Interview18. Oktober 2017

Das Tennis-Biopic «Borg/McEnroe»: Wie es ist, eine Legende zu spielen

Das Tennis-Biopic «Borg/McEnroe»: Wie es ist, eine Legende zu spielen

Er durfte das Zurich Film Festival eröffnen und begeistert nun auf Grossleinwand: Die Rede ist vom Biopic Borg/McEnroe, das die Rivalität der beiden Tennislegenden aus den 80er-Jahren während dem schicksalsträchtigen Finale in Wimbledon thematisiert und deren Leistung sogar einen gestandenen Überflieger wie Roger Federer ins Schwärmen brachte. Der Film zeigt eindrücklich, dass es beim Tennis um mehr als nur Spiel, Satz und Sieg geht - etwas, das auch dem Hauptdarsteller Sverrir Guðnason und Regisseur Janus Metz im Interview sehr wichtig schien.

Es ist ein normaler Herbstnachmittag an einem Freitag in Zürich - aber nur fast, denn das Zurich Film Festival ist seit einem Tag in vollem Gange und verwandelt die Limmatstadt während zehn Tagen wieder in ein Mekka für Schauspieler, Filmemacher und Kinogänger. Mittendrin präsentiert der dänische Regisseur Janus Metz sichtlich stolz seinen Film Borg/McEnroe, der das Festival dieses Jahr eröffnen durfte.

Während dem Interview im Baur au Lac im Herzen der Stadt spricht der Filmemacher dann auch entsprechend leidenschaftlich über sein neustes Projekt. Ein Glück, dass der Regisseur trotz sprühendem Engagement während dem Interview auch den isländischen Hauptdarsteller Sverrir Gudnason zu Wort kommen liess, der über die Erfahrung spricht, eine lebende Legende auf der Leinwand zu verkörpern.

Ihr wart beide kleine Kinder, als Björn Borg und John McEnroe die Superstars des Tennis waren. Was bedeutet euch diese Geschichte?

Sverrir Guðnason: Ich habe Borg nie spielen gesehen, ich war während dem Wimbledon-Finale 1980 zwei Jahre alt. Aber in Island, wo ich aufgewachsen bin, war er schon sehr berühmt, vor allem durch die Medien - auch nachdem er seine Profikarriere aufgegeben hatte, ebbte das Interesse nie ab.

Janus Metz: Da war eine Rivalität zwischen den Beiden, die über das Tennis hinausging und irgendwie auch in meinem Bewusstsein war, obwohl ich gar nicht wirklich sportinteressiert war und bin. Für mich als Filmemacher war die Frage interessant, was gewisse Leute zu unglaublichen Bestleistungen antreibt und woran es liegt, dass ein gewisses Ereignis die Welt zum Stehenbleiben bringen kann – sogar Personen, die sich überhaupt nicht für Tennis interessierten, schauten sich diesen Match an.

Es muss ziemlich schwierig sein, einen professionellen Tennisspieler zu verkörpern, noch dazu einen so guten wie Björn Borg. Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?

Sverrir Guðnason: Ich musste zuerst hart trainieren – ich hatte in keinster Weise den Körper eines Sportlers und stand noch nie zuvor auf einem Tenniscourt. Ich wurde in ein Bootcamp-Programm gesteckt, habe während einem halben Jahr für zwei Stunden pro Tag mit Tennistrainern und Personal Trainern geübt und eine strenge Diät eingehalten, um besser im Tennis zu werden und schlussendlich das machen zu können, was im Film von mir erwartet wurde.

Sie haben Björn Borg an der Premiere des Films getroffen. Erzeugt es nicht einen unheimlichen Druck, wenn man jemanden spielt, der noch lebt und die eigene Leistung beurteilen kann?

Sverrir Guðnason: Als ich zuerst für die Rolle angefragt wurde, habe ich extrem gezögert. Natürlich wollte ich gerne mit Janus Metz zusammenarbeiten und das Drehbuch hat mich echt fasziniert, weil es sich nicht nur um Sport dreht, sondern um den Mensch dahinter. Klar war ich nervös, ihn zu spielen – er ist in Schweden eine Legende und jeder hat ein Bild von ihm im Kopf. Ich wusste einfach, dass ich dafür sehr hart arbeiten müsste.

Janus Metz: Ich glaube, dass dieser Druck auch einen positiven Effekt hatte: Jeder, der an diesem Film mitgearbeitet hat, hat 120 Prozent gegeben weil du einfach weisst, dass nicht nur das Publikum und die Kritiker diesen Film sehen werden, sondern auch die zwei Hauptpersonen im Film. Und natürlich willst du, dass sie den Film mögen!

Sverrir Guðnason stellt sich als Björn Borg im Biopic den Fragen der Medien.
© Ascot Elite

Zu Beginn des Films sieht man Borg an, dass er Angst hat – Angst vor den Medien, vor den Sponsoren, vor dem ganzen Druck. Das gibt es auch im Filmbusiness – wie ist das für euch?

