Interview2. Mai 2024 Imagique Emm
3 Fragen an Frédéric Mermoud zum Kinostart von LA VOIE ROYALE
In seinem neuesten Spielfilm LA VOIE ROAYLE taucht der Regisseur Frédéric Mermoud in die Welt der französischen Eliteschulen ein. Wir hatten im September die Gelegenheit, mit ihm über seinen Film zu sprechen.
IMAGIQUE: Im Film geht es um Sophie, eine hochbegabte Schülerin, die den elterlichen Bauernhof verlässt, um sich in Strassburg auf die Prüfung an eine der «Grandes Ecoles» vorzubereiten, in der die Elite des Landes ausgebildet wird. Was hat Sie an diesem Thema gereizt?
Frédéric Mermoud: Ich wollte die Geschichte eines jungen Menschen erzählen, der sich an jenem Wendepunkt der ersten Entscheidungen und Erfahrungen befindet: die erste Liebe, das erste politische Engagement, die Wahl eines Berufes.
Es ist ein Schlüsselmoment, in dem man zum Akteur seines Lebens wird. Ich finde dieses „Alter der Möglichkeiten“ spannend und sehr filmisch. Mein Co-Drehbuchautor Anton Likiernik hatte die originelle Idee, eine solche Figur in die Welt der wissenschaftlichen Vorbereitungsklassen zu versetzen, die er gut kannte.
Diese Vorbereitungsklassen bilden ein spannendes geschlossenes System, in dem sich Facetten der französischen Gesellschaft mit ihren Ambitionen, ihrer Exzellenz und auch ihren Widersprüchen kristallisieren.
Der soziale Fahrstuhl und die Meritokratie sind in der Praxis nicht so einfach umzusetzen. In den französischen Eliteschulen gibt es kaum Diversität.
Warum haben Sie sich für das Umfeld der naturwissenschaftlichen Fächer wie Physik und Mathematik entschieden?
Naturwissenschaftliche Fächer werden im Kino kaum verfilmt, und ich finde die Sprache der Mathematik und Physik faszinierend, fast poetisch. Eine mathematische Argumentation kann Anmut oder Eleganz haben. Schliesslich war ich auch von der Arbeits- und Konzentrationsfähigkeit dieser jungen Studierenden fasziniert. Sie erinnerten mich an Spitzensportler:innen oder Musiker:innen, die unermüdlich und verbissen ihre Tonleitern üben. Es war eine echte Herausforderung, ihre Gedankengänge während der mündlichen Prüfungen zu filmen.
Sophie stammt aus einer Mittelschichtfamilie und gehört nicht zur Elite. Aufgrund ihrer Herkunft kämpft sie mit größeren Hindernissen als ihre Mitschüler:innen aus der Oberschicht. Sie ist eine Kämpferin, die nicht aufgibt.
Sie haben als Schweizer, der in Frankreich lebt, einen Einblick in das Schulsystem beider Länder erhalten. Sind Ihnen Unterschiede aufgefallen? Insbesondere in Bezug auf die Chancengleichheit?
Es gibt eine französische Kompetenz und einen französischen Erfindungsreichtum in allen Bereichen - Technologie, Wissenschaft und Kultur. Aber diese Studiengänge sind noch zu sehr auf eine wohlhabende Gesellschaftsschicht beschränkt. Es fehlt an Diversität, gerade in sozialer und auch in geografischer Hinsicht. In der Schweiz habe ich das Gefühl, dass das System viel flexibler ist. Es gibt Übergangsmöglichkeiten zwischen den Studiengängen, schon sehr früh wurde eine Berufsmaturität eingeführt. Man kann zu jedem Zeitpunkt seines Lebens eine Ausbildung wieder aufnehmen oder sich weiterbilden. In Frankreich ist das System sehr, wenn nicht sogar zu stark hierarchisch geprägt. Es ist effizient, aber zu sehr in sich geschlossen.
Kinostart 2. Mai 2024
SYNOPSIS
Sophie ist eine herausragende Schülerin. Auf Drängen ihres Mathematiklehrers verlässt sie den Bauernhof ihrer Familie und besucht eine wissenschaftliche Vorbereitungsklasse in Lyon, in der die zukünftigen Eliten des Landes ausgebildet werden. Zwischen neuen Bekanntschaften, Misserfolgen und hartem Wettbewerb erkennt Sophie, dass nichts selbstverständlich ist. Sie verwandelt sich in eine Kämpferin, die sich mit Leib und Seele in Mathematik und Physik stürzt, um ihr Ziel zu erreichen: die Aufnahme in die renommierte Ecole Polytechnique.
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