Artikel18. September 2023

Berufe im Film – Zu Besuch im Atelier der Kostümbildnerin Linda Harper

Berufe im Film – Zu Besuch im Atelier der Kostümbildnerin Linda Harper
© IMAGIQUE

Wir haben die Kostümbildnerin Linda Harper in ihrem Atelier im Berner Progr besucht und mit ihr über ihre Tätigkeit gesprochen.

Linda Harper ist gelernte Bekleidungsgestalterin. In der Schweiz gibt es kein Studium für Kostümbildner:in wie beispielweise in Deutschland. Nach ihrer Ausbildung ging Harper nach Berlin und gründete dort ihr eigenes Modelabel. Vor über zwanzig Jahren kam sie zum Film und hat seither das Kostümbild für mehr als fünfzig Filme konzipiert.

Der Beruf sei spannend und sehr abwechslungsreich, kein Film sei wie der andere. Mit dem Drehbuch als Grundlage entwickelt und formt sie in einem ersten Schritt Silhouetten für die Rollen. Das Konzept entstehe noch bevor sie wisse, wer welche Rollen besetzt. Zu sehen und spüren, wie sich die Silhouetten langsam zu Charakteren entwickeln, sei ein wahnsinnig schöner Prozess.

Die Arbeit erfordert im Vorfeld eine umfangreiche Recherche zu einem spezifischen Milieu. So tauchte Linda Harper beispielsweise für die Recherche zu Cyril Schäublins Film «Unrueh» in die anarchistische Bewegung Ende des 19. Jahrhunderts in ein kleines Dorf im Jura ein.

«Es braucht viel menschliches Feingefühl»– Linda Harper, Kostümbildnerin

Die Rollen sind oft sehr anspruchsvoll und vereinnahmen die Schauspieler:innen auch neben dem Set. Da brauche es viel menschliches Feingefühl, um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse eingehen zu können. Weiter bildet die Budgetplanung ein wichtiger Teil ihrer Arbeit. Die Kosten müsse sie stets vor Augen haben. «Bei einer Regenszene, die mehrfach gedreht wird, muss das Kleidungsstück immer wieder neu auf Anschluss trocken sein» so Harper. Es werde daher in mehrfacher Ausführung gekauft. Die Kostüme werden aus Budgetgründen selten angefertigt. Meistens findet sie die gesuchten Kleider in Secondhand-Shops. «Auch wenn die 90er-Jahre wieder modern sind, kann ich die Kleider nicht einfach in einem Fast Fahion Geschäft kaufen, da die Stoffe und Schnitte nicht authentisch sind» erklärt Harper. Gelungen sei ihre Arbeit, wenn sich das Kostümbild so in die Geschichte integriert, dass es nicht auffällt.

Linda Harper schaffe Kostüme, die eine Absicht haben, aber niemals übertreiben, hiess es 2021 in der Laudatio der Jury der Schweizer Filmakademie, von der sie den Spezialpreis für ihre Arbeit zu den Filmen «Von Fischen und Menschen», «Platzspitzbaby» und «Spagat» erhielt. Auch wenn sie als Person lieber im Hintergrund arbeitet, so sei diese Auszeichnung wichtig, nicht zuletzt, da Filmproduktion Gemeinschaftsarbeit sei und ohne all den unsichtbaren Berufen kein Film entstehen könne. Entsprechend freut sie sich auf das bevorstehende Team mit Zodiac Pictures und dem neuen Kinofilm mit Petra Volpe als Regisseurin und Drehbuchautorin.

Ist dieser Artikel lesenswert?


Kommentare 0

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung