Critique19. Mai 2024 Cineman Redaktion
Arte-Kritik: «Samuel»: Eine Animationsserie über die ersten Gefühle des Heranwachsens
Die Autorin, Regisseurin und Dolmetscherin Emilie Tronche nimmt uns mit in die Welt des 10-jährigen Samuel, der uns auf den Seiten seines Tagebuchs von seinen Gefühlen als Junge an der Schwelle zum Erwachsenwerden erzählt. Wir haben uns die Animationsserie, die auf Arte zu sehen ist, genauer angeschaut.
von Emma Raposo, übersetzt aus dem Französischen
Samuel ist in der fünften Klasse. Bald wird er auf die weiterführende Schule gehen. Aber bis dahin muss er sich mit Klassenkamerad:innen herumschlagen, die nicht alle nach seinem Geschmack sind – vor allem Dimitri, der sich immer aufspielt, und Bérénice, die keine Freunde hat. Es gibt aber auch echte Freunde wie Corentin. Und dann gibt es noch die grosse Julie. Samuel ist heimlich in sie verliebt, seit sie sich im Bus neben ihn gesetzt hat. Aber er ist nicht der Einzige, der in Julie verliebt ist. Samuel schreibt all das und noch mehr in sein Tagebuch – was ihn bedrückt, wütend macht oder inspiriert.
Die Linien sind schwarz und minimalistisch, ohne Schnörkel. Die Schöpferin Emilie Tronche, hat gerade erst ihren Abschluss an der École des Métiers du Cinéma d'Animation in Angoulême gemacht, als sie Samuel erfindet. Sie hat diese Figur so gezeichnet, wie man in sein Tagebuch schreibt. Und obwohl die Figuren wie schnell skizziert, fast schon krakelig wirken, wachsen sie einem schnell ans Herz, so gut gelingt es den Bleistiftstrichen, Mimik und Gefühle einzufangen.
Die Animationsserie, die zum Teil auf autobiografischen Erlebnissen der jungen Regisseurin basiert, erzählt sehr authentisch davon, wie es ist, in den 2000er-Jahren zehn Jahre alt zu sein. Jeder und jede wird sich ein bisschen in den Figuren von Samuel, Dimitri oder Bérénice wiederfinden. Es gibt das zu seltsame Mädchen, den coolen Jungen, der auf dem Schulhof immer schneller als die anderen rennt, das beliebte Mädchen, in das alle verliebt sind, es gibt die verstohlenen Blicke, die ungeschickten Gesten, den Herzschmerz, der gleichbedeutend mit dem Ende der Welt ist, die Nachmittage, an denen man sich Musikvideos im Fernsehen ansieht oder draussen herumhängt.
Die Poesie von «Samuel» liegt nicht nur in den minimalistischen Zeichnungen, die im Kontrast zu effektüberladenen Animationsfilmen stehen, sondern auch in den Stimmen, der Musik und den Tanzeinlagen, die sich durch die 21 Episoden ziehen. Emilie Tronche leiht in der französischen Originalfassung allen Figuren ihre Stimme und lässt sie zu den Klängen der 2000er-Jahre tanzen. Mit viel Nostalgie für diejenigen, die zu Beginn dieses Jahrtausends Teenager waren, erwachen die Figuren auf ganz neue Weise zum Leben. Sie wandern umher und schaffen eine teils komische, teils rührende Atmosphäre, wobei sie die Unbeholfenheit der Kindheit beibehalten.
Das Kunststück ist gelungen. Man wird sofort in den Bann gezogen. Am Ende jeder Episode möchte man wissen, wie es weitergeht. Mit Samuels Liebe zu Julie als rotem Faden fängt die Geschichte Emotionen und Momente ein, die für eine bestimmte Zeit typisch sind, die Essenz eines so wichtigen Lebensabschnitts, den jeder mit mehr oder weniger Zweifeln, Freude und Kummer durchlebt hat. Einfühlsam und berührend.
4.5 von 5★
«Samuel» ist auf arte.tv verfügbar.
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