Kritik5. August 2021

74. Locarno Festival: Eröffnungsfilm «Beckett»

74. Locarno Festival: Eröffnungsfilm «Beckett»
© Locarno Festival

Im Eröffnungsfilm des Locarno Film Festivals kämpft John David Washington gegen die griechische Polizei – und ein überladenes Drehbuch: «Beckett» will Thriller, politische Intrige und griechische Tragödie zugleich sein. Das funktioniert nur teilweise.

Bericht und Filmkritik von Alan Mattli

Die Kinowelt staunte nicht schlecht, als das Filmfestival von Locarno im Juni ankündigte, dass seine neueste Ausgabe mit dem Netflix-Titel «Beckett» eröffnet werden würde, der ab dem 13. August bereits online verfügbar ist. Nicht nur pflegen die von Natur aus kinonahen Festivals ein eher angespanntes Verhältnis mit der Streaming-Welt; der Thriller des italienischen Regisseurs Ferdinando Cito Filomarino ist auch kein klassischer Locarno-Stoff: Das Festival steht traditionellerweise mehr für internationale Arthouse-Produktionen als für Filme, in denen sich grosse Hollywood-Namen wie John David Washington («BlacKkKlansman», «Tenet») Schiessereien mit der Polizei liefern.

© Netflix

Washington spielt die Titelfigur Beckett, der mit seiner Partnerin April (Alicia Vikander) idyllische Ferien im ländlichen Norden Griechenlands verbringt. Doch eines Nachts baut Beckett einen Autounfall, woraufhin ihm plötzlich die lokale Polizei auf den Fersen ist und auch vor tödlicher Gewalt nicht zurückschreckt. Es scheint nur eine Lösung zu geben: möglichst unerkannt nach Athen zu kommen, um sich dort in der US-Botschaft helfen zu lassen.

© Netflix

Tatsächlich jedoch ist das Problem von «Beckett» nicht seine Nähe zum niederschwelligen Genrekino. Gerade während der ersten Stunde, in der Beckett herausfinden will, warum er quasi über Nacht vom ruinenfotografierenden Touristen zum Gejagten im Stil von Jason Bourne geworden ist, gelingt es Filomarino und Autor Kevin A. Rice, das Publikum mit einer paranoiden Atmosphäre und anregenden Mystery-Elementen bei der Stange zu halten.

Doch je länger «Beckett» dauert, desto mehr verrennt er sich in chaotisch zerschnittenen Actionszenen und thematischen Ambitionen, welche fast schon verzweifelt über die Groschenroman-Prämisse hinauszuweisen versuchen. Ein halbgares Entführungskomplott, in das ein prominenter Politiker verstrickt ist, überzeugt ebenso wenig wie die vagen Gesten in Richtung Rechtsnationalismus und die «Goldene Morgendämmerung». Und auch die Inszenierung des farblosen Protagonisten als eine Figur aus der griechischen Tragödie, die den Tücken des Schicksals zum Opfer fällt, wirkt vor allem schwerfällig. Der Film verpasst so nicht nur die erwünschte Gravitas; er verwässert auch den Punch, den «Beckett» als reiner Genrefilm gehabt hätte.

Alle Informationen rund um das Locarno Festival findest du hier.

«Beckett» ist ab dem 13. August auf Netflix zu sehen.

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