Critique4. September 2024 Cineman Redaktion
Venedig 2024: «Babygirl»: Machtspielchen zwischen Büro und Schlafzimmer
Wenige Hollywood-Stars stürzen sich mit so viel Freude und Mut auf komplizierte, gewagte Rollen wie Nicole Kidman. In «Babygirl» begibt sie sich in einer Affäre mit einem Praktikanten auf die Suche nach dem Orgasmus.
«Babygirl»: Machtspielchen zwischen Büro und Schlafzimmer
Halina Reijn | 114 min.
Ein Text von Patrick Heidmann
Geschichten über Frauen, die sich mit jüngeren Männern einlassen, und die Sprengkraft, die in diesen heimlichen Affären liegt, werden dieser Tage häufiger erzählt. Beim Filmfestival in Venedig ging es darum nach der Serie «Disclaimer» auch im Film «Babygirl», mit dem die niederländische Halina Reijn erstmals im Wettbewerb vertreten ist. Nicole Kidman spielt darin die CEO einer Robotertechnik-Firma, die zwar erfolgreich im Job und glücklich im Alltag mit Mann (Antonio Banderas) und Kindern ist, aber dann ausgerechnet mit einem Praktikanten (Harris Dickinson) ihre lange unterdrückten sexuellen Phantasien auszuleben beginnt.
Reijn, die ihre Karriere als Schauspielerin begann und in ihrem Regiedebüt «Instinct» von der Beziehung zwischen einer Gefängnistherapeutin und einem Serienvergewaltiger erzählte, interessiert sich weniger für die arbeitsrechtlichen oder moralischen Zusammenhänge dieser Affäre. Viel mehr beschäftigt sie sich in ihrem Erotikthriller über Machtspiele zwischen Dominanz und Unterwerfung damit, welche Konsequenzen es gerade für Frauen auch heutzutage noch haben kann, ihren intimsten Bedürfnissen nachzugehen, wenn diese nicht den allgemein akzeptierten gesellschaftlichen Konventionen entsprechen.
Bei einigen, oft männlichen und italienischen Journalisten schien das Aufräumen mit Tabus und der Fokus auf weibliche Orgasmen im ersten Presse-Screening in Venedig für hörbares Befremden zu sorgen. Doch gerade Kidman lebt ihre Vorliebe für emotionale Extreme in diesem gelungenen und dank viel Humor auch ungemein unterhaltsamen Film einmal mehr mit Wonne aus. Auch Dickinson und Banderas überzeugen allerdings auf ganzer Linie, nicht zuletzt, weil die Männerfiguren und ihr Verhältnis zur Protagonistin eben gerade nicht so gestaltet sind, wie es offensichtlich gewesen wäre.
4 von 5 ★
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