Critique23. Mai 2024 Cineman Redaktion
Cannes 2024: «The Shrouds»: Künstliche Intelligenz auf Friedhöfen
David Cronenberg hat mit seinen Filmen in der Vergangenheit die Welt gleichermassen schockiert und fasziniert. Mit dem Drama «The Shrouds», das der Regisseur von «Die Fliege» und zuletzt «Crimes of the Future» dieses Jahr auf den Filmfestspielen in Cannes im Gepäck hatte, kann die Liste grosser Produktionen leider nicht einmal ansatzweise fortgeführt werden.
Cannes 2024: «The Shrouds»: Künstliche Intelligenz auf Friedhöfen
David Cronenberg | Frankreich, Kanada | 116 Min.
von Michael Gasch
Der visionäre Geschäftsmann Karsh (Vincent Cassel) leitet einen hochmodernen Friedhof, der mit neuester Technologie ausgestattet ist. Nach dem Ableben seiner Frau (Diane Kruger) besteht fortan nur noch eine technische Verbindung zwischen ihm und der vergrabenen Leiche. Doch dann wird der Friedhof eines Tages Ziel von Vandalismus.
Der Name David Cronenberg steht stellvertretend für Horror der unterschiedlichsten Sorte, Schock, Skandal und visionäres Filmemachen. Die Erwartungen an seinen neuen Film mit dem Titel «The Shrouds» liegen dementsprechend hoch. Es ist schliesslich gerade erst zwei Jahre her, als er diese Elemente in «Crimes of the Future» zuletzt zusammenbrachte.
Anknüpfend an den 2019 erschienenen Kurzfilm «The Death of David Cronenberg» führt er seine Ideen über den Tod in «The Shrouds» weiter. Er setzt sich dabei gleichzeitig mit den Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz und dem Tod auseinander, die insgesamt aber keine runde Einheit abgeben. Schockmomente wie auch Horror bleiben aus, wodurch sich «The Shrouds» wie ein untypischer Cronenberg anfühlt.
Ungünstig ist vor diesem Hintergrund auch die Filmreihenfolge, die auf den Filmfestspielen in Cannes für Verwunderung gesorgt hat. Während am Sonntag die substanzvolle Body-Horror-Perle «The Substance» ihre Premiere feierte und man sich wie in einem Cronenberg alter Schule fühlte, gab der darauffolgende Montag mit dem alles andere als schockierenden «The Shrouds» eine grosse Enttäuschung ab.
Es mag letzten Endes auch daran liegen, dass sich der Regisseur mit dem Thema der künstlichen Intelligenz zu viel auseinandersetzt. Fast schon inkompatibel erscheint dieses sterile Thema mit den anderen düsteren Inhalten seiner Vergangenheit – Sterilität kann man den Cronenbergischen Körperwelten sonst beileibe nicht vorwerfen. Das Ungleichgewicht beider Pole ist in «The Shrouds» traurig mitanzusehen, aber auch ein David Cronenberg kann nach so vielen Hits mal einen Flop landen.
1 von 5 ★
Eine Zusammenstellung aller Texte vom 77. Festival International du Film de Cannes findest du hier.
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