Kritik24. Februar 2021 Cineman Redaktion
Disney-Plus-Kritik «Solar Opposites»: Blutig-bunte Science-Fiction-Sitcom für Erwachsene
«Rick and Morty»-Schöpfer Justin Roiland schickt in der zusammen mit Mike McMahan («Star Trek: Lower Decks») entwickelten Animationsserie «Solar Opposites» fünf Aliens auf die Erde und konfrontiert sie mit den menschlichen Eigenheiten. Derbe Gags und krasse Gewaltexzesse sind dabei keine Seltenheit.
Serienkritik von Christopher Diekhaus
Im Rahmen der Präsentation zum neuen, ab dem 23. Februar 2021 verfügbaren DisneyPlus-Kanal «Star» wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass er das Streaming-Portfolio des traditionell familienfreundlichen Micky-Maus-Konzerns um ein speziell an Erwachsene gerichtetes Paket erweitern würde. Nach Sichtung der ersten zwei Folgen der animierten Sitcom «Solar Opposites», die in den USA bereits im Mai 2020 bei Hulu ihre Premiere feierte, lässt sich diese Aussage nur unterstreichen.
Justin Roiland, der ebenfalls die wenig zimperliche Zeichentrickserie «Rick and Morty» an den Start brachte, und Ko-Schöpfer Mike McMahan scheuen nicht vor deftiger Sprache, thematischen Tabubrüchen und blutigen Bildern zurück. Gefallen wird das bestimmt nicht jedem. Zwischen den rabiaten Einlagen gibt es aber auch einige amüsante Einblicke in die nicht selten absurde menschliche Existenz.
Immer wieder hebt die Serie darauf ab, wie unverantwortlich der Mensch mit seiner Umwelt umgeht.
Im Zentrum der von Anfang an schnittig getakteten, energiegeladenen Episoden stehen fünf Ausserirdische, die ihrem wunderbaren Heimatplaneten Shlorp aufgrund eines Asteroideneinschlags unfreiwillig den Rücken kehren mussten und in den USA strandeten. Korvo (Stimme im Original: Justin Roiland) und Terry (Thomas Middleditch) sind die Erwachsenen im Bunde. Unklar bleibt zunächst jedoch, ob sie in einem partnerschaftlichen Verhältnis stehen. Komplettiert wird das extraterrestrische Quintett von den Replikanten Yumyulack (Sean Giambrone) und Jesse (Mary Mack) sowie einem geheimnisvollen gelben Schneckenwesen namens «The Pupa» (Sagan McMahan).
Einig sind sich die Aliens keineswegs, was sie von ihrem neuen Wohnort halten sollen. Während Korvo die unterentwickelten Menschen zum Kotzen findet und wild entschlossen ist, ihr abgestürztes Raumschiff zu reparieren, freundet sich Terry immer mehr mit seinem Leben auf dem fremden Planeten an. Auch Jesse möchte sich einfügen, und glaubt, dass in vielen Erdenbewohnern Gutes steckt. Yumyulack wiederum sieht das Ganze kritischer und widmet sich einem eigenwilligen Hobby: Leute, die ihn verärgert haben, schrumpft er und steckt sie in ein grosses Wandterrarium in seinem Zimmer – aus rein wissenschaftlichen Zwecken, versteht sich.
Ständig werden Kehlen aufgeschlitzt, Charaktere zweigeteilt oder sonst wie malträtiert.
Über Jesse und Yumyulack taucht «Solar Opposites» in den Alltag an einer Highschool ein und nimmt sich dabei einiger real existierender Probleme und jugendlicher Sehnsüchte an: Mobbingattacken gegen Andersaussehende, systematische Diskriminierung durch das Lehrpersonal und der Wunsch, einfach dazuzugehören, werden beispielsweise in den ersten Folgen aufgegriffen.
Korvo und Terry tragen derweil andere Kämpfe aus und manövrieren sich selbst in brenzlige Lagen. Der Versuch, einem ausserirdischen Geschöpf aus einer TV-Sendung echtes Leben einzuhauchen, zieht eine handfeste Verwüstungsorgie nach sich. Und die Idee, für das Präsidentenamt der Hauseigentümergemeinschaft zu kandidieren und vorher mithilfe von ins Trinkwasser geleiteten Nanorobotern umfangreiche Daten über die Nachbarschaft zu sammeln, treibt ungewollte Blüten.
Immer wieder hebt die Serie darauf ab, wie unverantwortlich der Mensch mit seiner Umwelt umgeht. Merkwürdige bürokratische Verordnungen werden lustvoll durch den Kakao gezogen. Und ständig spielen die Macher in den Episodenplots ganz explizit auf andere Werke der Popkultur, besonders Filme, an. Als Jesse und Yumyulack etwa eine Nazikneipe mit dem sprechenden Namen «Heil Hitbar» betreten, kommen die Figuren selbst auf den Schocker «Green Room» zu sprechen, in dem es einer Punkband in einem von Rechtsradikalen betriebenen Lokal an den Kragen geht.
Der Darstellungsstil von «Solar Opposites» ist deutlich an «Rick and Morty» angelehnt. Mehr noch als dort stürzen rüde Gewaltausbrüche auf den Zuschauer ein. Ständig werden Kehlen aufgeschlitzt, Charaktere zweigeteilt oder sonst wie malträtiert. Die Provokationen wirken zuweilen etwas krampfhaft. Nicht jeder Witz will zünden. Und manchmal erscheint die Serie wie ein wildes Sammelsurium unterschiedlicher Versatzstücke. Manche Einfälle sind aber ungemein verlockend und durchaus originell. Erwähnenswert ist hier vor allem der Blick in das mit geschrumpften Menschen bevölkerte Schrankterrarium, wo sich offenbar eine raue Mad-Max-artige Endzeitwelt herausgebildet hat.
3.5 von 5 ★
«Solar Opposites» ist ab sofort auf Disney+ verfügbar.
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