Starke, eigenwillige Frauen stehen in den Arbeiten der US-amerikanischen Drehbuchautorin und Produzentin Shonda Rhimes häufig im Mittelpunkt. So auch in ihrer für Netflix entwickelten Miniserie «Inventing Anna», die mit einigen Ausschmückungen den unglaublichen wahren Fall der deutschen Betrügerin Anna Delvey (Geburtsname: Anna Sorokin) nachzeichnet. Wie viel von der Wirklichkeit tatsächlich im Film steckt, zeigen die nachfolgenden Fakten.
Hinweis: Die folgenden Fakten verraten Plotdetails aus der Serie «Inventing Anna».
1. Anna Delvey ist auch das Pseudonym der realen Hochstaplerin Anna Sorokin.
Julia Garner spielt in «Inventing Anna» die titelgebende Protagonistin «Anna Delvey». Sie ist Mitte 20 und schafft es als Hochstaplerin unzählige Menschen aus der New Yorker High Society, Hotelketten und Banken um den Finger zu wickeln. Sie führt ein Leben in Saus und Braus, obwohl sie gar keine sprudelnden Finanzquellen besitzt.
Die Netflix-Miniserie ist eine biografische Filmadaption des realen Lebens von Anna Sorokin. Sie wurde 1991 in Russland in sehr armen Verhältnissen geboren und zog im Alter von 16 Jahren nach Deutschland. Später zog sie nach Paris und arbeitete für ein Kunstmagazin. Bald darauf gab sie sich unter dem Pseudonym «Anna Delvey» als Tochter eines reichen Kunstmäzen aus. Erstmals auf die Schliche kam ihr 2015 der chinesischer Kunstsammler Michael Xufu Huang, da sie ihre Rechnungen und Buchungen nicht bezahlt hatte, welche auf ihn zurückführten. Auf sein Drängen hin wurde ihm der Betrag überwiesen, wenn auch anonym.
Obwohl sie immer noch kein Geld hatte, gelang es ihr dank berühmter Bekanntschaften zu Architekten und Künstlern, das Vertrauen und somit auch Kredite für ihre Stiftungsfinanzierung von vielen Banken und Freunden zu gewinnen. Zum Verhängnis wurde ihr ein Marokko-Urlaub mit ihrer Freundin William, welche realisierte, dass Anna eine Betrügerin ist und die Polizei verständigte. Im Oktober 2017 wurde Anna Sorokin verhaftet. Seit dem 11. Februar 2021 befindet sie sich auf Bewährung wieder auf freiem Fuss und geniesst ihre Präsenz in der Öffentlichkeit.
3. Rachel DeLoache ist keine fiktive Figur.
Rachel Williams war eine gute Freundin von Anna Delvey, welche nichts von dem Betrug ihrer Freundin ahnte, bis diese ihre Schulden vom gemeinsamen Marokko Urlaub nie beglich. Darauf kontaktierte Williams die Polizei und Anna Sorokin wurde festgenommen. Williams äussert Bedenken, dass die Frau welche ihr 62'000 Dollar schuldet, durch eine Netflix Serie verherrlicht wird, obwohl die Serie sehr darauf achtet, vor allem auch die Schattenseiten vom Livestyle der Hochstaplerin zu beleuchten.
Rachel Williams ist bekannt als Vanity-Fair-Fotoredakteurin und veröffentlichte 2019 das Buch «My Friend Anna: The True Story of the Fake Heiress», dafür erhielt sie in den sozialen Medien viel Zuspruch und erfreut sich einer grossen Publikumsbeliebtheit. Seit September 2021 ist das Buch auch auf Deutsch erhältlich.
