Article11. Oktober 2023 Cineman Redaktion
Kochen für den Feminismus: 5 Gründe, «Eine Frage der Chemie» zu schauen
Welche Wissenschaftlerinnen er kennt, fragt Elizabeth Zott ihren Kollegen Calvin Evans. Er nennt natürlich Marie Curie. Aber dann weiss er nicht mehr, was er sagen soll… «Eine Frage der Chemie» ist eine achtteilige Miniserie, mit der Brie Larson erstmals nach «Taras Welten» (2009-2011) wieder eine Hauptrolle in einer Serie angenommen hat. Wir haben 5 Gründe, warum du die Serie nicht verpassen solltest.
Text von Peter Osteried
1. Starke Vorlage
Der Roman von Bonnie Garmus ist die perfekte Vorlage für eine Miniserie. Er erzählt eine packende Geschichte, die ausgesprochen emotional ist, aber niemals kitschig wird. Vielmehr versteht sie es, eine Zeit heraufzubeschwören, in der das Patriarchat alle Bereiche des Lebens fest im Griff hatte. Dem gegenüber steht eine selbstbewusste Protagonistin, die vom ersten Augenblick an die Sympathien auf sich zieht.
Was für den Roman gilt, gilt auch für die Serienfassung von «Eine Frage der Chemie». Elizabeth Zott ist eine Wissenschaftlerin in den 50er-Jahren, die von keinem ihrer Kollegen ernst genommen wird, aber an grossen Entdeckungen arbeitet. Dr. Calvin Evans wird auf sie aufmerksam, nachdem sie zunächst einen schlechten Start hatten. Er will ihr helfen, aber sie hat Probleme, das zuzulassen.
2. Vielschichtige Hauptfigur
Brie Larson brilliert in «Eine Frage der Chemie» in ihrer ersten grossen Serien-Rolle seit Jahren. Sie spielt Elizabeth Zott mit viel Würde. Der Diskriminierung, mit der das patriarchalische System ihr begegnet, begegnet sie mit stoischer Gelassenheit und einer klaren Demonstration, dass sie klüger als die meisten Männer ist. Die Figur ist vielschichtig. Denn wie so viele Menschen wird sie von ihren eigenen Traumata heimgesucht. Schon in der ersten Episode zeigt sich, dass Elizabeth etwas erlebt hat, das sie nicht einfach abstreifen kann.
Die Serie zeichnet Elizabeth als tiefgründige Figur, die misstrauisch ist wegen dem, wie das System sie behandelt, und verletzt ist wegen dem, was ihr passierte. Was genau, wird in der zweiten Episode ausgeführt – und da zeigt sich ein Vertuschungs- und Verschleierungsautomatismus, der erst in den letzten Jahren etwas aufgebrochen wurde. Die Serie funktioniert aber nicht nur wegen Elizabeth Zott, auch Calvin Evans ist komplex gestaltet.
3. Elizabeth macht es sich – und anderen – nicht einfach
«Eine Frage der Chemie» beginnt damit, dass Elizabeth Zott in ihrer erfolgreichen Kochsendung zu sehen ist. Das ist der Weg, den sie einschlagen musste, als die Wissenschaft ihr keine Möglichkeiten mehr bot. An das Kochen geht sie genauso heran wie an die Wissenschaft. Die erste Folge ist dabei eingerahmt von einer starken Sequenz.
Fernsehsendungen hatten damals Sponsoren, deren Produkte in den Live-Shows direkt angepriesen wurden. Das macht auch Elizabeth für eine Fertigsauce, aber nach den ersten Worten wird klar, dass sie keine Werbefigur ist – und für minderwertige Produkte wirbt sie schon gar nicht. Eine starke Sequenz, die schon in den ersten Minuten zeigt, wie eigensinnig, aber auch moralisch integer Elizabeth Zott ist. Die letzte Szene der ersten Episode kehrt zur Kochsendung zurück – und auch sie ist ungewöhnlich.
4. Die Chemie
«Eine Frage der Chemie» lebt davon, dass Brie Larson und Lewis Pullman wunderbar miteinander funktionieren. Es gibt eine echte Chemie zwischen den beiden. Die gegenseitige Anziehung der Figuren ist praktisch vom ersten Moment an spürbar.
Das macht es umso dramatischer zuzusehen, wie die beiden erst zu wissenschaftlichen, dann auch in jeder anderen Beziehung zu Partnern werden. Denn der Anfang der Serie schwebt wie ein Damoklesschwert über der Geschichte. Es ist immer klar, dass Elizabeth Zotts Traum nicht wahr werden wird.
5. Eine Welt, die sich ändern muss
Die Serie ist technisch hervorragend. Sie wirkt in der Darstellung der 50er- und 60er-Jahre authentisch. «Eine Frage der Chemie» brilliert damit, das patriarchalische und rassistische System jener Zeit blosszustellen, da es nicht nur um Elizabeth Zott geht, sondern auch um eine Nachbarin von Dr. Evans, die als Woman of Color Rassismus in jeder Form erfährt.
Das Bedrückende ist, dass Elizabeth Zott nicht nur von den Männern geringschätzig behandelt wird, sondern mehrheitlich von den Frauen. Denn die behandeln sie nicht als jemanden, der etwas verändern könnten, sondern eher wie einen Sonderling, dessen blosse Existenz die der "normalen" weiblichen Bevölkerung entwertet.
«Eine Frage der Chemie» ist sehr gut darin, innerhalb dieses Spannungsfelds zu erzählen – von einer Frau, die es wagt zu träumen. Die ihren Träumen beharrlich folgt und die allen Widerständen zum Trotz den Weg zum Erfolg findet. Dadurch wirkt die Serie inspirierend. Sie zeigt auf, wie weit unsere Gesellschaft in den letzten 60 Jahren gekommen ist, aber auch, dass noch ein weiter Weg vor uns liegt.
5 von 5 ★
«Eine Frage der Chemie» ist ab dem 13. Oktober auf Apple TV+ verfügbar.
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