U-571 Frankreich, USA 1999 – 116min.

Filmkritik

Wasserschlacht und Feuerwerk

Bruno Amstutz
Filmkritik: Bruno Amstutz

In einem pseudohistorischen Weltkriegsabenteuer kapert eine handvoll amerikanischer Seeleute ein deutsches Unterseeboot, um die Chiffriermaschine «Enigma» zu erbeuten. Regisseur Jonathan Mostow bedient sich in seiner actionreichen Inszenierung unverfroren bei Wolfgang Petersens Klassiker «Das Boot».

1942 stehen die Seestreitkräfte der Alliierten vor einem schwerwiegenden Problem: Immer wieder versenken deutsche Unterseeboote englische und amerikanische Konvois, und eine Gegenwehr scheint schwierig. Der deutsche Funkverkehr, welcher die Angriffe koordiniert, ist durch eine Chiffriermaschine namens «Enigma» verschlüsselt. Deren Code zu knacken, haben die Alliierten bisher nicht geschafft.

Im wirklichen Krieg trat die Wende ein, als es einer britischen Crew gelang, an Bord eines deutschen U-Bootes eine Enigma zu erbeuten. In Hollywoods Version gebührt diese Ehre natürlich amerikanischen Helden. Die Stunde von Kommandant Mike Dahlgreen (Bill Paxton), Leutnant Andrew Tyler (Matthew McConaughey) und ihrer Besatzung (Harvey Keitel, Jon Bon Jovi u.a.) ist gekommen, als das deutsche U-Boot U-571 nach einem Bombardement havariert im Atlantik festsitzt. Die Amerikaner stechen mit einem altersschwachen U-Boot in See, dem eine deutsche Silhouette angeschweisst wurde. So getarnt versuchen sie sich an die U-571 heranzuschleichen, die Enigma zu ergattern, das deutsche Boot zu versenken und unerkannt zu erkommen.

Der Plan misslingt gründlich: Nach Feuergefechten und Torpedoangriffen kann sich nur eine Handvoll US-Matrosen an Bord der U-571 retten. Kurzerhand machen sie das U-Boot flott, was eine ganze deutsche Mannschaft in drei Tagen nicht geschafft hat, und fliehen. Als sie jedoch auf einen deutschen Zerstörer treffen, scheint die Lage aussichtslos.

Nicht nur die U-Boot-Besatzung kämpft ab diesem Moment gegen einen übermächtigen Gegner, sondern auch Regisseur Jonathan Mostow. In seinem Fall heisst dieser Wolfgang Petersen, seines Zeichens Regisseur des vierteiligen Fernsehstreifens «Das Boot», der es als Director’s Cut auch bis in die Kinos geschafft hat. Aus Deutscher Sicht hat Petersen 1981 den U-Boot-Krieg mit all seiner Klaustophobie und der Zermürbung von Menschen und Material bereits so eindringlich auf den Punkt gebracht, dass sein Meisterwerk kaum zu überbieten ist.«U-571» kann nur versuchen, gleichzuziehen, endet aber meist als gut inszenierte Kopie von «Das Boot». Von den beängstigenden Unterwasserbombardierungen über den bedrohlichen Klang des Echolots bis zur Tauchfahrt in extreme Tiefen, wo das Boot droht auseinanderzubrechen, hat Petersen das Repertoire an submarinen Schreckensszenarien bereits ausgeschöpft.

Die optischen Parallelen der beiden Filme mögen daran liegen, dass Produktionsdesigner Götz Weidner schon für die Ausstattung von «Das Boot» verantwortlich zeichnete. U-571 legt, abgesehen von der inhaltlichen Geschichtsklitterung, viel Wert auf historische Detailtreue. Wo Petersen indessen viel Zeit aufwendete, um den moralischen Zerfall der Besatzung und die erstickende Atmosphäre im Innern des Bootskörpers auszuloten, bleibt Jonathan Mostow hauptsächlich den Actionelementen treu. Auch kann er aus dem amerikanischen Schema von Moral und Heldentum nicht ausbrechen. So muss die Erschiessung von wehrlosen alliierten Matrosen als Rechtfertigung dafür herhalten, dass die Amerikaner in einem Akt des Bellum iustum die halbe deutsche Besatzung niedermetzeln. Mostow‘s Hauptaugenmerk liegt auf Matthew McConaughey, der sich als Leutnant Tyler vom entscheidungsschwachen Offizier zum unerschrockenen Kriegsheld entwickelt. Petersen hingegen machte uns klar, dass das Heldentum im Krieg zur Farce wird.

25.05.2021

4

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