Artikel28. Juli 2023 Cineman Redaktion
Bäume umarmen und mit Tieren flüstern: 10 Filme zur Natursehnsucht
Die Erdbevölkerung wächst ungebremst, immer mehr Menschen leben in Städten dicht aufeinander. Gleichzeitig sehnen sich die Menschen heftiger als je zurück in die Natur. Wir haben 10 Filme zusammengestellt, die Dich anlässlich des internationalen Naturschutztags die unendliche Vielfalt und ungestüme Kraft von Pflanzen- und Tierwelt entdecken lassen.
Von Irene Genhart
1. «Becoming Animal» (2018)
Bäume umarmen und Elche beobachten
Der Filmschaffenden Peter Mettler und Emma Davie tauchen zusammen mit dem Erkenntnisphilosophen und Performance-Künstler David Abram in die unberührte Wildnis des Grand Teton National Park (Wyoming) ein. Im Kontakt mit der Natur versuchen sie herauszufinden, wie des Menschen unmittelbare – das heisst: seine durch direktes sinnliches Erfahren geleitete – Wahrnehmung funktioniert. Bäume umarmen ist dabei das eine. Das Lauschen auf Geräusche in stockfinsterer Nacht das andere.
Sehenswert weil: Peter Mettlers Filme bildgewaltige Erkundungsreisen sind. So auch «Becoming Animal», wo Aufnahmen von unberührten Landschaften und Tieren in freier Wildbahn – Elche, Bären, Schnecken, Adler – unmittelbar experimentelleren Passagen gegenüberstehen. Mit einer Tonspur, in der sich menschliche Rede, Musik und Geräusche der Natur zur spannenden Story verspinnen, wird der Film zum eindringlichen Plädoyer für eine achtsame Wahrnehmung.
Verfügbar auf Play Suisse und Cinefile
2. «Das geheime Leben der Bäume» (2019)
Auf Exkursion mit Deutschlands Lieblingsförster
Jörg Adolphs Film ist zum einen ein Porträt des so charmanten wie umtriebigen deutschen Autors, Försters und Umweltaktivisten Peter Wohlleben. Es ist zugleich eine auf Wohllebens gleichnamigem Besteller aufbauende Naturdokumentation, die anschaulich erklärt, wie Bäume sich mit ihrer Umwelt arrangieren und miteinander kommunizieren – sofern der Mensch ihnen nicht dazwischen pfuscht.
Sehenswert weil: Peter Wohlleben ein Mann von Charme, Charisma und Überzeugungskraft ist. Mag er mit seinem vehementen Engagement für die Renaturierung der Wälder bisweilen auch anecken: Jörg Adolph weiss in seinem Film diese Anliegen anschaulich zu vermitteln. Mittels sensationeller Naturaufnahmen, die zum Teil zeitgerafft und bildlich clever nachbearbeitet sichtbar machen, was dem menschlichen Auge normalerweise verborgen bleibt: die Bewegungen von Pflanzen und die unterirdische Vernetzung von Wurzeln.
Verfügbar auf Netflix
3. «Being With Animals» (2018)
Wie Mensch und Tier (miteinander) kommunizieren
Mit dem Bedürfnis ihre eigene Hündin besser verstehen zu können, besucht die Filmemacherin Salome Pitschen Menschen, die mit Tieren zu kommunizieren verstehen. Ihre Reise führt sie von der Schweiz via England bis in die USA, wobei sie in Begegnungen mit zwei Tierlehrern, einer Tierkommunikatorin, eine Körpertherapeutin und den Begründern der «Trust Technique» Erstaunliches über die Wahrnehmungs- und Ausdrucksweisen von Hunden, Pferden, Katzen, Delfinen und Ziegen erfährt.
Sehenswert weil: Jede Katzenhalterin, jeder Hundehalter, jede Pferdenärrin und jeder Bauer weiss, dass Tiere kommunizieren. Die Frage ist bloss, ob und wie Mensch und Tier einander verstehen. Ob das mittels Telepathie geschieht, wie die Tierkommunikatorin Maia Kincaid oder der Pferdetherapeut James French behaupten, vermag Salome Pitschens Film zwar weder zu bestätigen, noch zu widerlegen. Eindrücklich zu vermitteln aber gelingt es ihm, dass am Anfang jeder Tier-Mensch-Kommunikation Achtsamkeit steht.
