Chiko Deutschland 2008 – 92min.

Filmkritik

Mean Streets

Kyra Scheurer
Filmkritik: Kyra Scheurer

Immer wieder wird die Bandbreite deutscher Produktionen gelobt. Doch wie viele Genres bedient der fiktionale Film hierzulande wirklich - abseits von Family Entertainment, Komödie und vorzugsweise in der NS-Zeit angesiedelten historischen Dramen?

Im Fernsehen lautet die deutsche Kernkompetenz Krimi, keine Frage. Für die Leinwand reicht die klassische Whodunnit-Spielart des Krimis nicht, seine kinotauglichen Genrebrüder Thriller, Action und Milieudramen aber sind die dauervernächlässigten Stiefkinder des deutschen Films. Sie funktionieren an der Kasse nicht wird gemunkelt - Dominik Grafs «Die Sieger» oder der Thriller «Lautlos» können ein Lied davon singen.

Und vielleicht ist es so zu erklären, dass mit dem Gangsterdrama «Chiko» jetzt erstklassige Genreware auf die Leinwand kommt, die sich in der Vermarktung aber mit dem Mogeletikett «authentisch» tarnt und auch in den ersten Filmminuten auf eine falsche Fährte lockt: Regisseur Özgür Yildirim lässt den Film um den bislang eher komödienerfahrenen Denis MoschittoSüperseks», «Kebab Connection») harmlos beginnen, die Ghetto-Welt Hamburgs zeigt sich fast possierlich, wenn sich die Mutter auf Türkisch am ewigen «Alder» und «Digger» der Jungs stört, die Hure ihr goldenes Herz zeigt und man sich gegenseitig, vor allem aber der Mutter «Respekt» erweist.

Doch spätestens wenn ein Nagel durch einen Fuß schießt, man den Gefolterten schreien hört, weiß man, dass man nicht in einem Milieu-Komödchen sitzt und dass dieser Film richtig weh tun wird: Die beschwingt begonnene Gangsterballade mit derben Sprüchen und Gags wird erstaunlich konsequent in eine klassische Gewaltspirale gesteigert, deren Verlauf schnörkellos und mit viel Gespür für die Figuren verfolgt wird.

Chiko, ein cleverer türkischer Kleindealer träumt in Hamburg vom Aufstieg mitsamt weißem Mercedes und Luxusweibchen - wie weit er dafür geht, diese Frage stellt sich immer wieder, denn Chiko wird sich entscheiden müssen zwischen seinem alten Freund Tibet, der seiner kranken Mutter zuliebe versucht hat, den deutschen Großdealer Brownie zu übervorteilen und zwischen neuem Geld und neuer «Gang». Die Geschichte der Freunde Chiko und Tibet ist ein bisschen Kain und Abel, ein bisschen Scarface und ein bisschen Mean Streets - Chiko als erfolgreicher Junggangster mit dem «Klotz am Bein» Tibet, der stark an den Robert de Niro-Charakter erinnert, der immer alles verbockt. Und auch an ein deutsches Vorbild fühlt man sich erinnert, «Kurz und schmerzlos», das Langfilm-Debüt des Scorsese-Bewunderers Fatih Akin.

Das ist kein Zufall, denn Akin hat sehr früh an Yildirims Talent geglaubt, ihn an der Filmhochschule gefördert und nun diesen Film als Produzent begleitet. Und Yildirim ist hier bei allen Anleihen und Referenzen etwas sehr eigenes gelungen und etwas seltenes - ein Stück glasklare Genreware, die deutlich macht, dass Mythologie und Symbolik des Gangsterfilms grenzübergreifend funktionieren, vom schnell geschnittenen Verpacken des Stoffs zur beatgetriebenen Tonspur über die Kopfrasur als Zeichen der inneren Wandlung bis zum finalen Fluchtweg über Bahngleise in ein neues Leben.

Und es versteht sich angesichts der hohen inszenatorischen Präzision Yildirims fast von selbst, dass bei aller Genretreue auch immer etwas über die gesellschaftliche Realität dieses Landes aufgezeigt wird - hier einmal ganz ohne dem Dokumentarfilm entlehnte Mittel oder den sonst oft zu findenden Hang deutscher Filmemacher zur visuellen Sozialpädagogik. Und das ist letztlich auch eine Form von Authentizität, das Bekenntnis zum Genre, die kreative Kraft mit dessen Möglichkeiten zu spielen und so ganz nebenbei auch Stellung zu beziehen in aktuellen Debatten. Doch Migrantenproblematik hin, Jugendgewalt her - Chiko ist vor allem eines, Kino!

18.04.2008

4

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Kommentare

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Patrick

vor 15 Jahren

Geniales Drogen Drama(nichts für schwache Nerven) das Ultra Hart ist, plus einem Anti Happy-End!
Auch die Darsteller sind voll in Topform.
Ansehen mein DVD-TIP!


tuvock

vor 16 Jahren

Deutschland kann ein hässliches Gesicht haben, Moritz Bleibtreu sowieso, und Drogendealer sind dass letzte.

