Review8. Mai 2024 Cineman Redaktion
Sky Show-Kritik: «The Tattooist of Auschwitz»: Fürs Leben gezeichnet
Die Holocaust-Miniserie «The Tattooist of Auschwitz» kommt mit allem Drum und Dran daher. Hollywoodstars wie Harvey Keitel in der Hauptrolle, die Legende Hans Zimmer komponierte die Filmmusik und der Titelsong wird von keiner Geringeren als Barbra Streisand gesungen. Wir verraten dir, ob sich ein Blick in die Dramaserie bei Sky Show deshalb schon lohnt.
Der slowakische Jude Ludwig Eisenberg (Jonah Hauer-King) wird 1942 nach Auschwitz deportiert. Dort wird er bald als Tätowierer rekrutiert, der Identifikationsnummern auf die Arme anderer Gefangener tätowiert. Dieser Job kommt mit gewissen Privilegien, wie ihm vom Nazi-Offizier Baretzki (Jonas Nay) erklärt wird, der bald auch bedenklichere Aufgaben für den Inhaftierten findet. Als Lale eines Tages die junge Gita (Anna Próchniak) tätowiert, fragt sie ihn überraschend, ob er während der Arbeit beten würde. So beginnt eine schier unmögliche Liebesgeschichte.
Die Miniserie «The Tattooist of Auschwitz» basiert auf dem 2018 erschienenen, gleichnamigen Bestseller der neuseeländischen Schriftstellerin Heather Morris, die sich drei Jahre lang mit Lale Sokolov, wie sich Eisenberg nach dem Krieg nannte, traf und bis zu seinem Tod seine Geschichte niederschrieb. Die Serie spielt zum Teil in der Gegenwart und zeigt das Gespräch zwischen Heather (Melanie Lynskey) und dem inzwischen über 80-jährigen Lale (Harvey Keitel). Seine Vergangenheit wird uns in Rückblenden gezeigt, in denen der junge Lale vom Prinz Eric-Darsteller aus dem letztjährigen Disney-Hit «Arielle, die Meerjungfrau» Jonah Hauer-King gespielt wird.
Das ständige Hin und Her zwischen Gegenwart und Vergangenheit ist aber genau das Problem dieser Miniserie. Die Rückblenden sind spannend, die Ereignisse im Konzentrationslager sind unerwartet. Lales privilegierte Position gibt ihm Zugang zu einer besseren Unterkunft und mehr Nahrungsmitteln. Sie ermöglicht ihm auch, Gita zu besuchen und als diese an Typhus erkrankt, beschafft er ihr von einem Dr. Mengele ähnelnden Arzt heilende Medikamente. Hans Zimmers Soundtrack ist eindringlich und die sporadischen Portraits der Lagerinsassen, die gerade ihren Tod gefunden haben, sind tief bewegend.
Aber dann schneiden wir zurück in die Gegenwart, zu Heather (Lynskey trägt eine der hässlichsten blonden Perücken) und Lale, wie sie bei Kaffee und Biskuits auf dem Sofa in seiner Wohnung in Australien sitzen. Lale wird zwar immer noch vom Geist seines Nazi-Vorstehers Baretzki heimgesucht. Aber dieses Stilmittel wird nicht genug erforscht, um den Szenen in der Gegenwart mehr Leben einzuhauchen. Keitel und Lynskey sind beide grossartige Schauspieler:innen, aber ihre Rollen haben einfach nicht genug Vielschichtigkeit.
Seit Jonathan Glazers Film «The Zone of Interest» letztes Jahr das Nazi-Filmgenre beinahe neu erfunden hat, sind unsere Erwartungen an eine Geschichte über die Gräueltaten des Holocaust hoch. «The Tattooist of Auschwitz» erzählt eine interessante, bisher unbekannte Geschichte eines Mannes, der die Privilegien nutzt, die ihm die Nazis geben, um mit seiner Freundin das Konzentrationslager zu überleben, der aber die daraus resultierenden Schuldgefühle nie abschütteln kann.
Lale schämt sich und zögert, Heather die ganze Wahrheit über die Gräueltaten zu erzählen, die er vielleicht nicht verursacht, aber auch nicht verhindert hat. Genauso scheint sich die Serie davor zu fürchten, Lale in einem negativen Licht zu zeigen und erzählt deshalb lieber eine oberflächlichere Geschichte, als dieser Figur mehr Tiefe zu geben.
3.5 von 5 ★
«The Tattooist of Auschwitz» ist seit dem 8. Mai auf Sky Show verfügbar.
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