Critique8. März 2021 Cineman Redaktion
Netflix-Kritik «Bombay Rose»: Zwischen Realismus und Bollywood-Fantasien
Liebe, Schmerz, Pathos, Musik und Tanz in wundervollen Farben: der indische Animationsfilm «Bombay Rose» ist eine visuell umwerfende Liebeserklärung an das Leben in der pulsierenden Millionenstadt Bombay.
Filmkritik von Björn Schneider
Sie sind zwei Träumer, die es in ihrem jungen Leben nicht immer einfach hatten: die Tänzerin Kamala (Stimme im Original: Cyli Khare), die einer arrangierten Ehe entfliessen musste, und der Muslim Salim (Amit Deondi), der früh seine Eltern verlor. Sie leben inmitten der vielseitigen Metropole Bombay und haben mit familiären Konflikten, religiösen Vorurteilen und Geldsorgen zu kämpfen. Dennoch will Kamal um seine grosse Liebe kämpfen und sie für sich gewinnen. Ganz so wie es seine Helden in den romantischen Bollywood-Filmen tun.
Die handgezeichneten Animationen und die aussergewöhnliche Optik allein machen den Film sehenswert.
Nach Jahren am Theater legt die indische Schauspielerin Gitanjali Rao mit «Bombay Rose» ihren Debütfilm als Regisseurin vor. Zudem fungierte sie als Cutterin und Zeichnerin. Besonders viel Gestaltungswille und Mühe flossen unübersehbar in die detailreiche Animationswelt des märchenhaft anmutenden Films, der von berauschender visueller Vielfalt und prächtigen Farbspielereien geprägt ist. Die handgezeichneten Animationen und die aussergewöhnliche Optik allein machen den Film sehenswert.
Roa packt zu viel hinein in ihren Film.
Über 60 Animationskünstler arbeiteten 18 Monate an «Bombay Rose», der gekonnt mit Licht und Schatten spielt und seine Farbtöne den Stimmungen und Handlungen der Protagonisten anpasst. Von kräftigem Rot und Violett in den Marktszenen über atmosphärisches (Hintergrund-)Blau bis hin zu lehmartigen Brauntönen, wenn sich die Handlung in die düsteren Gassen der Stadt verlagert.
Überhaupt präsentiert Rao ein wahrhaftiges Bild von Bombay in allen Facetten. Wir sehen das Feilschen und Handeln auf den Märkten, das Nebeneinander von bitterer Armut und gehobeneren Schichten, die riesigen Filmplakate der kommenden Bollywood-Highlights. Und im Hintergrund vernimmt man grossstädtischen Lärm sowie die Hektik der Metropole. «Bombay Rose» versetzt den Zuschauer mitten hinein in diese lebhafte Geschäftigkeit und das Treiben der Stadt.
Erzählerisch und inhaltlich weist der Film hingegen Schwächen auf. Zwar ist es löblich, dass Rao ernste Töne anstimmt und gesellschaftlich relevante Themen aufs Tableau bringt (Korruption, ein rückständiges Frauenbild, die Ablehnung religiöser Minderheiten). Allerdings wirken diese Elemente eher wie eine Pflichtübung, da sie lediglich angeschnitten werden.
Roa packt zu viel hinein in ihren Film, wenn sie weitere (Liebes-) Geschichten anreisst, in den Zeitebenen springt und Traumsequenzen einbaut. Und Anspielungen auf den Bollywood-Bombast gibt’s in Form romantisierender Liebesbekundungen, Musik und Tanzeinlagen obendrauf. Das alles wirkt bisweilen zu verwirrend und konfus.
3.5 von 5 ★
«Bombay Rose» ist ab sofort auf Netflix verfügbar.
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