Die Handlung:

Also da sind 2 Freunde, Kumpels, seit langem. Sie leben in Hamburg, in den sogenannten Hoods, und ich wundere mich wieso die Deutschen alles veramerikanisieren. Also CHIKO und der TIBET. Nein nicht dass Land, sondern der Typ heißt so. Bescheuerter Name was. Die 2 Typen waren immer arm. Ihr Leben ist arm aber sie haben Träume, Geld, Spaß, und ja TIBET hat eine MAMA, die braucht eine neue Niere und dafür brauchen sie Geld. Also wird man kriminell. Schließlich will man ja nicht enden wie ein Hartz 4 Empfänger, die haben nichts und leben Ihr ganzes Leben mit nichts. Nein, ein bisschen Status und Luxus gehört dazu und da ist auch MAMA.
Irgendwann taucht BROWNIE (Moritz Bleibtreu) auf. Der ist Musikproduzent und ein PAPA. Er dealt mit Drogen, und er ist groß im Geschäft. Er hat einen Mercedes, eine Menge Geld, und vor ihm haben fast alle Angst, denn er ist ein gefährlicher Großer. CHIKO ist fasziniert von ihm, er will da hin wo BROWNIE ist.

Na Ja gesagt getan, CHIKO hat einen Auftrag. 5 Kg Marihuana oder so verkaufen. TIBET meint dass ist alles Spaß, nimmt dass locker. Und ja was macht er? Er zweigt 2 Deka ab. Doch BROWNIE bekommt davon Wind und erschlägt ihn fast. CHIKO erfährt natürlich davon und nimmt ne Pistole und fährt zu CHIKO und will ihn töten. Den BROWNIE. Was macht CHIKO, nun Geld lockt, er steigt stattdessen in den Kokainhandel bei BROWNIE ein und vergisst TIBET. Natürlich stellt sich Geld ein, Freunde, Huren, Gangsta Typen, und eine neue Schauspielerin, ne Türkin die ne Hure spielt. Richtig gut muss ich sagen.

Irgendwann kommt CHIKO drauf dass hinter all den Drogen, Geld und dem Luxusleben eigentlich nichts steht, einfach nur Mist, Gewalt, keine Hoffnung, nur Depressionen, und er muss sich ändern.

Meine Meinung:

Ja ich muss sagen, arg, die Sprache ordinär, die Handlung übel, so richtig grausam deutsch, ich mag solche Filme eigentlich nicht, Kunst und Arthaus Filme sind dass eigentlich, sehr anspruchsvoll, sehr genau, Laienhaft, aber wirklich arg, dauernd die Gewalt, schießende streitende Türken, und da soll man freundlich zu Türken sein? Nicht einfach, denn in dem Film streiten sich dauernd Türken und in 2. Linie Deutsche, Türken sind hier Proleten, Deutsche sind hier meistens arme Sozialschmarotzer, so am Rand, aber was zählt, ist dass Gesellschaftspoträt und ja die Tragödie von Tibet, dem Typen. Da kommt keine Freude auf, ne überhaupt nicht, Rache, Gier, Gewalt, und eine sehr gute Performance die alle abgeben. Doch ist mir der Film zu düster. Dauernd in der Nacht usw. Ne danke.

Bei den Berliner Filmfestspielen hat der Film gut abgeschnitten, und der Typ den Chiko spielt der hat 20 Kg antrainiert, ja ein Muskelpaketchen ist er geworden, ja ein bisschen. Der Film wurde von Fatih Akı ns und Klaus Maecks Produktionsfirma Corazón International produziert. Das 1, 5 Millionen Euro betragende Budget wurde mit Unterstützung der Hamburger Filmförderung und des NDR bereitgestellt. Für Reyhan Sahin ist es die erste Rolle in einem Spielfilm. Für Regisseur Yı ldı rı m, der zuvor nur preisgekrönte Kurzfilme gedreht hat, ist es sein Langfilmdebüt. Gedreht wurde in Hamburg (u. a. Mümmelmannsberg, Harburg, Steilshoop, Billstedt), Hannover und Umgebung.

So gesehen könnte man sagen - Chiko (ist) ein eigenständiger, auf handwerklich hohem Niveau inszenierter Gangsterfilm mit herausragenden, authentischen Darstellern. Eine mit rigoroser Kompromisslosigkeit ausgestattete Milieustudie mit ausreichend Potential, um bei seiner Zielgruppe zum Kultfilm zu avancieren. Eine Stil-sichere Rise-and-Fall Story, perfektes Genre-Kino, leider ist der Film für mich zu dunkel, zu gewalttätig, irgendwie so trist, realistisch aber trist gar nicht fröhlich. Aber verdammt gut gespielt, man muss einfach ne gute Wertung geben.

Krass ist bei dem Film da nicht geliebt wird, da viel geschimpft wird, nichts ist lustig und romantisch. Alles eigentlich nur grausam.

80 von 100Mehr anzeigen


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