Kritik4. Februar 2021

Netflix-Kritik « Malcolm & Marie»: Die Zerreissprobe

Netflix-Kritik « Malcolm & Marie»: Die Zerreissprobe
© Netflix

Für Filme wie «Malcolm & Marie» muss man Netflix lieben. Denn bei den grossen Hollywood-Studios hätte eine solche Produktion kaum stattgefunden. Ein Kammerspiel mit zwei farbigen Hauptdarstellern, und dann noch in Schwarzweiss gedreht. Da scheint das Label «Kassengift» vorprogrammiert. Bei einem Streamer erreicht ein Film wie dieser aber ein grosses Publikum. Immerhin spielen in den Hauptrollen Zendaya und John David Washington.

Filmkritik von Peter Osteried

Malcolm und Marie kommen von der Premiere seines Films zurück. Er ist noch ganz aufgekratzt, weil das Publikum gut darauf reagiert hat. Sie geht ihm aus dem Weg. Darum möchte Malcolm wissen, was los ist, aber Marie möchte keinen Streit vom Zaun brechen. Was genau dazu führt. Denn Malcolm hat in seiner Dankesrede Gott und der Welt gedankt, Marie aber vergessen. Dabei war es ihr Leben, das er für seinen Film ausgebeutet hat. Eine Nacht der Diskussionen beginnt.

Das ist grosses Kino. Das ist grosses Schauspielkino!– Cineman-Filmkritiker Peter Osteried

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Der Film ist Arthaus in seiner pursten Form. Eine der ersten Einstellungen wird lange gehalten, mit einem langen Dialog - man hat hier das Gefühl einer Theatervorführung. Das stellt sich später noch mehrmals ein, am beeindruckendsten, nachdem Malcolm eine Kritik zu seinem Film gelesen hat und in einen mehrminütigen, wütenden Monolog verfällt. Das ist grosses Kino. Das ist grosses Schauspielkino! John David Washington gibt hier alles. Das sind die grossen, die eruptiven Momente des Films, es gibt aber auch die leisen, die noch stärker nachwirken. Weil sie mit mehr Schmerz verbunden sind.

«Malcolm & Marie» ist sicherlich kein leichter Film, aber ein wirklich hervorragender.– Cineman-Filmkritiker Peter Osteried

Der Auslöser für den Streit mag der mangelnde Dank sein. Ein Versehen. Vielleicht. Aber in dieser Nacht kommt mehr als das auf den Tisch. Die Beziehung von Malcolm und Marie steht vor der Zerreissprobe. Weil die, die man liebt, einen verletzen können, wie niemand sonst. Diese Menschen kennen einen besser als jeder andere. Und sie wissen, wo die Wunden sitzen, wo es besonders wehtut. Das schaukelt sich in diesem Film hoch. Es ist schmerzhaft, den beiden bei der gegenseitigen Demontage zuzusehen. Aber es ist grossartig gespielt, weil hier das komplette Spektrum der Emotionen zum Tragen kommt.

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«Malcolm & Marie» ist sicherlich kein leichter Film, aber ein wirklich hervorragender, der im Grunde nur eine Schwäche hat. Er schrammt an der Authentizität, von der die Figuren immer sprechen, nur deswegen vorbei, weil die Figuren unglaublich lange Monologe führen. Im wahren Leben, das weiss jeder, gibt bei einem Streit ein Wort das andere. Man unterbricht sich, fährt dazwischen, aber hört minutenlangen Monologen nicht unwidersprochen zu. Das macht «Malcolm & Marie» zu einer letztlich künstlichen Angelegenheit. An der Wirkungsweise des Films ändert das aber nichts.

4 von 5 ★

«Malcolm & Marie» ist ab dem 5. Febraur 2021 auf Netflix verfügbar.

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Kommentare 1

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as1960

vor 3 Jahren

Kann leider diese hohe, gute Bewertung nicht teilen.
Für so ein Kammerspiel mit 2 Personen ist es wichtig, dass beide Personen wirklich überzeugen. Und die durchaus talentierte Zendaya ("The Greatest Showman", "Euphoria") scheint mir hier eine Fehlbesetzung zu sein. Sie ist mir zu girlie-mässig, und ich hätte mir zum schwebenden Regisseur eine wesentlich stärkeren Counterpart gewünscht.
Überzeugend fand ich Washington: Seblstbezogen, selstverliebt und doch sehr unsicher.

Was dem Film auch nicht gut tut: Aufgrund der Konstellation (Filmregisseur) ist es schwieriger sich mit dem Paar zu identifizieren. In "normaleren" Berufen gibt die im Film aufgegriffenen Probleme auch, aber es wäre für den Zuschauer vielleicht einfacher gewesen sich in das Paar einzufühlen.

So käme ich auf 2-3 Sterne.... Aber zum Glück sind die Geschmäcker ja verschieden...Mehr anzeigen


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