Critique24. Februar 2024

Berlinale 2024: «Des Teufels Bad»: Die Ausweglosigkeit des Dogmas

Berlinale 2024: «Des Teufels Bad»: Die Ausweglosigkeit des Dogmas
© Berlinale | Ulrich Seidl Filmproduktion | Heimatfilm

Das erfolgreiche Regie-Duo Veronika Franz und Severin Fiala liefert mit «Des Teufels Bad» eine neue österreichische Schauergeschichte. Doch trotz schockierender, wahrer Hintergründe und einer guten Grundidee will keine Spannung aufkommen.

«Des Teufels Bad»: Die Ausweglosigkeit des Dogmas

Veronika Franz, Severin Fiala | Österreich, Deutschland | 121 Min.

Es ist das Jahr 1750 in Oberösterreich, eine unbekannte Frau wird zur Kindermörderin. Kurze Zeit später zieht die zutiefst religiöse Agnes ins Dorf. Sie ist frisch verheiratet und wünscht sich Kinder, doch ihr Angetrauter hat kein Interesse an ihr. Bald verliert sich Agnes mehr und mehr in tiefer Verzweiflung, besucht die für alle ausgestellte Leiche der Mörderin, zieht durch den Wald und sehnt sich schliesslich nach dem Tod. Doch Selbstmörder:innen droht die Hölle.

Das österreichische Regie-Duo Veronika Franz und Severin Fiala überraschte mit seinem Horror-Debüt «Ich seh, Ich seh» 2014 Kritik und Publikum gleichermassen. Sowohl in diesem atmosphärischen Thriller als auch in ihrem US-Debüt «The Lodge» beschäftigen sich die beiden Filmschaffenden mit dem Thema Mutterschaft und den Abgründen der Mutter-Kind-Beziehung. In «Des Teufels Bad» werden die schrecklichen Auswirkungen sichtbar, wenn das ersehnte Mutterglück gar nicht erst eintritt.

Basierend auf historischen Aufzeichnungen aus dem 18. Jahrhundert zeichnet «Des Teufels Bad» ein besonders verstörendes Bild von Frausein und Mutterschaft dieser Zeit. Eingeengt von religiösen und gesellschaftlichen Dogmen sind die Aufgaben der Frau unentrinnbar definiert: Heiraten, Kinder bekommen, Haus und Hof versorgen, dem Mann gehorchen. Obwohl Agnes (intensiv gespielt von der unter dem Namen Soap&Skin bekannten Musikerin Anja Plaschg) sich diesen Aufgaben hingeben und unbedingt ein Kind bekommen will, stösst sie schnell an ihre Grenzen. Ihr frisch Angetrauter ist sexuell inaktiv und lieblos (seine mögliche Homosexualität wird leider nur sehr unterschwellig angedeutet), die Arbeit ist hart und alles geschieht unter dem strengen Blick der Schwiegermutter. Die eigentliche Tragödie ist, dass Agnes sich keinen anderen Lebensweg als Hausfrau und Mutter vorstellen kann, der gesellschaftliche Druck zerquetscht jeden Funken Lebensfreude.

Doch obwohl die Hintergründe und verhandelten Themen hochinteressant sind, gelingt es «Des Teufels Bad» nicht, die Aufmerksamkeit über die volle Laufzeit des Films zu fesseln. Diese Charakterstudie eines psychischen Verfalls ist dabei einerseits schwer zu ertragen, gleichzeitig aber auch schnell redundant und dröge, denn eine emotionale Bindung zu Agnes will sich einfach nicht einstellen. Sie bleibt als Hauptfigur zu blass, es bleibt nicht genug Zeit, sie wirklich kennenzulernen, sodass ihr Leid und ihre Qualen, die den Grossteil des Films einnehmen, kaum mitreissen können.

Es wird ausserdem zu schnell klar, wohin «Des Teufels Bad» steuert – der Anfang des Films gibt unglücklicherweise den Verlauf allzu deutlich vor. Weitere eingestreute Hinweise bekräftigen den Verdacht, der restliche Film ist konsequent und vorhersehbar erzählt und bietet ausser einigen wenigen Schockmomenten wenig Spannung. Interessant wird es erst ganz zum Schluss, wenn das erste Mal die Dorfgemeinschaft in den Fokus rückt. Viel zu oft wird vorher nur gesagt, was die anderen denken, wie sie handeln – hier gibt es zum ersten Mal auch etwas zu sehen! Leider zu spät.

2 von 5 ★

Eine Zusammenstellung aller Texte der 74. Berlinale findest du hier.

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