2. Vivian Kent ist eine fiktive Figur, die es in der Realität so nicht gibt.
Die Figur der Journalistin «Viviant Kent» ist frei erfunden, spielt in der Netflix-Serie aber eine wichtige Rolle. Noch vor der baldigen Geburt ihres Kindes will die Reporterin ihren ramponierten Ruf aufpolieren und sieht ihre Chance gekommen, als sie im November 2017 über den Fall der in Russland geborenen, mit 16 Jahren nach Deutschland übergesiedelten Anna Delvey alias Anna Sorokin (Julia Garner) stolpert. Erst nach zähem Ringen darf sie ihren eigentlichen Auftrag – einen Artikel über #MeToo-Vorkommnisse an der Wall Street – hinten anstellen und bekommt ein wenig Zeit für Recherchen über die junge Frau, die sich jahrelang als Millionenerbin ausgab und seit ihrer Verhaftung auf Rikers Island einsitzt.
Dass die ganze Sache kein Selbstläufer ist, merkt Vivian schnell. Nicht nur gehen die bislang bekannten Meinungen über Delvey deutlich auseinander. Auch die Hochstaplerin selbst erweist sich als widerspenstige Gesprächspartnerin und ziert sich zunächst, einem ausführlichen Interview zuzustimmen. «Sind Sie schwanger oder einfach nur fett?», schleudert Anna Vivian bei ihrem ersten Treffen entgegen. Schon hier zeichnet sich ab, dass die auf einem Magazinartikel basierende Netflix-Produktion nicht den Fehler macht, die real existierende Persönlichkeit in ihrem Zentrum bedingungslos zu verherrlichen.
In einer Art Quid-pro-quo-Pakt, der an das Arrangement in «Das Schweigen der Lämmer» erinnert, einigt sich die Zeitungsschreiberin am Ende der ersten Folge mit Anna auf weitere Unterredungen und bewirkt, dass die Angeklagte einen von der Staatsanwältin (Rebecca Henderson) offerierten Deal ausschlägt und es auf einen Prozess ankommen lässt.
4. «Anna Delvey» – A never ending story
Noch im Gefängnis schloss Sorokin mit Netflix einen Vertrag für die Verfilmung ihrer Hochstapelei. Davon erhielt sie 320'000 Dollar, mit welchen sie ihre Anwalt- und Strafkosten decken konnte. Darauf wurde sie aber von der Generalstaatsanwaltschaft verklagt, da die Verurteilung den Profit durch begangene Verbrechen mittels Publicity verbietet. Der bezahlte Vorschuss von Netflix an Sorokin wurde durch ein Amt für Opferhilfe eingefroren, worauf zwei von ihr betrogene Banken Anträge auf das Geld stellten. Darauf willigte Netflix ein, zukünftige Zahlungen auf ein Treuhandkonto direkt zu überweisen, welches direkt durch Sorokins Anwalt verwaltet wird. Nach eigener Aussage sei schlussendlich kein Geld von der Rechtevergabe an Netflix übrig geblieben.
Seit dem 11. Februar 2021 wurde Sorokin auf Bewährung freigelassen. Sie checkte in ein Fünfsternehotel ein und meldete sich öffentlich als die Hochstaplerin in den Sozialen Medien. Im März wurde sie erneut festgenommen, da ihr Visa abgelaufen war. Sie beantragte in den USA Asyl um nicht nach Deutschland abgeschoben zu werden. Sieben Monate später wurde sie per Kaution aus dem Gewahrsam der Behörde entlassen.
Genau ein Jahr nach ihrer Freilassung, startet nun am 11. Februar 2022 auf Netflix die Mini-Serie «Inventing Anna». Wie manch andere Shonda-Rhimes-Projekte – siehe etwa «How to Get Away with Murder» – legt auch «Inventing Anna» ein flottes Erzähltempo hin und erzeugt durch ständige Zeitsprünge, schnelle Schnitte, fetzige Musikstücke und visuelle Spielereien – zum Beispiel aufpoppende Instagram-Accounts – eine enorme Dynamik. Nebenbei thematisiert die Miniserie auch, wie sehr Frauen noch heute in ihren beruflichen Ambitionen beschnitten werden. Da sich Delvey vor ihrer Festnahme in höchst exklusiven Kreisen bewegte, entführt uns die in Hochglanzbildern erstrahlende Miniserie regelmässig an luxuriös-elegante Schauplätze.
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