Review27. Februar 2023 Cineman Redaktion
Berlinale 2023: «Infinity Pool»: Die Entfesselung der oberen Zehntausend
Ein Urlaub der Superreichen wird zum Albtraum. Oder? Brandon Cronenberg nimmt das Publikum mit auf eine groteske, brutale und zermürbende Reise in eine Welt, in der Geld einfach alles kaufen kann – solange man auf der richtigen Seite steht.
«Infinity Pool»: Die Entfesselung der oberen Zehntausend
Brandon Cronenberg | 118 Min.
Ein Text von Maria Engler
Der erfolglose Schriftsteller James Foster (Alexander Skarsgård) macht mit seiner superreichen Ehefrau Em (Cleopatra Coleman) Urlaub in einem Luxusresort. Hohe Mauern und Sicherheitspersonal schützen die Gäste vor der mittellosen Gesellschaft ausserhalb des Luxushotels. Die beiden lernen ein anderes Paar kennen, mit dem sie verbotenerweise einen Ausflug unternehmen. Auf der nächtlichen Rückfahrt überfährt James einen Passanten und muss sich plötzlich der brutalen Gesetzgebung des Landes stellen.
«Infinity Pool» wartet mit einer irrwitzigen Prämisse auf, in der «Auge um Auge, Zahn um Zahn» extrem ernst genommen wird. In dem fiktiven Urlaubsland herrscht eine archaische Gesetzgebung, nach der die Familie eines Opfers dessen Mörder umbringen kann. Doch eine grosse Summe Geld kann ein Schlupfloch kaufen – eine identische Kopie des Täters inklusive Persönlichkeit und Erinnerungen wird erschaffen und anstelle des Originals gemeuchelt. In Anwesenheit des wahren Täters.
Brandon Cronenberg erschafft eine grausame, bizarre Welt, in der Superreiche einen Freibrief für ihre Verbrechen bekommen – der teure Klon muss ja schliesslich für die Sünden büssen. Was folgt, ist eine Tour de Force zwischen moralischem Verfall, Ekstase, Verrat und Demütigung, die es nicht nur auf die körperliche und seelische Zerstörung ihres Protagonisten, sondern auch auf die Zerrüttung des Publikums abgesehen hat. Schlimmer als der explizite Gore des Films sind nur die exponentiell wachsenden moralischen Abgründe.
«Infinity Pool» verhandelt dabei nicht nur klug und äusserst konsequent ethische Fragen und zieht dabei permanent Parallelen zu unserer Gegenwart, sondern spielt auch das individuelle Leiden seiner Figuren in allen Registern durch. Alexander Skarsgård wandelt dabei mühelos und überzeugend zwischen Überlegenheit und bodenloser Demütigung, während Mia Goth vor allem zum Ende hin eine absolut entfesselte Performance hinlegt, wie es sie schon lange nicht mehr zu sehen gab. Ein grausamer, aber extrem fesselnder Film, den Genre-Fans sich nicht entgehen lassen sollten.
5 von 5 ★
Eine Zusammenstellung aller Texte der 73. Berlinale findest du hier.
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