Article15. Januar 2024 Cineman Redaktion
Von Finsternis umgeben: 5 Gründe, die Sky Show-Serie «True Detective: Night Country» zu schauen
Die atmosphärische Anthologie-Serie «True Detective» ist zurück! Trotz einiger konkreter Verweise auf die gefeierte erste Staffel ist beim vierten Mal einiges anders: «True Detective: Night Country» ist das Baby von Issa López, die Serienschöpfer Nic Pizzolatto als kreatives Mastermind ersetzte. Wir haben fünf Gründe zusammengetragen, warum du die neue Staffel nicht verpassen solltest.
1. Düsternis am Ende der Welt: Setting und Stimmung
Schon in den ersten drei Staffeln waren die Schauplätze nie bloss austauschbare Hintergründe, sondern stets feste Bestandteile der Erzählung. Nicht anders sieht es in «True Detective: Night Country» aus. Nach Louisiana, einer kalifornischen Industriestadt und dem Hochland der Ozarks verschlägt es uns in der vierten Runde in den hintersten Winkel von Alaska, in ein fiktives, von Schnee bedecktes Städtchen namens Ennis, das am Ende der Welt zu liegen scheint.
Ungemütlich ist es hier, alles andere als menschenfreundlich. Und noch dazu setzt die Handlung ausgerechnet am 17. Dezember ein, dem Tag des letzten Sonnenuntergangs. Nördlich des Polarkreises herrscht von nun an für mehrere Monate Finsternis, was die Gemüter der Menschen nicht unbedingt erhellt. Die perfekte Stimmung für eine Krimiserie, die vom plötzlichen Verschwinden mehrerer Wissenschaftler aus einer einsam gelegenen Forschungsstation erzählt.
2. Frauen an die Front: Weibliche Perspektive
Stand «True Detective» bislang für brodelnde Männlichkeitsstudien, übernehmen dieses Mal die Frauen das Zepter. Das Verschwinden der acht Forscher, mit dem die vierte Staffel beginnt, bereitet zwei – natürlich komplett unterschiedlichen – Ermittlerinnen Kopfzerbrechen. Auf der einen Seite steht Liz Danvers (Jodie Foster), die energische, von den meisten Kolleg:innen gehasste Polizeichefin von Ennis, die sich privat mit ihrer rebellierenden Stieftochter Leah (Isabella Star LaBlanc) herumschlägt.
Grosses Interesse an dem rätselhaften Fall zeigt auch die Polizistin Evangeline Navarro (Kali Reis), mit der Danvers früher ein Team bildete. Beide Frauen haben traumatische Erfahrungen gemacht, brauchen aber freilich eine ganze Weile, bis sie bereit sind, sich der anderen zu öffnen. Showrunnerin Issa López schickt uns mit zwei durchaus komplex angelegten Figuren auf eine Reise in die Finsternis Alaskas.
3. Jodie Foster als ruppige Chefermittlerin
Wer Jonathan Demmes «Das Schweigen der Lämmer» kennt, dürfte sich beim Anblick von «True Detective: Night Country» an diesen Klassiker des Serienkillerfilms erinnert fühlen. Spielte Jodie Foster darin eine FBI-Anwärterin, die auf die Hilfe eines hochintelligenten Mörders angewiesen ist, gibt sie in der Anthologie-Serie nun den alten Hasen, der einen jungen Polizisten (Finn Bennett) von einer Aufgabe zur nächsten scheucht. Ihre Liz Danvers ist sicher keine klassische Sympathieträgerin. Im Gegenteil: Immer wieder stösst sie ihre Mitmenschen vor den Kopf, trägt ihre schlechte Laune offen zur Schau und hat keine Angst, unbequeme Entscheidungen zu treffen.
Die Falten der uneitlen Foster passen wunderbar zur Rolle der verbitterten Polizeichefin, die ihr Trauma von sich zu schieben versucht. Mit der nötigen Härte, aber auch einer überraschenden Wärme in manchen Augenblicke erschafft die zweifache Oscar-Preisträgerin eine vielschichtige Protagonistin, der man bei der Lösung ihres Falls und der Auseinandersetzung mit ihrer Kollegin Evangeline und ihrer Stieftochter Leah gerne zuschaut. Ebenfalls top: die Performance von Ex-Boxweltmeisterin Kali Reis, die Navarro mit einer spannenden Mischung aus Wut, Körperlichkeit und Verletzlichkeit versieht.
4. Wir waren zuerst hier! Die indigene Perspektive
«True Detective: Night Country» spielt am nördlichsten Zipfel von Alaska und vergisst erfreulicherweise nicht, den Nachfahren der Ureinwohner:innen etwas Raum zu geben. Navarro hat indigene Wurzeln. Leah setzt sich mehr und mehr mit ihrer Iñupiat-Herkunft auseinander. Und generell fängt die Serie die Enttäuschung der indigenen Bevölkerung ein, die sich von einem Bergwerk, dem grössten Arbeitgeber der Stadt, verraten sieht.
Die Verschmutzung des Wassers zieht immer neue Fehlgeburten nach sich, ohne dass sich irgendjemand wirklich um dieses Problem kümmern würde. Die Folge sind Proteste, bei denen die indigenen Mitglieder in der ersten Reihe stehen. Spannende Aspekte, die Schöpferin Issa López zwar nicht restlos überzeugend in ihren Krimiplot einbaut, die dem Fall aber doch eine besondere Facette verleihen.
5. Mehr als ein Krimi? Das Übernatürliche
Mehr noch als die erste «True Detective»-Staffel spielt die vierte Runde der Anthologie-Serie mit den Möglichkeiten des Metaphysischen. In Ennis, so heisst es ständig, seien die Toten stets präsent. Erst recht in der winterlichen Dunkelheit. Während Liz Danvers einzig ihrem Verstand vertrauen will, glaubt Evangeline Navarro fest an die Welt der Geister und fühlt sich von einem Familienfluch verfolgt. Könnte auch das Verschwinden der Wissenschaftler irrationale Gründe haben?
Issa López streut in ihre Inszenierung jedenfalls regelmässig unheimliche Elemente ein. Den ein oder anderen eher plumpen Schockeffekt hätte es nicht gebraucht. Und stellenweise übertreibt es «True Detective: Night Country» mit der Symbolik (Kenner:innen der ersten Staffel werden altbekannte Zeichen entdecken). Durch die Verbindung von Krimi und Grusel gewinnt die Serie allerdings auch an Atmosphäre und hebt sich von konventioneller Genreware ab.
3.5 von 5 ★
«True Detective: Night Country» ist ab dem 15. Januar auf Sky Show verfügbar.
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