Critique23. Februar 2024

Berlinale 2024: «Ivo»: Auge in Auge mit dem Tod

Berlinale 2024: «Ivo»: Auge in Auge mit dem Tod
© Berlinale | Adrian Campean

Eva Trobisch greift in «Ivo» aktuelle Themen auf und beschäftigt sich vor allem mit der emotionalen Belastung von Pflegekräften. Ein emotionaler und dennoch rationaler Film mit dem Tod im Fokus.

«Ivo»: Auge in Auge mit dem Tod

Eva Trobisch | Deutschland | 104 Min.

Ivo (Minna Wündrich) arbeitet als ambulante Palliativpflegerin. Täglich ist sie unterwegs und wird mit verschiedenen Krankheiten sowie dem Tod konfrontiert. Sie ist öfter in ihrem Skoda unterwegs als zuhause bei ihrer Tochter. Mit Solveigh, einer Patientin, hat sich eine enge Freundschaft entwickelt und mit ihrem Mann Franz versteht sich Ivo ein bisschen zu gut. Als Solveighs Kräfte nachlassen, soll sie ihr beim Sterben helfen.

«Ivo» gibt Einblicke in viele verschiedene Wohnungen und Lebensumstände in Deutschland. Doch eines haben alle Patient:innen von Ivo gemeinsam: Sie sind krank und werden bald sterben. Eva Trobisch bringt ein zeitgemässes Thema auf die Leinwand, denn der Mangel an Pflegekräften und deren psychische Belastung sind topaktuelle Punkte – dadurch wirkt der Film greifbar.

Die Zuschauer:innen begleiten Ivo auf ihren täglichen Besuchen der Patient:innen und es bleibt unklar, wie sie die nötige Distanz bewahren kann. Es gibt wenige Momente im Film, in denen Ivo Emotionen zulässt. Dadurch wirkt sie unnahbar und kühl. Der zusätzliche Fakt, dass sie mit dem Ehemann einer ihrer Patient:innen schläft – die wohlgemerkt zu einer guten Freundin wurde – verstärkt genau diese Distanz.

Es scheint, als läge die emotionale Last der Welt auf Ivo, aber für ihre Gefühle wäre kein Platz. Sie lässt niemanden wirklich an sich heran. «Ivo» vermittelt aber genau diese Distanz, denn so kurz wie sie auch bei den Patient:innen vorbei schaut, so kurz sind auch die Szenen. Die emotionale Nähe zu Solveigh und Franz wird dagegen durch die längeren Szenen verdeutlicht.

Obwohl der Film einen wahnsinnigen emotionalen Ballast mit sich bringt, begegnet er dem Publikum auf sachlicher Ebene. Eva Trobisch eröffnet mit «Ivo» Einblicke in den Alltag einer ambulanten Palliativpflegekraft. Ein starker Film mit bewusst gewählter Unnahbarkeit.

3.5 von 5 ★

Eine Zusammenstellung aller Texte der 74. Berlinale findest du hier.

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