Kritik14. August 2019

«Die fruchtbaren Jahre sind vorbei»: Eine Komödie über das verflixte dritte Jahrzehnt im Leben einer Frau

«Die fruchtbaren Jahre sind vorbei»: Eine Komödie über das verflixte dritte Jahrzehnt im Leben einer Frau
© Cineworx

Ab Dreissig sei das Leben als Frau ein anderes, sagt die Zürcher Regisseurin Natascha Beller über die Inspiration zu ihrem ersten Langspielfilm «Die fruchtbaren Jahre sind vorbei». Um ab diesem Alter mit den gesellschaftlichen Erwartungen zurechtzukommen, hilft scheinbar nur eine gute Portion Humor.

Filmkritik von Julia Schmidt im Rahmen des Locarno Film Festival

Leila (Michèle Rohrbach) wird in wenigen Wochen Fünfunddreissig – Grund zu feiern ist das für sie nicht. Warnrufe vor schwindender Fruchtbarkeit im Ohr, ist sie der festen Überzeugung: Der anstehende runde Geburtstag ist nur mit der Wölbung eines Babybauchs zu ertragen. Auf der Suche nach einem potenziellen Vater stürzt sie sich ins Nachtleben und in seelische Krisen. Denn was früher mit Flirtanleitung aus der Jugendzeitschrift gelang, will einfach nicht mehr im Handumdrehen klappen.

Etwas steif sind vereinzelt die Schauspielleistungen. Den weitgehend überzeugenden Hauptrollen tut dies aber ebenso wenig an, wie der insgesamt erfrischend schmissigen Komödie.– Julia Schmidt

So greift sie nicht nur zu handelsüblichen Eisprungtests und Dating-Apps, sondern auch zu dubioseren Mitteln wie Voodoo-Tänzen und regelrechtem Samenklau. Letzteres ist natürlich nicht gerade sittlich, aber ganz offensichtlich kann man als Frau in diesem Alter sowieso nichts richtig machen: Sowohl Leilas Schwester, die karrierebewusste Schwangere Amanda (Sarah Hostettler), als auch ihre beste Freundin, die alleinerziehenden Mutter Sophie (Anne Haug), müssen erleben, dass man sie des Egoismus und der fehlenden Gelassenheit bezichtigt.

Leichter gesagt als getan: Amanda (Sarah Hostettler) muss ihre Familie und den Beruf unter einen Hut bringen. © Cineworx

Beller ist als Autorin und Filmerin der Late-Night-Show «Deville» vom Fach und überzeugt mit pointierten Dialogen und abgefahrenen Bildmetaphern für Alltagsphänomene.– Julia Schmidt

Etwas steif sind vereinzelt die Schauspielleistungen. Den weitgehend überzeugenden Hauptrollen tut dies aber ebenso wenig an, wie der insgesamt erfrischend schmissigen Komödie, die heuer als einziger Schweizer Beitrag über die Grossleinwand der Piazza Grande in Locarno flimmert. Beller ist als Autorin und Filmerin der Late-Night-Show «Deville» vom Fach und überzeugt mit pointierten Dialogen und abgefahrenen Bildmetaphern für Alltagsphänomene.

In «Die fruchtbaren Jahre sind vorbei» stehen alle drei Hauptfiguren vor grossen Hürden. © Cineworx

Der erbarmungslose Kampf um zeugungswillige Männer wird als Showdown im Western-Stil ausgetragen und die Radiostimme, die ständig Leilas Leben kommentiert, macht deutlich: Lauter als das Ticken der biologischen Uhr ist die öffentliche Meinungsmache, die schonungslos ins Privatleben der Protagonistin dringt.

Ob die garantierten Lacher diese gesellschaftlichen Erwartungen zu übertönen vermögen, bleibt zu hoffen. Der Film soll zwar in erster Linie unterhalten – Beller will mit ihm aber auch den Diskurs zu einem Thema anstossen, das zahlreiche Filmförderungsstellen für nicht finanzierungswürdig hielten.

3.5 von 5 ★

«Die fruchtbaren Jahre sind vorbei» ist ab dem 29. August in den Deutschschweizer Kinos zu sehen.

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