Article13. März 2023 Cineman Redaktion
Von wegen abgeschrieben! 8 starke Schauspielcomebacks
Heute im Rampenlicht, gefeiert und geliebt. Morgen hart angegangen, belächelt oder schlicht vergessen. Das Auf und Ab im Filmbusiness bekommen viele Schauspielerinnen und Schauspieler am eigenen Leib zu spüren. Immer wieder gibt es diese Momente, wo man denkt: Sie oder ihn würde ich gerne mal wieder in einer besonderen Rolle sehen. Glücklicherweise ist der Weg zurück nicht zwangsläufig verbaut. Nach Brendan Frasers Mega-Revival in Darren Aronofskys Drama «The Whale» wollen wir uns acht darstellerischen Comebacks widmen, die uns mitgerissen, verzaubert oder einfach nur verblüfft haben.
Ein Artikel von Christopher Diekhaus
1. Gloria Swanson verarbeitet eigene Erlebnisse in «Boulevard der Dämmerung» (1950)
Für nicht wenige Schauspielerinnen und Schauspieler läutete der Übergang vom Stumm- zum Tonfilm einen dramatischen Karriereeinbruch ein. Besonders betroffen: die einst als Star gefeierte Gloria Swanson, die ab Mitte der 1930er-Jahre immer mehr aufs Abstellgleis geriet. 1941 erschien mit «Father Takes a Wife» ihr letzter Kinofilm vor dem grossen Comeback, das unter der Regie Billy Wilders entstand. «Boulevard der Dämmerung» (1950) katapultierte die US-Darstellerin schlagartig ins kollektive Bewusstsein zurück und brachte ihr, verdient, ihre dritte Oscar-Nominierung ein.
Bezeichnenderweise scheint das sarkastische, Hollywood den Spiegel vorhaltende Drama von ihren eigenen Erfahrungen zu handeln. Wohl ganz bewusst besetzte Wilder Swanson in der Rolle der fiktiven Stummfilmdiva Norma Desmond, die einen mittellosen Drehbuchschreiber (William Holden) einspannt, um endlich wieder ins Scheinwerferlicht zu treten. Ein Unterfangen, das – natürlich – keinen guten Ausgang nimmt.
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2. Judy Garland trumpft in «A Star Is Born» (1954) noch einmal auf
In den 1930er-Jahren mauserte sich Judy Garland zum Kinderstar und schrieb sich dank ihrer Mitwirkung am Filmmusical «The Wizard of Oz» (1939) in die Kinogeschichte ein. Schon früh erlebte sie aber auch die Schattenseiten des Ruhms: Drogen, Medikamente, Alkohol, Nervenzusammenbrüche und Querelen bei Dreharbeiten liessen ihren Stern ab Mitte der 1940er-Jahre rasant sinken. 1950 stand sie letztmals für das MGM-Studio vor der Kamera, das ihren Karriereweg bis dahin eng begleitet hatte.
Nach einem längeren Rückzug auf die Bühne feierte sie mit Unterstützung ihres dritten Ehemannes und Managers Sidney Luft 1954 ihre Rückkehr auf die grosse Leinwand. Und das nicht in irgendeinem Film, sondern in George Cukors Neuverfilmung des Klassikers «A Star Is Born», in dem Garland, wie passend, mit viel Verve eine Nachwuchssängerin auf dem Weg in den Olymp verkörpert. Viele Filme drehte der einstige Kinderstar im Anschluss nicht mehr. Von ihrem Können und ihrer Aura legte sie in Cukors Melodram allerdings noch einmal eindrucksvoll Zeugnis ab.
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3. «Pulp Fiction» (1994) bietet John Travolta eine grosse Bühne
Vieles könnte man sagen über die lässigen Dialoge, den absurden Humor und die clevere Erzählweise von Quentin Tarantinos 1990er-Jahre-Klassiker «Pulp Fiction». Interessant ist für uns aber vor allem eins: das Comeback des ehemaligen Publikumslieblings John Travolta. Mit den Tanzfilmen «Saturday Night Fever» (1977) und «Grease» (1978) quasi über Nacht zum Star und Hoffnungsträger aufgestiegen, erlebte er in den 1980er-Jahren einen von mehreren Kassenflops begleiteten Karriereknick.
