Critique10. März 2024 Maria Engler
Disney+-Kritik: «Shōgun»: Kulturclash im feudalen Japan
Berichterstattung ohne Ende, innerhalb von sechs Tagen bereits 9 Millionen Aufrufe weltweit und Vergleiche mit Erfolgsserien wie «Game of Thrones» – die Disney+-Serie «Shōgun» ist eingeschlagen wie eine Bombe. Für uns ein Grund zu schauen, ob die historisch inspirierte Serie, die im feudalen Japan des 17. Jahrhunderts spielt, wirklich hält, was ihr Erfolg verspricht.
Ein Segelschiff strandet an der Küste Japans, an Bord eine zusammengewürfelte Crew unter der Führung des englischen Steuermanns John Blackthorne (Cosmo Jarvis) kurz vor dem Tod. Ausser den Portugiesen, die den Standort Japans vor den anderen europäischen Mächten geheim halten, hat noch kein Europäer einen Fuss auf die Inseln gesetzt. Blackthorne gerät mitten in einen Machtkampf verschiedener Fürsten, die nach dem Tod ihres Herrschers kurz vor einem Gemetzel zu stehen scheinen. Fürst Yoshi Toranaga (Hiroyuki Sanada) will den englischen Seemann zu seinem Vorteil nutzen, erfährt dann aber Ungeheuerliches über die portugiesischen Christen, die ebenfalls die Herrschaft über Japan erlangen wollen.
Den Inhalt von «Shōgun» knapp zusammenzufassen, ist nicht leicht – auch deshalb, weil die Handlung direkt von Beginn an relativ verschachtelt ist. Wer sich mit dem Herrschaftssystem und den Positionen der Macht im Japan des 17. Jahrhunderts nicht so gut auskennt, wird hier schnell den Überblick verlieren. Obwohl sich die Serie Mühe gibt, Hintergründe zu erklären, ohne zu sehr den Holzhammer zu schwingen, ist die Handlung komplex und die Motive der verschlossenen Protagonist:innen manchmal schwer zu deuten. «Shōgun» ist also nichts für nebenbei – volle Konzentration!
Doch allein für das Setting und die gut recherchierte Darstellung japanischer Kultur und Gesellschaft lohnt sich «Shōgun». Neben wilden japanischen Landschaften und einer Prise Seefahrt gibt es wunderbare Städte, Gebäude, Kostüme und Kämpfe zu bestaunen, denen ein besonderes Augenmerk fürs Detail und historische Akkuratesse anzumerken ist. Für die Serie, die auf James Clavells gleichnamigen Roman aus dem Jahr 1975 basiert, wurde eine ganze Reihe Expert:innen und Trainer:innen engagiert, die für eine realistische und hypnotisierende Welt gesorgt haben, in denen sogar die Bewegungen der Statist:innen bis ins kleinste Detail choreografiert sind.
Spass machen auch die Dialoge, die, typisch für die Darstellung japanischer Kultur, äusserlich vollkommene Höflichkeit, unterschwellig aber brodelnde Wut oder tiefe Demütigung erkennen lassen. Apropos Dialoge: alle japanischen Dialoge sind nicht synchronisiert, sondern untertitelt – ein weiterer Aspekt, der Aufmerksamkeit erfordert.
Generell wird mit den verschiedenen Sprachen etwas verwirrend umgegangen, wie in synchronisierten Fassungen häufig üblich, hier aber eher unpassend – alle Europäer sprechen angeblich Portogiesisch. Je nach ausgewählter Sprachfassung sprechen sie aber tatsächlich Englisch oder wahlweise Deutsch, was das Ganze etwas merkwürdig macht. Im englischsprachigen Original verwirrt Blackthrone auch noch mit einem hörbaren britischen Akzent. Wenn sowieso bereits 75% von «Shōgun» untertitelt sind, hätte man sich auch gleich trauen können, die Europäer ihre jeweiligen Sprachen sprechen zu lassen.
Insgesamt überzeugt «Shōgun» mit einer komplexen, aber spannenden Handlung, die mit Intrigen, Verrat und anderen hinterlistigen Machenschaften gespickt ist, die ihre Figuren herrlich unvorhersehbar machen. Die Einbettung in ein historisches Japan ist nicht nur mitreissend und unterhaltsam, sondern auch lehrreich und spannend und die Ästhetik überzeugt auf der ganzen Linie.
4.5 von 5 ★
«Shōgun» ist seit dem 27. Februar auf Disney+ zu sehen.
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