Article25. Mai 2022 Cineman Redaktion
5 Gründe, den Netflix-Dokumentarfilm «Der Fotograf und der Postbote: Der Mord an José Luis Cabezas» zu schauen
Die brutale Ermordung des Fotoreporters José Luis Cabezas am 25. Januar 1997 in der Nähe des Nobelbadeortes Pinamar erschüttert die argentinische Gesellschaft und führt zu landesweiten Demonstrationen für Gerechtigkeit und gegen das Vergessen.
Text von Christopher Diekhaus
Die Hintergründe dieses spektakulären Verbrechens beleuchtet nun der Netflix-Dokumentarfilm «Der Fotograf und der Postbote: Der Mord an José Luis Cabezas» von Alejandro Hartmann. Warum sich ein Blick lohnt, wollen wir anhand fünf Gründen erläutern.
Hinweis: Der folgende Text verrät Details aus dem Film «Der Fotograf und der Postbote: Der Mord an José Luis Cabezas».
1. Viele Gesprächspartner
Vor seiner Kamera lässt der Regisseur zahlreiche Beteiligte, darunter einen engen Kollegen des Mordopfers und Eduardo Duhalde, den damaligen, eine undurchsichtige Rolle spielenden Gouverneur der Provinz Buenos Aires, zu Wort kommen und ihre Sicht der Dinge darlegen. Ergänzt werden diese Äusserungen durch Archivmaterial. Angesichts der ständig wechselnden Personen fällt es anfangs nicht ganz leicht, sich zu orientieren. Nach kurzer Zeit findet man sich aber immer besser zurecht. Hier und da hätte Alejandro Hartmann ruhig kritischer an seine Gesprächspartner, besonders Duhalde, herantreten können. Das Kaleidoskop an Stimmen und Einordnungen gewährt dem Zuschauer jedoch einen guten Zugang zu dem komplexen, bis in höchste Regierungskreise führenden Fall.
Was wäre einen Gesellschaft ohne mutige Menschen wie ihn?
2. Spiegelbild argentinischer Missstände
Der Mord an José Luis Cabezas ist, so wird es im Film betont, nicht nur ein abscheuliches Verbrechen, sondern legt auch gesellschaftliche und politische Missstände innerhalb Argentiniens offen. Dass ein Journalist auf brutale Weise entführt, misshandelt und exekutiert wird, erschüttert das südamerikanische Land in seinen Grundfesten und lässt beunruhigende Kontinuitäten von der finstere Epoche der Militärdiktatur (1976-1983) zum demokratischen System hervortreten. Vetternwirtschaft und eine unheilvolle Verquickung wirtschaftlicher Grössen mit der regierenden Elite unter dem damaligen Präsidenten Carlos Menem kommen durch den Fall Cabezas ebenfalls zum Vorschein. Manche Aspekte und Zusammenhänge werden sicherlich etwas zu verknappt behandelt. Als Ausgangspunkt für eigene Recherchen eignet sich Alejandro Hartmanns Aufarbeitung aber allemal.
3. Hartnäckige Journalisten
Auch wenn José Luis Cabezas seine Hartnäckigkeit als Reporter und seinen Drang, unschöne Wahrheiten aufzudecken, mit dem Leben bezahlt, zeigt der Dokumentarfilm, wie wichtig eine freie, genau hinschauende Presse ist. Verschleierungstaktiken können in diesem Fall nicht greifen, weil Journalisten trotz Todesdrohungen tiefer bohren, unbequeme Fragen stellen und Verbindungen enthüllen, die zur Klärung des Verbrechens beitragen. Auch Cabezas‘ enger Kollege, der wahrscheinlich nur durch einen Zufall ungeschoren davonkommt, lässt sich von der möglichen Gefahr nicht abschrecken. Was wäre einen Gesellschaft ohne mutige Menschen wie ihn?
Welchen Schmerz und welche Wut seine Hinrichtung in seinem engsten Umfeld hinterlässt, wird schliesslich besonders in den Aussagen seiner Witwe und seiner Eltern deutlich.
4. Spannend erzählt
In der Gestaltung des Films setzt der Regisseur nicht auf unkonventionelle Einfälle, sondern auf vertraute Mittel – Interviews, Archivaufnahmen und kurze nachgestellte Einspieler. «Der Fotograf und der Postbote: Der Mord an José Luis Cabezas» erzeugt dennoch, vor allem in der zweiten Hälfte, wenn mit dem schattenhaften, angeblich mafiösen Unternehmer Alfredo Yabrán der Drahtzieher des Verbrechens in den Fokus rückt, eine krimiartige Spannung, die sich langsam bis zu einem unerwarteten Wendepunkt steigert. Manchmal wähnt man sich tatsächlich in einem Gangsterfilm mit Hollywoodscher Prägung, mit dem einige Beteiligte das Verbrechen und seine Hintergründe selbst vergleichen.
5. Raum für das Opfer
In seiner Nachzeichnung des Falls hat Alejandro Hartmann zum Glück nicht nur einen Blick für den Mord, seine grausigen Details und die Frage nach den Tätern. Immer wieder sehen wir auch Videoaufnahmen des Toten, der vor der Kamera oft als Spassvogel agiert, und erhalten kurze Einblicke in seine Arbeitsweise, die Art, wie er Menschen aus einer erhöhten Position ablichtet und so kraftvolle Bilder erschafft. Welchen Schmerz und welche Wut seine Hinrichtung in seinem engsten Umfeld hinterlässt, wird schliesslich besonders in den Aussagen seiner Witwe und seiner Eltern deutlich.
Wer Lust bekommen hat, sich die Serie anzuschauen, findet nachfolgend den Trailer und die Verlinkung zu Netflix.
«Der Fotograf und der Postbote: Der Mord an José Luis Cabezas» (106 min) ist auf Netflix verfügbar.
Vous devez vous identifier pour déposer vos commentaires.
Login & Enregistrement