Ausgerechnet als in Alltagsphilosophie verfallender Auftragsmörder Vincent Vega lieferte er in Tarantinos schwarzer Gangsterkomödie einen furiosen, mit viel Selbstironie garnierten Auftritt ab. Unvergesslich: die heisse Sohle, die Travolta mit Kollegin Uma Thurman im Film zu Chuck Berrys «You Never Can Tell» aufs Parkett legt.
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4. Mickey Rourke steht als «The Wrestler» (2008) wieder auf
Und noch ein Fall von «Fiktion und Realität überschneiden sich»! In den 1980er-Jahren konnte Mickey Rourke im Kino vermehrt auf sich aufmerksam machen, etablierte sich mit Filmen wie «9 ½ Wochen» (1986) als neues Sexsymbol. Anfang der folgenden Dekade lief es dann jedoch deutlich schlechter. Kurzerhand schwenkte der schon in jungen Jahren mit dem Boxsport in Berührung gekommene Darsteller um und wollte sich fortan als Profi im Ring versuchen. Acht Kämpfe und diverse Verletzungen später suchte Rourke nach einem Rückweg auf die grosse Leinwand, musste sich zunächst aber mit Nebenrollen und B-Movies zufriedengeben.
Für etwas Aufsehen sorgte bereits seine Performance in der ästhetisch ambitionierten Comicverfilmung «Sin City» (2005). Uns alle wirklich überraschen konnte er indes erst mit seiner auch körperlich herausfordernden Darbietung in Darren Aronofskys Sportlerdrama «The Wrestler», in dem er als abgewrackter, von seiner Karriere schwer gezeichneter Showkämpfer einen letzten Comeback-Versuch unternimmt. Schauspieler und Figur sind hier auf spannende Weise miteinander verschränkt, was dem Film eine immer wieder schmerzhafte Ausdruckskraft verleiht. Besser hätte man die Rolle definitiv nicht besetzen können!
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5. Jamie Lee Curtis wieder in ihrem Horrorelement in «Halloween» (2018)
Tochter der beiden Hollywood-Legenden Janet Leigh und Tony Curtis und in jungen Jahren selbst schon ein Star, zumindest im Horrorgenre: Mit John Carpenters Slasher-Klassiker «Halloween – Die Nacht des Grauens» (1978) etablierte sich Jamie Lee Curtis als erste Scream-Queen des Schauerkinos. Dass sie auch gänzlich andere Rollen spielen kann, demonstrierte sie im weiteren Verlauf ihrer Karriere immer wieder, etwa in der herrlich absurden Gaunerkomödie «Ein Fisch namens Wanda» (1988). Da sie ab Mitte der 1990er-Jahre auch als Kinderbuchautorin in Erscheinung trat und sich zudem mehr auf ihre Familie konzentrieren wollte, wurden die grossen Auftritte Schritt für Schritt weniger.
Ab 2015 kehrte die Horror-Ikone mit der TV-Serie «Scream Queens» zu ihren Wurzeln zurück. Noch mehr Beachtung fanden freilich ihre Darbietungen in der mit «Halloween» (2018) gestarteten neuen Horrortrilogie im Geiste Carpenters, in der sie noch einmal als gealterte und abgehärtete Laurie Strode zu sehen ist. Auch wenn die Filme selbst nicht immer überzeugen, sorgt Jamie Lee Curtis mit ihrer Präsenz für einige Gänsehautmomente.
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6. Winona Ryder rehabilitiert sich spätestens mit «Stranger Things» (2016-heute)
Erste Aufmerksamkeit zog Winona Ryder mit unangepassten Rollen auf sich, durfte ihre Vielseitigkeit aber schon im Verlauf der 1990er-Jahre unter Beweis stellen. Schlagzeilen schrieb sie nicht nur aufgrund ihrer turbulenten Beziehung mit Johnny Depp. Auch ihre 2002 erfolgte Verurteilung wegen mehrfachen Ladendiebstahls brachte ihr einiges an negativer Presse ein. Im Anschluss machte sie sich rar und trat erst ab 2006 wieder vermehrt vor der Kamera in Erscheinung.
