Artikel5. Oktober 2023 Cineman Redaktion
Horrorsatire aus Korea: 5 Gründe, «Bargain» zu schauen
Praktisch alle Streaming-Dienste haben südkoreanische Produktionen für sich entdeckt. Manche wurden zu Megahits – ob das der Horror-Action-Serie «Bargain» auf Paramount+ auch gelingen wird?
Text von Peter Osteried
«Bargain» ist eine neue Miniserie aus Südkorea, die erstaunlich gut darin ist, gleich zwei Genres miteinander zu verbinden und aus beiden das Maximale herauszuholen. Zudem ist die Serie nicht nur actionreich und mitreissend, sondern weist auch deutlichen Sinn für satirischen Humor auf.
1. Der Anfang
Schon die ersten Minuten sind brillant. Eine junge Frau (Jeon Jong-seo) und ein Mann mittleren Alters (Jin Sun-kyu) treffen sich in einem Hotelzimmer. Er ist ihr Freier – sie ist noch Jungfrau. Oder zumindest hat sie ihm das erzählt. Aber man merkt schon in diesen ersten Minuten, wie sie mit ihm spielt – und er das nicht im Mindesten merkt, sondern von der ersten bis zur letzten Minute glaubt, er sei derjenige, der alle Trümpfe in der Hand hält. Dabei ist er nur ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird.
Die Dialoge sind intensiv, das Schauspiel der beiden HauptdarstellerInnen auch, und die Auflösung der Szene ist wirklich kühn. In dem Moment steckt man längst mittendrin und will wissen, wie es weitergeht. «Bargain» ist die Art Serie, bei der man froh ist, dass man Bingen kann und nicht Woche für Woche auf eine neue Episode warten muss.
2. Die Auktion
Nach dem Auftakt wird klar, worum es hier wirklich geht. No Hyung-soo ist kein Freier, er ist die Ware! Denn er wird gefangen genommen, man verbindet ihm die Augen und schnallt ihn auf einer Bahre fest. Dann kommen die InteressentInnen. Dies ist eine Auktion, bei der nach und nach alle Organe No Hyung-soos verkauft werden sollen. Das geschieht mit einer unglaublichen Nonchalance und der Nüchternheit einer typischen Versteigerung, inklusive einer Auktionatorin, die ihr Publikum fest im Griff hat.
Der Perspektivwechsel ist faszinierend, zumal die KäuferInnen auch nicht als Monster dargestellt werden. Im Gegenteil: Hier handelt es sich um verzweifelte Menschen, die bereit sind, fast jeden Preis für das eigene oder das Überleben eines Lieben zu bezahlen. Das Publikum kann sich sofort mit ihnen identifizieren.
3. Der Genrewechsel
Während man noch denkt, dass man klar vor Augen hat, wohin die erzählerische Reise geht, ziehen die Macher einem den Boden unter den Füssen weg. Erst wird von einem Erdbeben gesprochen, dann bricht es mit Wucht über das Hochhaus herein. Die Serie macht einen radikalen Genrewechsel durch. Denn ganz plötzlich befindet man sich auf dem Terrain eines fast schon typischen Katastrophenfilms.
Aber «Bargain» ist eben nicht nur das – die Miniserie lässt die ProtagonistInnen nun gegen metzelnden PsychopathInnen kämpfen, die keine ZeugInnen am Leben lassen sollen. Mit der Location mutet das alles reichlich endzeitlich an, als wäre man einfach so in die Welt von «Mad Max» transportiert worden. Die Serie wirkt fast schon unwirklich, weil das zusammengefallene Hochhaus eine abgeschirmte Welt darstellt.
4. Praktisch ein Film
«Bargain» besteht aus fünf Episoden, die zusammen eine Laufzeit von knapp drei Stunden haben. Die Handlung ist durchgehend erzählt, man hat also das Gefühl, einen langen Film zu sehen. Langweilig wird es dabei nie.
Im Gegenteil, die Geschichte wird mit äusserster Rasanz erzählt, ist grimmig, bitterböse, ja, manchmal auch ein bisschen komisch – aus der Situation heraus, aber auch durch das Zusammenspiel der ProtagonistInnen begründet. Das sind die Auktionatorin, der Käufer und die Niere – so wird in der zweiten Folge No Hyung-soo genannt.
5. Ambivalente Figuren
«Bargain» lebt von seinen Hauptfiguren. Keine davon ist wirklich gut – der Polizist nicht, der Sex mit einer Jungfrau kaufen will, der gute Sohn nicht, der eine Niere für seinen Vater ersteigern und nun sein Investment um jeden Preis beschützen will und auch die Auktionatorin, die nicht ganz freiwillig an all dem teilnimmt.
Doch alle haben auch ihre guten Seiten. Man kann ihr Handeln über weite Strecken nachvollziehen, selbst, wenn man es nicht gutheissen kann. Die Figuren treiben die Geschichte voran, die wiederum auch mit satirischen Elementen daherkommt und «Bargain» so zur grimmig-humorigen Farce werden lässt – allerdings darf man auch nicht zu zartbesaitet sein. Die Action ist gut, die Inszenierung toll. Hier wird häufig auf lange Einstellungen gesetzt. Ein Schnitt-Stakkato gibt es nicht. Das mag ein bisschen altmodisch anmuten, aber es hat Flair und erlaubt den SchauspielerInnen zu glänzen.
4 von 5 ★
«Bargain» ist ab dem 05. Oktober auf Paramount+ verfügbar.
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