Kritik5. Februar 2021 Cineman Redaktion
Netflix-Kritik «Eighth Grade»: Das Abenteuer Pubertät
Kayla ist ein Teenager, die gerade die Hochphase der Pubertät erlebt. Sie ist auf der Suche nach sich selbst und möchte doch eigentlich nur irgendwo dazugehören. Die Tragikomödie «Eighth Grade» folgt einer verwirrten, unglücklich verliebten 13-Jährigen durch ihren Alltag. Ein ebenso unterhaltsamer wie melancholischer Film, der eine grosse Nähe zur Protagonistin erzeugt.
Filmkritik von Björn Schneider
Kayla (Elsie Fisher) fühlt sich in der Schule einsam, ist unglücklich in den attraktiven Aiden (Luke Prael) verliebt und ihr Vater (Josh Hamilton) nervt mit ständigen Vorwürfen. Mit Sorge betrachtet dieser die Flucht seiner Tochter in die digitale Welt. Viel Energie wendet Kayla für ihre Youtube-Videos auf, in denen sie all das ausstrahlt, was sie im wahren Leben nicht ist – selbstbewusst und mit sich im Reinen. Kayla hofft auf bessere Zeiten, denn sie steht kurz vor dem Ende der achten Klasse, bevor es an die High-School geht.
«Eighth Grade» ist das beachtliche, enorm feinsinnige Regie-Debüt von Bo Burnham.
«Eighth Grade» ist das beachtliche, enorm feinsinnige Regie-Debüt von Bo Burnham. Der Comedian und Musiker war zur Zeit der Entstehung gerade 27 Jahre alt. Dennoch gelingt ihm mit seiner in nicht einmal 30 Tagen gedrehten Coming-of-Age-Geschichte ein sehr reifes, beachtenswertes Werk, das seine Protagonistin trotz der schwierigen Vorkommnisse und all der «Fremdschäm-Momente» ernst nimmt.
Gerade von letztgenannten gibt es so einige. Diese Szenen, etwa wenn Kayla zur schüchternsten Schülerin gekürt oder in ein peinliches Wahrheit-oder-Pflicht-Spiel verwickelt wird, dienen aber nicht dazu Kayla blosszustellen. Vielmehr zeigt Burnham die Hemmungen und das Leid junger Menschen, die all jene Ereignisse in ihnen auslösen. Unangenehme, stressauslösende Augenblicke, in denen es um Akzeptanz, Zugehörigkeit und Selbstvertrauen geht.
Mit dem nötigen Ernst thematisiert der Film die aufdringliche Dauerpräsenz digitaler und sozialer Medien.
Burnham beweist Mut zu Leerstellen und einer gewissen Sprunghaftigkeit, wenn er Kayla in einer Reihe episodenartiger Einzelszenen zeigt. Dieser Hang zum fragmentarischen Erzählen inklusive eines weitestgehenden Verzichts auf eine klare Dramaturgie ist ein Segen für den Film.
Dasselbe gilt für den gelegentlichen, aber stets überlegten Einsatz wackeliger Handkamerabilder. Wenn Burnahm seiner Hauptfigur über die Schulter filmt und sie in ungefilterten Nahaufnahmen «ins Visier» nimmt, kommen wir Kayla extrem nah. Diese ungeschliffenen (Handkamera-)Bilder stehen exemplarisch für das Fragile und Imperfekte im Leben von Kayla, die von Elsie Fisher sehr natürlich verkörpert wird.
Doch es gibt auch viel zu lachen in «Eighth Grade», zum Beispiel bei Kaylas Kabbeleien mit ihrem Vater oder ihren – engagierten, aber letztlich erfolglosen – Versuchen, mit ihren Youtube-Videos anderen Teenagern Ratschläge zu geben. Mit dem nötigen Ernst thematisiert der Film die aufdringliche Dauerpräsenz digitaler und sozialer Medien, durch die junge Menschen wie Kayal selten zur Ruhe kommen und psychisch unter starken Druck geraten.
4.5 von 5 ★
«Eighth Grade» ist ab sofort auf Netflix verfügbar.
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