Obwohl sie von da an regelmässig engagiert wurde und in einigen interessanten Arbeiten, etwa dem Ballettschocker «Black Swan» (2010), auftrat, darf man ihren Zuschlag für eine der Hauptrollen in der gefeierten Netflix-Serie «Stranger Things» als das wahre grosse Comeback bezeichnen. Die von ihr eindringlich verkörperte Joyce Byers wird vom Verschwinden ihres jüngsten Sohnes Will umgetrieben und lässt sich von Beschwichtigungen nicht in die Irre führen.
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7. Ke Huy Quan schnappt sich für «Everything Everywhere All at Once» (2022) den Oscar
Mit sieben Auszeichnungen bei elf Nominierungen entpuppte sich das Indie-Scifi-Drama «Everything Everywhere All at Once» um eine chinesisch-stämmige Waschsalonbesitzerin, die, zusammen mit anderen Versionen ihrer selbst, das Multiversum vor seiner Zerstörung bewahren muss, als der grosse Gewinner der Oscarverleihung 2023. Jubeln durfte dabei auch der in Vietnam geborene, in jungen Jahren mit seiner Familie in die USA übergesiedelte Ke Huy Quan, der als bester Nebendarsteller ausgezeichnet wurde. Mit «Indiana Jones und der Tempel des Todes» (1984) und «The Goonies» (1985) landete er früh in seiner Schauspielkarriere in prestigeträchtigen Produktionen.
Anschliessend fiel es ihm jedoch immer schwerer, in den Vereinigten Staaten Rollenengagements zu ergattern. Seine im Zuge dieser Erfahrungen vorerst beendete Darstellerkarriere kurbelte er 2022 völlig überraschend mit seiner famosen Performance als verpeilter, existenzialistisch eingestellter Ehemann der Protagonistin von «Everything Everywhere All at Once» an. In Zukunft sollten wir von Ke Huy Quan wieder etwas mehr sehen.
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8. Brendan Fraser trotzt mit «The Whale» (2022) allen Rückschlägen
Aufgehört zu arbeiten hat er nie. Dafür dass er sich Ende der 1990er-Jahre, vor allem mit der Actionkomödie «Die Mumie» (1999), als sympathischer Blockbuster-Held empfahl, wurde es in der Folgezeit aber verdammt still um Brendan Fraser, den es ab 2015 nur noch ins Fernsehen zog. Die Gründe für seine Abkehr vom grossen Filmgeschäft sind vielfältig. Verletzungen, die aus früherer Stuntarbeit hervorgingen, machten ihm zu schaffen. 2018 gab er preis, dass er viele Jahre zuvor von Philip Berk, dem einstigen Präsidenten der Hollywood Foreign Press Association, sexuell belästigt worden sei. Überdies stürzten ihn seine Scheidung und der Tod seiner Mutter in eine Depression.
Schon bei der Weltpremiere von Darren Aronofskys Film «The Whale» in Venedig überboten sich die Kritiker teilweise mit Lobeshymnen. Und tatsächlich: Fraser gelingt es, die potenziell karikaturenhafte Rolle eines schwer adipösen Mannes mit dem nötigen Feingefühl zu versehen, uns ehrlich zu berühren und dadurch manche Schwäche des Films auszugleichen. Wie viel Fraser der Gewinn des Oscars in der Kategorie «Bester Hauptdarsteller» bedeutet, war bei der Verleihung am 12. März 2023 zu sehen und zu hören, als er mit aufgeregter Stimme spürbar bewegt seine Dankesrede hielt. Ein Hollywood-Märchen, an das man vor ein paar Jahren nicht im Traum gedacht hätte…
«The Whale» ist ab dem 16. März 2023 im Kino zu sehen.
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