Ein Drehbuchautor, der aufhorchen lässt, drei namhafte Schauspieler, ein Nervenkitzel versprechendes Kammerspielszenario – und trotzdem geht lange Zeit herzlich wenig. Gemessen an den Voraussetzungen ist der von Charlie McDowell («The Discovery») inszenierte Netflix-Thriller «Windfall» eine Enttäuschung.
Filmkritik von Christopher Diekhaus
Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Typen, der auf einem ausladenden Anwesen irgendwo in der Pampa herumlungert. Das spürt man sofort, wenn man ihn sieht. Kurz darauf folgt die Bestätigung: Der Kerl ist kein gelangweilter Hausbesitzer, sondern ein Einbrecher. Gespielt von «How I Met Your Mother»-Star Jason Segel, dem ein Bart eine Spur Verwegenheit verleihen soll, geht seinem Werk nicht gerade planvoll nach.
Als er einen Batzen Bargeld entdeckt hat, will er sich rasch aus dem Staub machen. Doch urplötzlich tauchen die Eigentümer des luxuriösen Feriendomizils auf. Der IT-Milliardär (Jesse Plemons) und seine Frau (Lily Collins) sind erstaunlich gefasst, versuchen, den Räuber zu beschwichtigen, und müssen schliesslich in einer Saunahütte Platz nehmen, die der ungebetene Besucher notdürftig mit allerlei Gegenständen verbarrikadiert.
Besonders Jesse Plemons gibt den Kotzbrocken von Unternehmer lustvoll überheblich.
Weil an diesem Punkt der Film natürlich noch nicht vorbei sein kann, misslingt die Flucht des Eindringlings, der seinen Wagen brav und artig neben dem Grundstück abgestellt hat. Erst jetzt entdeckt er die an einen Baum montierte Kamera und muss zurück zur Villa, um die Aufnahmen zu vernichten.
Nach einer kleinen, eher drolligen Verfolgungsjagd durch den Orangenhain überwältigt er das Ehepaar und feilscht mit ihnen um den Betrag, der ihm den sicheren Absprung in ein neues Leben garantieren soll. Da die ausgehandelte Summe erst am folgenden Tag beschafft werden kann, muss das Trio wohl oder übel die nächsten Stunden miteinander verbringen.
Wer angesichts dieser Ausgangslage auf ein mit cleveren Psychospielchen garniertes Kräftemessen hofft, sollte gewarnt sein. Die meiste Zeit im Mittelteil geht für banale Gespräche, erwartbare Provokationen und plakative Klassenkampfparolen drauf. Den Schauspielern möchte man eigentlich keinen grossen Vorwurf machen. Besonders Jesse Plemons gibt den Kotzbrocken von Unternehmer lustvoll überheblich.
Im Kontrast dazu wollen die Schlussminuten möglichst abgründig sein.
Andererseits sind er und seine beiden Kollegen aber auch als Produzenten involviert und hätten dementsprechend Einfluss auf das ideenarme Drehbuch nehmen können. Hinter diesem steht nebst Justin Lader niemand geringeres wie Andrew Kevin Walker, Drehbuchautor vom Thriller-Meisterwerk «Seven»
Für etwas Reiz sorgen Hinweise, die verdeutlichen, dass sich das wohlhabende Ehepaar keineswegs auf Augenhöhe begegnet. Er, der glaubt, dass sich alles um ihn zu kreisen hat, ist der Entscheider und interessiert sich nicht die Bohne für die Wohltätigkeitsarbeit seiner Gattin. Statt subtile böse Spitzen einzubauen, gehen die Macher auch in diesem Punkt oft mit der Brechstange zu Werke. Einem packenden Katz-und-Maus-Spiel stehen ausserdem einige humorige Akzente im Weg. Die Musik ist mitunter zu verspielt.
Und der Moment, der die Stimmung kippen lässt, bekommt eine tölpelhaft-belustigende Note. Im Kontrast dazu wollen die Schlussminuten möglichst abgründig sein. Der Knalleffekt am Ende hat es zwar in sich. Sauber und glaubhaft vorbereitet werden die dramatischen Entwicklungen allerdings nicht. Mit dem Ergebnis, dass die garstige Pointe weniger Wirkung entfaltet als geplant.
2 von 5 ★
«Windfall» ist ab sofort auf Netflix verfügbar.
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