Critique23. Februar 2023

Berlinale 2023: «Sonne und Beton»: Der Klügere tritt nach

Berlinale 2023: «Sonne und Beton»: Der Klügere tritt nach
© Praesens-Film

Es ist ein hartes Leben zwischen den Plattenbauten in Gropiusstadt in Berlin Neukölln – Autor Felix Lobrecht weiss, wovon er spricht, schliesslich verbrachte er seine Kindheit und Jugend selbst in diesem Viertel. Mit «Sonne und Beton» läuft jetzt die Verfilmung seines Romans auf der Berlinale, die sich in Sprache und Ästhetik ein wenig vom restlichen Programm abhebt, aber letztendlich genauso ernste Themen verhandelt.

«Sonne und Beton»: Der Klügere tritt nach

David Wnendt | 119 Min.

Ein Text von Maria Engler

Lukas (Levy Rico Arcos) kommt nicht an den Türstehern in der Schule vorbei – er hat seinen Schülerausweis verloren und ohne hat er keine Chance. Dann eben Schwänzen! Mit zwei Freunden will er sich im Park Gras kaufen, doch der Weg durch die Neuköllner Gropiusstadt ist ein Spiessrutenlauf. Nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit einigen arabischen Drogenverkäufern fordern diese eine Menge Geld, das der Teenager nun auftreiben muss – wenn er nicht noch mehr Prügel einstecken will. Zwischen Problemen zu Hause, Stress mit seinen Freunden und einem schlecht geplanten Diebstahl verliert Lukas immer mehr den Überblick.

Wild, bunt und flimmernd startet «Sonne und Beton» und schleudert das Publikum ohne Vorwarnung in einen heissen Sommer der frühen 2000er zurück. Im Fernsehen erzählt Gerhard Schröder von Reformen, die Lukas und seinem Umfeld nichts bringen werden, die Handys haben noch Tasten und die Sonne brennt. Den Flair dieser Zeit fängt Regisseur David Wnendt genauso gut ein wie das verlorene Gefühl der Jugend und die Ausweglosigkeit der Menschen in der Gropiusstadt.

«Sonne und Beton» ist schwer zu ertragen – und diese Unerträglichkeit steigert sich mit jeder vergehenden Filmminute. Das liegt nicht nur an der teilweise schwer zu verstehenden Sprache der Teenager untereinander oder den hirnlosen Männlichkeitsritualen, die nur wenig Gefühle ausser Wut zulassen, sondern an der absoluten Einsamkeit der Figuren und der Ausweglosigkeit der Situationen, in die sie sich hineinmanövrieren. Jedes Mitglied der kleinen Freundschaftsgruppe hat familiäre Probleme, für die es ausser Gewalt oder Flucht keine Lösung zu geben scheint. Die Verhältnisse sind bereits prekär und die Lösungen, die die Teenager finden, führen nur zu grösseren Problemen.

Obwohl der Film unterhaltsam beginnt, wird er bald zu einer langgezogenen Aneinanderreihung von Szene voller Elend und Gewalt, die kein Ende zu nehmen scheint. Der Spass am jugendlichen Leichtsinn und nachvollziehbar dämlichen Entscheidungen der Teenager bleibt zwar eine Weile erhalten, aber irgendwann setzt eine Ermüdung ein, die mit ein paar beherzten Schnitten vermieden werden könnte.

3 von 5 ★

Eine Zusammenstellung aller Texte der 73. Berlinale findest du hier.

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