Sverrir Guðnason: Ich würde mich selbst nie mit Borg vergleichen, da er viel berühmter ist und auf ihm sicherlich der tausendfache Druck lastete. Aber ich spüre schon, dass auch auf mir der Druck liegt, gut zu performen. Aber da musst du einfach irgendwie damit umgehen können – wichtig ist, dass man trotzdem noch Spass an der Sache hat. Wenn du immer nur übers Verlieren nachdenken kannst, dann solltest du vielleicht aufhören. Bei Borg war es nach zahlreichen Siegen so, dass es nur noch abwärts gehen konnte – das provoziert natürlich schlechte Gefühle.

Janus Metz: Ich glaube, dass Erfolg auch mit einem gewissen Fluch einhergeht. Die Angst zu verlieren ist wahrscheinlich sogar für die besten Sportler stärker als die Freude, wenn man gewinnt. Auch bei Schriftstellern oder bei uns Filmemachern ist das zum Beispiel so: Wir legen unser Herzblut in ein Projekt und gehen die Gefahr ein, von der Welt ausgelacht zu werden. Ich glaube aber nicht, dass man berühmt sein muss, um das zu erleben – diese Gefühle sind bei jedem von uns völlig normal.

Der Film ist wie ein Thriller aufgebaut: Auch wenn man das Resultat von damals weiss, fiebert man so richtig mit. Wie habt ihr das gemacht?

Janus Metz: Zuerst muss man sich zwei Dinge überlegen: Zwar weiss jeder den Ausgang dieses Spiels, aber andererseits muss das Finale einfach spannend sein, auch wenn jeder das Resultat kennt. Diese Spannung kriegt man hin, indem man als Zuschauer diese Situation durch die Augen und die Emotionen der zwei Hauptakteure erlebt und begreift, dass es nicht immer nur darum geht zu gewinnen - Siege machen einen nicht automatisch zu einer besseren oder glücklicheren Person.

Sverrir Guðnason: Es ist bei der Titanic ja auch nicht spannend, ob sie sinken wird oder nicht – sondern wie die Leute auf dem Schiff das Ganze erlebt haben und welche Gefühle das bei ihnen ausgelöst hat.

Shia LaBoeuf spielt den amerikanischen Hitzkopf John McEnroe.
© Ascot Elite

Damals konnte man mit Tennis keine Frauen aufreissen.– Janus Metz, Regisseur von «Borg/McEnroe»

Wie würdet ihr die Beziehung zwischen Björn Borg und John McEnroe beschreiben?

Sverrir Guðnason: Sie wurden immer als zwei komplett unterschiedliche Charaktere beschrieben: Borg war der kühle, kontrollierte Gentleman und McEnroe der Hitzkopf, der die Schläger zerstörte und die Schiedsrichter anschrie. Die zwei verstehen sich aber insgeheim ganz gut, weil man, um so gut zu sein, irgendwie eine ähnliche Person sein muss. Ich glaube, was die zwei unterschieden hat war lediglich, wie sie mit ihren Gefühlen umgegangen sind. Sie wurden deshalb auch gute Freunde und sind es heute noch.

Janus Metz: Es war fast ein brüderliches Verhältnis zwischen den zweien: McEnroe wollte Tenisspieler werden, weil er Borg hatte spielen sehen. Man muss sich auch vor Augen halten, dass Tennis damals nicht wirklich populär war – man konnte keine Frauen damit aufreissen. McEnroe war ein kleiner Mann, nicht wirklich angesehen für seine Herkunft und vielleicht manchmal auch ein bisschen nervig, kann ich mir vorstellen. Aber als er zum Beispiel sein erstes Wimbledon Final spielte, war er gekleidet wie ein kleiner Borg – er wollte ein Star werden wie er: von den Mädchen angehimmelt und den Jungs bewundert.

Die zwei Legenden wurden nach dem Wimbledon Finale gute Freunde.
© Ascot Elite

Ich habe ihn gefragt, wie er sein Stirnband jeweils angezogen hat und es war zum Glück gleich, wie ich es im Film gemacht habe.– Sverrir Guðnason

Wie haben Björn Borg und John McEnroe auf den Film reagiert und worüber haben Sie mit Ihnen geredet?

Janus Metz: Borg hat den Film sehr gemocht, ich glaube, dass er ihn berührt hat – McEnroe hat leider ein zwiespältiges Verhältnis zum Film. Er hat gesagt, er wäre gerne mehr in den Entstehungsprozess involviert gewesen.

Sverrir Guðnason: An der Premiere habe ich mit mit Borg über den Film gesprochen und über Tennis – ich habe ihn gefragt, wie er sein Stirnband jeweils angezogen hat und es war zum Glück gleich, wie ich es im Film gemacht habe. Eine gute Vermutung also!

Wie man die Begeisterung für Tennis entfacht - Die Stars melden sich zu Wort

Im Rahmen des ZFF 2017 sind weitere Interviews mit dem Drehbuchautor Ronnie Sandahl, dem Regisseur Janus Metz Pedersen sowie dem Hauptdarsteller Sverrir Guðnason entstanden. Während Sandahl einen Einblick darüber gibt, wie es ist, über eine Geschichte zu schreiben, welche bereits existiert, gibt Sverrir Guðnason preis, welche Anstrengungen er auf sich nahm, um der Darstellung des Tennisstars Björn Borg gerecht zu werden und Janus Metz Pedersen verrät, wie er der Sportwelt einen zweiten Gefallen tun könnte.

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