Critique17. Januar 2020 Theo Metais
Netflix Serienkritik «Ares»: Ein barocker Albtraum aus Holland
Für seine erste holländische Serie hat sich Netflix mit Pupkin Film zusammengetan. Die Produktion wartet mit einer von Horror geprägten Coming-of-Age-Geschichte in einer geheimen Studentenverbindung in Amsterdam auf: Traumhaft, barock und ganz schön dämonisch.
In den acht kurzen Episoden der ersten Staffel lässt uns «Ares» in die Welt einer geheimen Gesellschaft eintauchen, die aus der Elite von Amsterdam besteht. In ihren Reihen sind Söhne und Töchter von Industriellen, Ärzten und anderen hochrangigen Personen versammelt; der Stammbaum der Familie dient als Eintrittskarte.
Anhand den beiden Figuren Jacob und Rosa – grossartig interpretiert von Jade Olieberg und Tobias Kersloot – kommt es zur ersten Begegnung mit dieser dämonischen Bruderschaft, die von einem schwerwiegenden, mit der Geschichte Hollands verbundenen Geheimnis zerfressen wird. Und während die Serie mit der Aufnahme der sogenannten "Novizen" beginnt, kreuzt «Ares» die Klinge mit «Eyes Wide Shut» und dem Goldenen Zeitalter der Niederlande.
Vom Intro der ersten Episode an setzt «Ares» mit einer goldenen Schere vor Augen auf einen ungezügelten Erzählrhythmus, um seinen langen und gewagten Albtraum einzuflössen. Trotz eines etwas zaghaften Starts überrascht die Serie mit visueller Inspiriertheit und erzählerischen Höhenflügen.
Während Jacobs neue Bekanntschaften die junge Rosa faszinieren, beschliesst die Medizinstudentin, ihrem Freund zu folgen, und wird von einer gewissen Carmen (Lisa Smit), der grossen Matriarchin von Ares, begrüsst. In den Gängen des Rijksmuseums, gegenüber vom "Bedrohten Schwan" des Ratspensionärs Jan Asselyn und während die Mitglieder von Ares auf dem Gemälde "Die Nachtwache" von Rembrandt nach ihren Vorfahren suchen, wird die Geschichte von Ares erzählt.
«Ares» weckt Erinnerungen an Stanley Kubricks Film «Eyes Wide Shut».
Es ist unklar, ob die Regisseure Giancarlo Sanchez und Michiel ten Horn Stanley mit ihrer Serie Stanley Kubrick zum Zittern bringen könnten, aber das Drehbuch von Winchester Mcfly weckt Erinnerungen an seinen Film «Eyes Wide Shut» oder, bescheidener gesagt, an Lone Scherfigs «Riot Club»; Man könnte lustigerweise gar an Dorian Gray denken.
"Vergessen Sie nicht, dass es ein Privileg ist, bei uns zu sein", heisst es. In Wirklichkeit geht es darum, die holländische Elite vor dem Gesindel zu schützen; "In Ares urteilen wir nicht, in Ares schätzen wir Ihre Ehrlichkeit!". Ares ist ein lukrativer Betrug: Die Mitglieder werden per Gehirnwäsche dafür rekrutiert, alles zu tun, um das grosse Schicksal der Organisation zu erfüllen.
Mit barocker Ästhetik und Kostümen geschmückt erinnern die Bilder von Stephan Polman – die von diversen Braun- und Blautönen aus dem 17. Jahrhundert angehaucht sind – auch an «The Haunting of Hill House».
Zwar verkauft sich «Ares» zu Beginn wie eine Teenie-Serie, doch wer sich bis zur dritten Folge gedulden kann, den erwartet ab dann endlich Horror, der tief ins Psychologische greift. Eine Vergewaltigung unter Drogeneinfluss, ein (erster) dubioser Selbstmord, Jacobs Finger, die geschwärzt sind, geistige Erscheinungen und die ersten Opfergaben in Form von Erbrochenem; wie Rosa sich Ares hingibt, all das fasziniert – und die Auflösung ebenfalls.
Kurz gesagt:
Die erste Staffel von «Ares» kommt optisch einwandfrei und mit einem entrückten Szenario daher. Für seine erste holländische Produktion wählt Netflix eine wirkungsvolle psychologische Serie: «Ares» beweist seinen Skeptikern – auch mit Blick auf die kürzlich veröffentlichte belgische Serie «Jan de Lichte» – dass mit den Beneluxländern in Sachen Film und Serien auf jeden Fall zu rechnen ist.
3,5 von 5 ★
«Ares» ist ab sofort auf Netflix verfügbar.
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