Artikel3. Juli 2023

Von Hofzeremonien, Hirschen und Halsketten: 5 Gründe, «Marie Antoinette» zu schauen

Von Hofzeremonien, Hirschen und Halsketten: 5 Gründe, «Marie Antoinette» zu schauen
© Canal +

Sie galt als Fashionista und Trendsetterin: Marie Antoinette. 2006 brachte Sofia Coppola mit ihrem Biopic über Marie Antoinette mit Popsongs und Turnschuhen im königlichen Kleiderschrank frischen Wind in das Genre. Die neue Serie «Marie Antoinette» auf Disney+ ist zwar nicht so bahnbrechend wie Coppolas Kultklassiker, hat aber ihren ganz eigenen Charme. Und nicht nur Fans von «Bridgerton» oder «Die Kaiserin» sollten hier mal reinschauen. Wir nennen euch 5 gute Gründe.

von Cornelis Hähnel

1. Perücken, Prunk und Pompadour: Kostüme und die Ausstattung

Ausladene Ausstattung in «Marie Antoinette» © Caroline Dubois - Capa Drama / Banijay Studios France / Les Gens / Canal+

Ein wesentlicher Grund, warum man historische Serien schaut, ist natürlich die Ausstattung. Und bei «Marie Antoinette» kommen Fans dabei voll auf ihre Kosten. Hier schöpft das Kostüm-Departement aus dem Vollen und präsentiert aufwendige und ausladene Kleider mit viel Spitze und Samt und bei jedem Kaffeeklatsch oder Abendessen rüscht und puschelt es dermassen, dass es eine Freude ist.

Und auch Haare und Make-up lassen die damalige Zeit wieder aufleben: die Gesichter sind gemäss der damaligen Mode blass geschminkt, die Haare schwingen sich in Wasserwellen zu Turmfrisuren empor, um dann als Korkenzieherlocken wieder über die Schultern zu fallen. Und wenn sich die Figuren dann durch die opulenten Spiegelsäle schreiten (gedreht wurde u.a. in Versailles und im Schloss Fontainebleau), ist die Zeitreise an die prachtvolle Welt des französischen Hofes im 18. Jahrhundert perfekt.

2. Der feministische Blick: das Drehbuch von Deborah Davis

Jonas Bloquet und Emilia Schüle in «Marie Antoinette» © Caroline Dubois – Capa Drama / Banijay Studios France / Les Gens / Canal+

Für ihr Drehbuch zu «The Favourite» war Autorin Deborah Davis für einen Oscar nominiert. Den bekam zwar Hauptdarstellerin Olivia Colman für ihre Rolle als Queen Anne, aber das von Giorgos Lanthimos inszenierte Drama über Böswilligkeit und Dekadenz am königlichen Hof sorgte für viel Aufsehen.

Für «Marie Antoinette» schrieb Davis zusammen mit drei weiteren Autorinnen die Drehbücher und erzählt das Geschehen aus einem feministischen Blickwinkel. Sie zeigt, wie schwer es für ein junges Mädchen (Marie Antoinette war damals erst 14 Jahre alt, als sie nach Frankreich kam) war, an den königlichen Hof zu kommen, wo das Hofzeremoniell mit Regeln und Bevormundungen aufwartet. Es ist eben nicht das kitschige Märchen von «Plötzlich Prinzessin», sondern hier wartet die Erkenntnis, plötzlich ein Spielball der anderen zu sein.

Wenn in ihrer Hochzeitsnacht der ganze Hofstaat vor dem Bett steht und darauf wartet, dass nun ein Thronfolger gezeugt wird, kann man sich sehr gut vorstellen, wie übergriffig das gewesen ist. Und Marie Antoinette versucht sich hier, aus den Zwängen zu befreien und selbstbestimmt zu leben. Zwar kritisieren einige französische Historiker die Umdeutung von Marie Antoinette zu einer Feministin als historisch nicht ganz korrekt, aber unterhaltsam ist es allemal.

3. Gossip Girls unite: Ein Hoch auf die Lästereien

Getuschel am Hof: Jasmine Blackborow und Emilia Schüle in «Marie Antoinette» © Caroline Dubois – Capa Drama / Banijay Studios France / Les Gens / Canal+

Wer Gerüchte und Intrigen liebt, ist bei «Marie Antoinette» ebenfalls genau richtig. Denn statt vornehmer Zurückhaltung und Eleganz wimmelt es in den Hallen von Versaille nur so von Hinterhältigkeit und übler Nachrede. Kein Schritt von Marie Antoinette bleibt unkommentiert, alle am Hof zerreissen sich die Münder, egal ob über Marie Antoinette («Die mit ihrer hässlichen Habsburger Unterlippe») oder Louis XVI («Wäscht er sich auch manchmal?»), hier bekommen alle ihr Fett weg. Das ist zwar nicht so bitterböse wie in «The Favourite», aber die spitzen Zungen am Hof sind durchaus treffsicher und pointiert.

Und mit Madame du Barry (wunderbar auf die Spitze getrieben von Gaia Weiss) hat die Monarchin eine Rivalin, die wirkt wie ein “Mean Girl” aus einem College-Film und keine Gelegenheit auslässt, ihr das Leben schwer zu machen.

4. Alles für den Look: Grosses Kino in Folge

Kinoreife Kompositionen in «Marie Antoinette» © IMDb

Zwar ist «Marie Antoinette» als Serie konzipiert worden, aber trotzdem sticht sie aus der Masse der Serien-Konfektionsware heraus. Das liegt vor allem an der grossartigen Kamera, die wunderbare Bilder mit visueller Schlagkraft kreiert.

Wenn Marie in einer Traumsequenz mit einer überdimensionierten Perlenkette auf den Meeresboden gezogen wird oder Louis XVI mit blosser Hand einen Hirsch erdolcht und dessen Blut in einem Bergsee verläuft, merkt man, das hier mit der Kraft des Kinos gespielt wird. Hinzu kommt ein gelungener Soundtrack des französischen Musikers Guillaume Roussel, wo Cembalo und Elektro zu einer nostalgisch-modernen Harmonie verschmelzen.

5. Isn’t she lovely: Emilia Schüle überzeugt als Marie Antoinette

Emilia Schüle als Marie Antoinette © Caroline Dubois - Capa Drama / Banijay Studios France / Les Gens / Canal+

Last but not least: Ein Grund, warum die Serie funktioniert, ist die gelungene Besetzung, allen voran die deutsche Schauspielerin Emilia Schüle. Neben Kinofilmen wie «Wunderschön» von Karoline Herfurth kennt sie sich vor allem mit Serien aus, so war sie bereits in den internationalen Produktionen «Berlin Station» oder der Jason-Bourne-Spin-Off-Serie «Treadstone» zu sehen.

Und natürlich muss sie sich hier den Vergleich mit Kirsten Dunst gefallen lassen, aber sie kann sich mit ihrer Interpretation der Figur durchaus behaupten. Sie verleiht ihrer Marie Antoinette eine beeindruckende Tiefe und Authentizität und schafft es, den historischen Charakter mit einer subtilen, zeitgemässen Attitüde zum Leben zu erwecken. Und weil es so wundervoll ist, ihr dabei zuzusehen, wie sie sich ihren Platz am Hof behauptet, ist die zweite Staffel von Disney+ schon bestellt!

3 von 5 ★

«Marie Antoinette» ist seit dem 21. Juni auf Disney+ verfügbar.

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