Critique5. Juni 2024

Filmkritik «Memory»: Der Schmerz der Erinnerung

Filmkritik «Memory»: Der Schmerz der Erinnerung
© Filmcoopi

Michel Francos neuester Film «Memory» überzeugt mit Starpower, Vielschichtigkeit und jeder Menge Gefühl. Und zeigt, dass Liebe auch in trostlosen Situationen gedeihen kann.

Sylvia ist eine alleinerziehende Mutter, hat kaum genug Geld, um sich über Wasser zu halten und kämpft mit ihrer psychischen Gesundheit. Auf einem Klassentreffen begegnet ihr Saul, der an Demenz erkrankt ist und ihr verwirrt nach Hause folgt. Sie glaubt, in ihm einen ihrer Peiniger aus der Schulzeit wiederzuerkennen, doch er kann sich an nichts erinnern. Trotz aller widrigen Umstände bauen die beiden bald eine Beziehung auf.

«Memory», der Titel deutet es bereits an, kreist um das Thema Erinnerung und bettet es in die Geschichten zweier schwer vom Schicksal gebeutelten Menschen ein. Sylvia (Jessica Chastain) wird von ihrer gewaltvollen Vergangenheit geplagt und lebt ein Leben in Angst – ihre Erinnerungen verfolgen sie. Saul (Peter Sarsgaard) sieht sich wiederum mit einer Zukunft konfrontiert, in der er mehr und mehr seine Erinnerungen und damit sein eigenes Ich verlieren wird.

Peter Sarsgaard und Jessica Chastain in «Memory» © Filmcoopi

Regisseur und Drehbuchautor Michel Franco verwebt diese beiden Gegensätze auf meisterhafte Weise und entwickelt eine vielschichtige Geschichte über Menschlichkeit, Familie und Hoffnung. Ein besonders spannender Aspekt ist die Frage, ob Sylvias Erinnerungen an Missbrauch wirklich zutreffen oder nicht – es geht also auch um die trügerische Sicherheit des eigenen Gedächtnisses.

Inmitten all der Traurigkeit und Düsternis von «Memory» entwickelt sich etwas überraschend eine zarte Liebesgeschichte, die schlicht, aber wunderschön erzählt wird. Obwohl die Beziehung aufgrund von Sauls Krankheit unter keinem guten Stern steht, lassen sich die beiden Figuren vollständig darauf ein. Sie klammern sich an die Hoffnung und die Liebe wie an einen Rettungsring – selten in der Filmgeschichte hat man das den Figuren so sehr gegönnt. Ihre Liebe ist ein Silberstreif am Horizont dieses sonst bedrückenden Films.

Szene aus «Memory» © Filmcoopi

Doch trotz all des Schmerzes und Probleme gleitet «Memory» niemals in die vollständige Hoffnungslosigkeit ab und bleibt spannend und sehenswert. Ein Grund dafür sind zweifellos die tiefgründigen Figuren und ihre komplexen Beziehungen. Besonders die Familiengefüge sowohl von Sylvia als auch von Saul bilden ein spannungsvolles Element der Erzählung – was die Auflösung mancher Konflikte umso befriedigender macht.

Sowohl Jessica Chastain als auch Peter Sarsgaard machen in ihrer Darstellung alles richtig und erzeugen mit ihrem zurückhaltenden Schauspiel eine grosse Intensität und Emotionalität. Sie geben «Memory» eine Verankerung in der Realität und eine breite Palette von Gefühlen, die auch nach dem Kinobesuch noch lange nachklingen.

4.5 von 5 ★

«Memory» ist ab dem 05. Juni 2024 im Kino zu sehen.

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