Artikel18. Januar 2024 Maria Engler
Mythos der Unangepassten: 5 Gründe, die Netflix-Serie «Boy Swallows Universe» zu schauen
Sympathie für die Gesetzlosen. Die Netflix-Serie «Boy Swallows Universe» begleitet zwei Brüder im Umgang mit ihrer drogendealenden Familie und schaut mit Liebe und Empathie auf Menschen, die sich mithilfe krummer Geschäfte ein besseres Leben verschaffen wollen. Wir haben fünf Gründe, warum die Serie deine Aufmerksamkeit verdient hat.
1. Eine Familie voller Krimineller
Die 80er-Jahre im australischen Brisbane. Der 13 jährige Eli wächst gemeinsam mit seinem älteren Bruder Gus bei seiner Mutter Frankie und seinem Stiefvater Lyle auf. Doch die Rollen zwischen Erwachsenen und Kindern scheinen umgekehrt zu sein, denn die beiden Brüder haben den Verdacht, dass Lyle wieder mit Drogen dealt und beide vielleicht erneut süchtig sind. Die beiden Teenager müssen auf ihre Erwachsenen aufpassen.
«Boy Swallows Universe» erzählt eine mitreissende Geschichte, die mit ihrer Verankerung im illegalen Milieu Australiens weit entfernt von der Lebensrealität ihres Publikums sein dürfte, sich aber mit eng geknüpften Familienbanden und vielschichtigen Charakteren trotzdem nachvollziehbar anfühlt. Trotz der gerade einmal sieben Episoden nimmt sich die Serie Zeit für umfassende und spannende Figurenentwicklungen.
2. Based on a true story
«Boy Swallows Universe» basiert auf dem halb autobiografischen Roman des australischen Schriftstellers und Journalisten Trent Dalton. Wie die Hauptfigur der Serie, Eli, wuchs auch er bei seiner Mutter und seinem drogendealenden Stiefvater auf, die beide einige Zeit im Gefängnis verbringen mussten. Gemeinsam mit seinen drei Brüdern, die in der Serie zu einer Figur verschmelzen, musste er deshalb immer wieder bei Verwandten oder seinem Vater unterkommen.
Auch der verurteilte Mörder und Babysitter der Brüder Arthur “Slim” Halliday ist eine reale Person. Als Freund von Trent Daltons Stiefvater verbrachte er viel Zeit im Haus der Familie, gab wie in der Serie Fahrstunden und teilte seine Lebensweisheiten. Seine berüchtigten Ausbrüche aus dem Boggo-Road-Gefängnis in Brisbane brachten ihm den Spitznamen Houdini of Boggo Road ein.
3. Brüderlicher Zusammenhalt
Die Welt von Eli und seinem Bruder Gus fällt nach und nach in sich zusammen und raubt ihnen immer mehr Mitglieder ihrer eigenwilligen Familie. Die traumatischen Ereignisse in «Boy Swallows Universe» sind mitunter nur schwer zu ertragen, doch ein Hoffnungsschimmer bleibt dem Publikum erhalten: die enge Bindung zwischen den Brüdern.
Ihr Zusammenhalt ist umso schöner anzusehen, weil die beiden grundverschieden sind. Eli, der Hitzkopf, der die Klappe nicht halten kann, und Gus, der seit seinem achten Lebensjahr nicht mehr spricht, dafür aber stille Weisheiten in die Luft schreibt, sind ein liebevolles Brüderpaar mit einer eigenen Sprache, das sich in einer unbeständigen Welt aufeinander verlassen kann.
4. Ein kindlicher Blick auf die Welt
Es ist vor allem die Perspektive von Eli, aus der die Welt in «Boy Swallows Universe» betrachtet wird – und damit die eines Kindes. Dass dieses Kind aufgrund seiner kriminellen Eltern schon viel zu früh erwachsen werden muss, beschert immer wieder grossartige emotionale Momente, in denen Eli zwischen kindlicher Unschuld und seiner Interpretation des Erwachsenseins hin- und herwechselt.
Ein wunderbares Detail ist ausserdem Elis unerschütterlicher Glaube an die übersinnlichen Fähigkeiten seines Bruders Gus. Die Botschaften, die der sprachlose Junge in die Luft schreibt, seien nämlich angeblich Weissagungen über die Zukunft, die immer wahr würden. Auch die Träume der beiden Brüder, in denen sie in einem Auto durchs Weltall segeln und Gus’ surreale Bilder, sind Elemente, die der Serie einen mysteriösen Anstrich verleihen und die harte Lebensrealität der Kinder etwas abdämpfen.
5. Held:innen des Alltags
Was die Welt von «Boy Swallows Universe» so lebendig und realistisch macht, sind aber nicht nur die tiefgründigen Figuren, sondern auch die Geschichten, Legenden und Gerüchte, die die Handlung in ein verwobenes Netzwerk aus Erzählungen einbettet. Immer wieder erzählen sich die Figuren untereinander haarsträubende Geschichten anderer sozialer Aussenseiter – es entspinnt sich eine faszinierende Folklore.
Besonders um den legendären Ausbrecher Slim ranken sich Legenden und Mythen, die immer wieder zum Thema werden. Doch vor allem die Briefwechsel zwischen Eli und dem Häftling Alex stechen als humoristische und manchmal erschreckende Handlungsstränge aus der Serie hervor. In hoch ästhetischen Zeitlupenaufnahmen werden Alex’ Berichte aus dem Gefängnisalltag zu eindringlichen und teilweise brüllend komischen Panoramen, die eigene kleine Geschichten erzählen.
4 von 5 ★
«Boy Swallows Universe» ist seit dem 11. Januar auf Netflix verfügbar.
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