderfilms präsentiert Burton hier ein ernsthaftes Werk, das lange nachwirkt. Das Studio hätte übrigens lieber gesehen, wenn Burton in Farbe gearbeitet hätte, aber der Regisseur machte klipp und klar, dass der Film in Schwarzweiss ist oder er das Projekt zu Grabe trägt.

6. «Mars Attacks!» (1996)

Darum geht’s: Die Marsianer fallen über die Erde her, sagen erst, sie kämen in Frieden, nur um dann die Leute wegzulasern. Die Menschheit wehrt sich, aber kann sie gegen die überlegene Waffentechnik und den völlig schrägen Humor der Marsianer überhaupt etwas ausrichten?

Sehenswert, weil Tim Burtons Invasionsfilm der bessere «Independence Day» ist. Der Film basiert auf Sammelkarten, die mit ihren durchaus krassen Bildern in den 60ern für Furore sorgten. Der Sci-Fi-Streifen atmet den Geist dieser Karten und lässt den fast schon kranken Humor in bewegten Bildern lebendig werden. Es gibt Szenen, die zum Brüllen komisch sind, andere sind einfach nur abstrus.

Der Film ähnelt ein wenig einer Nummernrevue, aber einer mit einem Star-Ensemble, das in derart geballter Form nur selten zu sehen ist. Dutzende Stars und Sternchen haben sich hier die Klinke in die Hand gegeben. Wenn Burton (und der Mars) rufen, dann kommen eben alle. Damals unterlag der Film Roland Emmerichs Invasionsblockbuster, die Zeit war aber gnädiger zu ihm. Während der Hurra-Patriotismus von «Independence Day» aufstösst, ist der schwarze Humor von «Mars Attacks!» heute erst recht Trumpf.

7. «Big Fish» (2003)

Darum geht’s: Ein Sohn versucht nach einem Besuch bei seinem sterbenden Vater dessen Vergangenheit besser zu begreifen. Mehr noch, er versucht, die Fiktion von den Fakten zu trennen, denn das, was sein Vater ihm ein Leben lang erzählt hat, kann unmöglich wahr sein.

Sehenswert, weil er ein gefühlvolles Drama mit seinen überbordenden Ideen einer Welt, wie sie sein sollte, vermengt. Die Geschichten des Vaters sind grösser als das Leben selbst. Sie müssen geflunkert sein, aber die Reise des Sohns ist eine, die dazu führt, dass er seinen Vater besser versteht. Das wird hier in Form einer von grosser Fabulierkunst getragenen, märchenhaften Geschichte erzählt, aber das ist im Grunde auch nur eine Metapher. Denn was der Film mit auf den Weg zu geben versucht, ist eine Erkenntnis, die vielen erst kommt, wenn es zu spät ist. Dass wir alle unsere Eltern nicht so gut kennen, wie wir glauben, und die Zeit abläuft, in der sich dies noch ändern lässt.

Die Hauptrolle spielt Ewan McGregor. Er ist gut, aber eigentlich ist dies eine Rolle, die Johnny Depp hätte spielen müssen. Er wäre auch Burtons erste Wahl gewesen, aber «Big Fish» kollidierte mit den Dreharbeiten zu «Fluch der Karibik».

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