Verfügbar auf Filmingo
4. «Mikrokosmos - Das Volk der Gräser» (1996)
Ein Film so erholsam, wie Ferien auf der Sommerwiese
Ein Dokumentarfilm über das Leben und den Alltag auf einer Wiese in Südfrankreich, der Marienkäfer, Mistkäfer, Schnecken und andere Wiesenbewohner zu leinwandfüllenden Stars macht.
Sehenswert weil: Claude Nuridsany und Marie Pérennou ihre Kameras während vier Jahren auf das Treiben in einer Wiese in Südfrankreich gerichtet haben. Das Resultat ist ein buntes Panoptikum von fliegenden, kriechenden und krabbelnden Insekten und Kleintieren. Da die Filmeschaffenden ausnahmslos mit Makroaufnahmen arbeiten und sich ihr Film auf Augenhöhe mit den Grasbewohnern bewegt, eröffnen sich dem Publikum faszinierende Einblicke in eine vermeintlich vertraute Welt, die sich immer aufs Neue als einzigartig und fremd entpuppt.
Verfügbar auf Playsuisse
5. «Unsere Ozeane» (2009)
Berauschender Blick in die Tiefe der Meere
Ein nahezu kommentarloser Tauchgang in die unermesslichen Tiefen der Ozeane. Er zeigt die unerschöpfliche Formenvielfalt und den bunten Farbenreichtum von Meeresflora und Meeresfauna, führt zugleich aber auch die unter Wasser herrschende Klangwelt vor.
Sehenswert weil: Jacques Perrin und Jacques Cluzaud «Unsere Ozeane» in vier Jahren an 54 weltweit verstreuten Drehorten mit enormem technischem Aufwand produziert haben. Sie konzentrierten dabei nicht nur auf bekannte Meeresbewohner wie Delfine, Wale, Robben, sondern fotografierten auch urige Tiefseefische und skurrile Kleinstlebewesen. Da die sorgfältig aufbereitete Tonspur auch mit Unterwassergeräuschen arbeitet, fühlt man sich als Zuschauer bisweilen fast schon körperlich in diese aufregende Unterwasserwelt versetzt.
Verfügbar bei Cinefile
6. «Grizzly Man» (2005)
Tödliche Freundschaft. Oder: Der mit Bären lebte.
Dokumentarfilm über den US-amerikanischen Tierschützer und Tierfilmer Timothy Treadwell, der dreizehn Sommer bei den Bären in Alaska verbrachte – bevor er zusammen mit seiner Freundin von diesen getötet wurde.
Sehenswert weil: Werner Herzogs Film viele einzigartige Aufnahmen enthält, die Timothy Treadwell von sich und seinen pelzigen Freunden schoss. Herzog kontrastiert diese mit einschätzenden Interviews aus Treadwells Umfeld, wie dem Buschpiloten Willy Fulton, der Treadwell jeweils nach Alaska flog und seine Leiche fand. Werner Herzogs Faszination für den waghalsigen Tierschützer ist im Film ebenso spürbar, wie sein Anliegen zu vermitteln, wie gefährlich das «Zusammenleben» mit Raubtieren in freier Wildbahn ist.
Verfügbar on Demand auf AppleTV+
7. «Jane» (2017)
Die Frau, die mit Schimpansen spricht.
1960 reist die Verhaltensforscherin Jane Goodall nach Tansania, um aus der Beobachtung von Schimpansen Rückschlüsse auf die Stammesgeschichte der Menschen zu ziehen. Tatsächlich kommt sie den Primaten dabei so nahe wie niemand zuvor, erkennt aber auch, dass der Kontakt mit Menschen diesen schadet. In späteren Jahren wird sie zur Tierschützerin und engagiert sich vehement für die Verbesserung des menschlichen und tierischen Lebens.
