Kritik5. März 2024 Maria Engler
Recap: Sky Show «The Regime»: Ep. 1 «Memorial»: Skurrile Staatsführung
In «The Regime» spielt Kate Winslet die exzentrische Herrscherin eines mitteleuropäischen Landes, komplett mit Palast, verhuschten Bediensteten und jeder Menge Schrulligkeiten. In unseren wöchentlichen Recaps zur Serie auf Sky Show erfährst du, was passiert ist, was uns begeistert hat und wie es weitergehen könnte. Diese Woche starten wir mit der ersten Episode «Memorial» – Spoileralarm!
Ein verwirrendes Palast-Labyrinth
Ein monumentaler Palast irgendwo in Mitteleuropa. Mit jeder Menge Schieflagen der Kamera wirft uns «The Regime» direkt hinein in die verwirrende Architektur des Prunkgebäudes – die Orientierungslosigkeit ist perfekt. Gemeinsam mit dem Soldaten Herbert Zuback (gespielt vom Belgier Matthias Schoenaerts, der bereits im Historiendrama «Die Gärtnerin von Versailles» auf Kate Winslet traf) stolpert das Publikum durch die königlich eingerichteten Flure. Bevölkert werden diese nicht nur durch «Mandy»-Darstellerin Andrea Riseborough, die hier die kühle Palast-Managerin gibt, sondern auch durch ebenfalls orientierungslos wirkende Bauarbeiter, die einem geheimnisvollen Schimmelpilz auf die Schlichte kommen wollen.
In einem Raum, der dem War Room aus «Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben» erschreckend ähnlich sieht, erfährt der verwirrte Corporal seine neue Aufgabe: er soll für die Regentin Elena Vernham (Kate Winslet) die Luftfeuchtigkeit der Räume messen und bei Schimmelsporen Alarm schlagen. Die Lächerlichkeit dieses Jobs ist ein erster Hinweis darauf, wohin die Reise in dieser ersten Episode gehen wird. In einem anschliessenden Gespräch mit der steingesichtigen Regentin wird auch klar, warum sie den Soldaten mit diesem Job beauftragt: Bei einem Aufstand in einer Kobaltmine befolgte er ihren Befehl zu einem brutalen Vorgehen – Gehorsam scheint hier also das Mass aller Dinge zu sein.
Kleine Schwächen, grosse Peinlichkeiten
Es folgt der Vorspann der Serie, der eine der Schwächen der Serie entlarvt – an den Computereffekten wurde hier anscheinend gespart. Warum sich trotzdem für ein komplettes CGI-Intro entschieden wurde – ein Rätsel. Auch die Aussenansichten des Palastes lassen das mutmasslich geringere Serienbudget erkennen.
Der erste Tag an der Seite der Kanzlerin macht dann aber wieder jede Menge Spass – nachdem die wie eine Königin gefürchtete Elena ihr Personal warten lässt, bügelt sie ihr Kabinett mit spitzer Zunge ab, bespricht sich mit dem aufgebahrten Leichnam ihres Vaters und verbreitet allgemein Angst und Schrecken. Es ist eine wahre Freude, Kate Winslet in der Rolle der exzentrischen Tyrannin zu begleiten, die messerscharfen Dialoge tun ihr Übriges.
Das Highlight bildet allerdings die Party zum Victory Day, an dem sie ein herrlich schief gesungenes und hochpeinliches Ständchen zum Besten gibt, das natürlich mit Standing Ovations enden muss – Kritik ist nicht erlaubt. Die Party endet mit einem jobschädigenden Faux-Pas von Zuback und wirtschaftlichem Geplänkel mit amerikanischen Unternehmern. «The Regime» bleibt hier dem Genre treu und bietet zu erwartende Machtspiele.
Eine Fahrt im Papamobil und düstere Aussichten
Nach dem Partydebakel sieht Zuback schon seine Felle davonschwimmen, doch ein nächtliches Attentat auf Elena bringt Erlösung. Der Ex-Soldat vermöbelt den Attentäter am Bett der Regentin und schwingt sich so zum Helden auf. Elena taucht nun wochenlang vollends in ihre Hypochondrie ab und lässt nur Zuback an sich heran – ein spannender Wechsel!
Von ihren Regierungspflichten gerufen, begibt sie sich bald aus ihrem komplett sterilen Unterschlupf in einer futuristischen Mischung aus Papamobil und Sänfte, die nur als aufsehenerregend bezeichnet werden kann, zu ihrem Kabinett, das ihr einen sanften Rücktritt vorschlägt. Visuell zieht «The Regime» hier alle Register, taucht die ohnehin ästhetisch ansprechenden Schlossräume in düsteres Licht und vermischt gekonnt Altes und Neues.
Wieder zu zweit verlangt Elena von Zuback etwas, was sie nur selten möchte: absolute Ehrlichkeit. Endlich wacht die Figur des sonst so schweigsamen Soldaten etwas auf und öffnet sich mit gnadenloser Härte. In diesem absoluten Highlight der ersten Episode entlädt sich jede Menge Frustration, Wut, aber auch Berechnung – denn kritisch gegenüber seiner Herrscherin ist auch Zuback nicht. Die Episode endet mit einer erstarkten Elena, die sich von ihren Ängsten befreit und mit aller Härte ihr Kabinett ausdünnt.
Highlights und Ausblick
Beste Szene: Zuback, der Tacheles mit seiner angeschlagenen Regentin redet. Nicht nur auf der schauspielerischen Ebene passiert hier jede Menge, sondern auch ästhetisch hat die Szene einiges zu bieten. In einem düsteren Zimmer, ganz in Rot getaucht, kommt es zum Showdown.
Fragwürdig: Das Lispeln von Elena ist eine Portion zu viel. Ihre panische Angst vor unreiner Luft, ihre Abscheu gegenüber anderen Menschen, ihr seltsames Verhältnis zu ihrem Ehemann und ihre zahlreichen Marotten machen die Figur schon schrullig und lächerlich genug. Der Sprachfehler ist übertrieben.
Worte für die Ewigkeit: «Never breathe in her direction. Stay calm. Don’t vomit.» (D: «Atmen Sie niemals in ihre Richtung. Bleiben Sie ruhig. Übergeben Sie sich nicht.»
Der Blick in die Glaskugel: Was passiert als nächstes? Zwischen Elena und Zuback knistert es schon gewaltig – eine Liebes- oder zumindest Bettgeschichte scheint unausweichlich und könnte zu weiteren dramaturgischen Verwicklungen führen. Spannend wird auch, was die enge Beziehung der beiden für Auswirkungen auf Elenas verkorkste Ehe hat und wie ihre Berater und ihr Kabinett das sehen. Auch Versuche, den Soldaten loszuwerden, sind mehr als wahrscheinlich. Letztendlich vielleicht sogar von Elena selbst?
4 von 5 ★
«The Regime» ist seit dem 04. März auf Sky Show zu sehen. Die nächste Episode erscheint am 11.03.2024.
Wir haben die Serie im englischsprachigen Original gesichtet.
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