Review27. Februar 2023 Cineman Redaktion
Berlinale 2023: «Das Lehrerzimmer»: Schlachtfeld Schule
Als der Verdacht aufkommt, jemand in der Schule würde stehlen, macht sich die Lehrerin Nowak auf die Suche. Sie will ihre Schüler schützen, erreicht aber genau das Gegenteil.
«Das Lehrerzimmer»: Schlachtfeld Schule
İlker Çatak | 94 Min.
Ein Text von Teresa Vena
Carla Nowak (Leonie Benesch) ist eine idealistische, engagierte Lehrerin. Die Kinder kommen aus verschiedenen sozialen Schichten, man bemüht sich, mit einer möglichst politisch korrekten Sprache auf alle Verhältnisse zu achten und einzugehen. So viel zumindest zur Theorie. Als es zu einem Vorfall kommt, einem Diebstahlsverdacht, brechen alte Vorurteile durch, die Ordnung in der Schule kommt durcheinander und Carla, die eigentlich alles richtig macht, kann es dennoch keinem recht machen. Sie bleibt aber hartnäckig gegen die Anschuldigungen der Kollegen und der Elternschaft.
Der Film fühlt sich wie ein Thriller an. Es geht hier aber nicht um Mord und Totschlag, sondern um gegenseitige Verdächtigungen, psychologischen Druck, Erniedrigung und verletzten Stolz. Der Mikrokosmos Schule wird zum Spiegel der Gesellschaft. Hervorragend ist die Darstellung der deutschen Schauspielerin Leonie Benesch, die gar nicht viel sagen muss, sondern alles mit ihrer Mimik ausdrückt. Neben ihr fällt insbesondere Eva Löbau auf, die zu den bedeutendsten Schauspielerinnen des Landes gehört, aber bisher nur in wenigen Hauptrollen zu sehen war («Reise nach Jerusalem», «Der Wald vor lauter Bäumen»).
Der Film, der sich durch eine dichte Inszenierung und eine präzise Bildfindung auszeichnet, ist ein treffender Kommentar auf unsere Debattenkultur, die immer wieder von einem Extrem ins andere wechselt, im persönlichen Austausch wie auf den sozialen Medien.
4 von 5 ★
Eine Zusammenstellung aller Texte der 73. Berlinale findest du hier.
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