Review15. Mai 2018 Irina Blum
«Deadpool 2»: Sprüche-Klopfen für Fortgeschrittene
Heiss ersehnt und noch immer zügellos: Auch im zweiten Deadpool-Film sorgt der wenig zimperliche Titelheld für Abwechslung im manchmal allzu glatten und kalkulierten Superheldengenre. Wer den rotzig-frechen ersten Teil geliebt hat, kommt im neuen Abenteuer abermals auf seine Kosten.
Filmkritik von Christopher Diekhaus
Der sonst so vorlaute Ex-Söldner Wade Wilson alias Deadpool (der außerdem als Produzent und Koautor involvierte Ryan Reynolds) erlebt den persönlichen Super-GAU, als seine große Liebe Vanessa (Morena Baccarin) von einem rachsüchtigen Gangster erschossen wird. Tief getroffen beschließt der Sprücheklopfer, seinem Leben ein Ende zu setzen, und sprengt sich in die Luft.
Dank seiner Selbstheilungskräfte und der Unterstützung des Stahlriesen Colossus (Stefan Kapičić) landet der Gebrochene nur wenig später als Trainee in einer X-Men-Truppe, die irgendwann zu einem Waisenhaus gerufen wird, um dort den tobenden, mit Feuerbällen um sich werfenden Mutanten Russell (Julian Dennison) zu beruhigen. Deadpools forsches Auftreten lässt allerdings die Lage eskalieren und führt in letzter Konsequenz dazu, dass er und der Jugendliche in ein Hochsicherheitsgefängnis verfrachtet werden. Den finsteren Ort sucht eines Tages auch der durch die Zeit reisende, kybernetische Krieger Cable (Josh Brolin) auf, der Russell offenbar an den Kragen will.
Dass der ganz große Überraschungseffekt nach dem lässig-launigen ersten Deadpool-Abenteuer etwas verpufft, lässt sich nicht vermeiden. Dennoch legt David Leitch («Atomic Blonde»), der das Regiezepter von Tim Miller übernahm, eine dynamisch inszenierte, freche und vor selbstreflexiven Anspielungen nur so strotzende Actionsause hin.
Wie schon im Vorgänger durchbricht die von Ryan Reynolds herrlich sarkastisch verkörperte Titelfigur immer wieder die vierte Wand, um sich mit ihren augenzwinkernden Kommentaren direkt an den Zuschauer zu wenden. Andere Superhelden – vor allem Wolverine – bekommen fortlaufend ihr Fett weg. Hollywood-Gesetze werden mit großer Lust durch den Kakao gezogen. Und auch die eigene Dramaturgie bleibt nicht von Seitenhieben verschont.
Drehbuchvereinfachungen sind schlichtweg Schönheitsfehler in einer unterhaltsam-scharfzüngigen, musikalisch schmissig begleiteten Ryan-Reynolds-Show.
«Deadpool 2» feuert in alle Richtungen, schießt dabei manchmal am Ziel vorbei, setzt aber erneut einen prägnanten Farbtupfer auf die Landkarte der bisweilen etwas zu braven Comic-Verfilmungen. Während Kämpfe woanders eher unblutig geraten, geht es hier ans Eingemachte, obschon die Brutalitäten stets ein wenig überzeichnet sind. Die Handlung ist sicher keine große Offenbarung, bringt allerdings auf recht amüsante Weise verschiedene Stimmungen zusammen und schlägt gerade in der zweiten Hälfte einige interessante Haken.
Bei der Charakterzeichnung wäre – etwa im Fall des misshandelten Mutanten Russell – mehr Feinschliff wünschenswert gewesen. Drehbuchvereinfachungen wie diese entwickeln sich jedoch nicht zu einem Stimmungskiller, sondern sind schlichtweg Schönheitsfehler in einer unterhaltsam-scharfzüngigen, musikalisch schmissig begleiteten Ryan-Reynolds-Show.
4 von 5 ★
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