Kritik21. März 2022

Netflix-Kritik «Human Resources»: Das Büro mit unseren Gefühlen

Netflix-Kritik «Human Resources»: Das Büro mit unseren Gefühlen
© Netflix

In diesem «Big Mouth» Spin-off werfen wir einen Blick hinter die Kulissen der Gefühlswelt erwachsener Menschen und beobachten, wie sich Liebeskäfer, Hormonmonster und Schamgefühl-Hexer am Arbeitsplatz miteinander arrangieren. Eine schlüpfrige Animations-Serie für Erwachsene, deren bissiger Witz nicht immer, aber oft ins Schwarze trifft.

Filmkritik von Gaby Tscharner Patao

Während sie in ihrem Grossraumbüro auf ihren nächsten Einsatz warten, begegnen wir den Hormonmonstern Conny (Maya Rudolph) und Maury (Nick Kroll), oder dem Schamgefühl-Hexer (David Thewlis), alte Bekannte aus der Serie «Big Mouth», und lernen neue Gefühlsmonster wie die Liebeskäfer Emmy (Aidy Bryant) und Rochelle (Keke Palmer) kennen, die mehr oder weniger gut in ihrer Arbeit sind. Sie und viele andere personifizierte Emotionen sorgen in der ersten Staffel von «Human Resources» für Unruhe im Körper der hochschwangeren Becca (Ali Wong), deren Hormone vor und nach der Geburt verrückt spielen.

Zu den gelungensten Momenten dieser Serie gehören mehrere unerwartete Musical Nummern, die inmitten all dieser schweren Gefühle für Auflockerung sorgen.– Cineman-Filmkritikerin Gaby Tscharner Patao

Da ihr bisheriger Liebeskäfer Sonya (Pamela Adlon) unerwartet gefeuert wurde, muss Becca die Geburt ihres Kindes mit der unerfahrenen Emmy verbringen, die ihren ersten Einsatz völlig vermasselt. Der vulgäre und unreife Humor von «Big Mouth» ist nicht jedermanns/fraus Sache. Obwohl die Serie viele witzige Momente hat, ist die vulgäre, zeitweise sogar infantile Komik nicht massenkompatibel. Dasselbe gilt auch für ihren Ableger «Human Resources», aber im Gegensatz zu den Problemen pubertierender Teenager, die in «Big Mouth» behandelt werden, beschäftigt sich der Spin-off mit sehr erwachsenen Themen wie der Alzheimerkrankheit, Suchtverhalten oder den Depressionen von Müttern nach der Geburt ihres Kindes.

Mitarbeiter des Büros am Konferzenztisch © Netflix

Diese Probleme in derben Humor zu verpacken, funktioniert nicht immer. Die unzähligen Peniswitze werden schnell alt, was sogar von der Serie thematisiert wird. Weil die Hormonmonster in allen Büroräumlichkeiten Sex haben, müssen sie schon in der zweiten Episode von «Human Resources» ein Bewusstseinstraining absolvieren.

Aber der Erfolg dieser Serien besteht in der Sorgfalt, mit der ihre Schöpfer erkunden, was uns Menschen ausmacht.– Cineman-Filmkritikerin Gaby Tscharner Patao

Zu den gelungensten Momenten dieser Serie gehören mehrere unerwartete Musical Nummern, die inmitten all dieser schweren Gefühle für Auflockerung sorgen. In Episode 3 singen Beccas Brustwarzen, die vom Stillen des Babys wund sind, ein grossartiges Duett und während der Schamgefühl-Hexer Beccas Leben zur Hölle macht, erfahren wir auf musikalische Weise, dass dieser Bösewicht seinerseits nur die Anerkennung seiner kalten Mutter (Helen Mirren) sucht. Aber, «Human Resources» wäre kein «Big Mouth» Spin-off ohne einige der schlüpfrigsten, vulgärsten Witze im Fernsehen.

Gemeinsames Anstossen mit Sekt in einer Bar © Netflix

Vor allem die Hormonmonster kriegen die absurdesten Geschichten ab und es wird gelegentlich frustrierend, die ausgefeilten Handlungsstränge durch derbe Sex-Witze unterbrochen zu sehen, die nicht nötig wären. Aber der Erfolg dieser Serien besteht in der Sorgfalt, mit der ihre Schöpfer erkunden, was uns Menschen ausmacht. Und das schliesst nicht nur die schönen und tiefgründigen, sondern auch die hässlichen und traditionell schamvollen Aspekte ein.

3.5 von 5 ★

«Human Resources» ist ab sofort auf Netflix verfügbar.

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