Sehenswert weil: «Jane» zum grossen Teil aus Aufnahmen besteht, die der Naturfotograf Hugo van Lawick in den 1960ern im Auftrag von «National Geographic» von seiner späteren Ehefrau schoss. Brett Morgen hat diese geschickt montiert und macht die Zuschauenden somit zu Zeugen einer über 60 Jahre zurückliegenden Begegnung von Wildtier und Mensch. «Jane» ist das fesselnde Porträt einer Frau, welche die von Männern dominierte Welt der Wissenschaft unerschrocken herausforderte und unser Naturverständnis revolutionierte.
Verfügbar auf Disney+ und Sooner
8. «Die Reise der Pinguine» (2013)
Ausflug ins Eis-Reich der Kaiserpinguine.
Als einzigartiges Lebenswesen trotzt der Kaiserpinguin bei minus 40 Grad stoisch dem neunmonatigen Winter der Antarktis. Naturfilmer Luc Jacquet schildert in seinem Film den aussergewöhnlichen Lebenszyklus der Riesenvögel. Er hält deren kilometerlangen, beschwerlichen Gang zwischen Brutplatz und Futterquelle ebenso fest, wie ihre Liebestänze, das Schlüpfen der Jungen und ihren immerwährenden Kampf ums Überleben.
Sehenswert weil: 13 Jahre nachdem Hans-Ulrich Schlumpf bei «Der Kongress der Pinguine» als Kameramann mitwirkte, stellte Luc Jacquet einen eigenen Film über Kaiserpinguine vor. Dieser zieht mit atemraubenden Aufnahmen aus der eisigen Wildnis unmittelbar in Bann, irritiert zugleich aber auch, weil er den Pinguinen von Menschen eingesprochene Gedanken zuordnet. Das tat seinem Erfolg allerdings keinen Abbruch: «Die Reise der Pinguine» steht noch heute auf der Liste der 100 erfolgreichsten Filme.
Verfügbar on Demand im Microsoft Store
9. «The Mushroom Speaks» (2021)
Dieser Pilz-Trip lässt die Zukunft schimmern.
Fasziniert von deren filigranen Schönheit spürt Marion Neumann den unsichtbaren Allianzen und magischen Kräften von Pilzen nach. In der Begegnung mit Pilzsammlern, Pilzkundlern und einem Psychiater, der Pilze als Medizin einsetzt, stellt sie dabei die Frage, welche Rolle Pilze für den Erhalt der Erde spielen könnten.
Sehenswert, weil: das Eindrücklichste in Marion Neumanns Film Zeitraffer-Aufnahmen sind, die zeigen, wie sich Pilze, von magischem Knistern begleitet, ausdehnen und miteinander verbinden. Fesselnd sind auch die Aufnahmen von Menschen, die versunken in ihre Tätigkeit Pilze suchen. Würde man die Filmemacherin fragen, was sie selber an Pilzen fasziniert, würde sie wohl antworten, dass Pilze mit ihrem erdumspannenden Netz eine grossartige Metapher für eine jegliches irdische Leben verbindende Kollaboration sind.
Verfügbar auf Filmingo
10. «More than Honey» (2012)
… oder alles, was Sie über Bienen je wissen wollten
Markus Imhoofs mehrfach prämierter Film dokumentiert das Dasein von Bienen vom komplex organisierten Leben in Bienenstöcken, über ihre wichtige Rolle in der Nahrungskette bis zu den fatalen Auswirkungen des globalen Bienensterbens auf das Ökosystem.
Sehenswert weil: Markus Imhoofs 2012 erschienener Film ein früher Warnruf für das aus den Fugen geratene Ökosystem der Erde ist. Der Film verwöhnt mit spektakulären Aufnahmen aus dem Innern von Bienenstöcken ebenso wie mit davor noch nie gesehenen Drohnenaufnahmen von Nektar sammelnden und Blütenstaub verteilenden Arbeiterinnen. Absolut sensationell ist auch die Aufnahme der in der Luft stattfindenden Begattung einer Bienenkönigin.
Verfügbar auf Cinefile, Filmingo und auf Play Suisse
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