Arme Seelen Schweiz 2010 – 92min.
Filmkritik
Wanderungen der Wiederkehrer
Visionen, Wahrnehmungen, Einbildungen oder Hirngespinste? Die Welt der Geister und wandernden Seelen stirbt aus, sie passt nicht mehr ins digitale Zeitalter. Edwin Beeler hat sich auf Spurensuche nach Armen Seelen in der Innerschweiz gemacht, Verschwindendes festgehalten und ein Stück Erzählkultur dokumentiert.
Sie haben Visionen, erzählen von «Begegnungen der dritten Art», diese betagten Älpler aus dem Isenthal, dem Schächental und auch die Bäuerin aus dem Entlebuch. Ihnen sind geisterhafte Wesen begegnet, deren Leben nach dem Leben das von armen Seelen ist. Sie sind nicht mehr von dieser Welt, sind auf der Wanderschaft, auf der Suche, auf Bussgängen - je nachdem, wie ihr irdisches Leben war. Sie haben bei vielen Menschen Ängste ausgelöst. Die Entlebucher Bäuerin hatte dazumal in grosser Not einen Kapuziner um Rat angegangen. Der meinte trocken: «Hab' keine Angst! Sag nüt zu dem! Das isch e armi Seel, wo mues wandle! Die tut dir nichts zuleide. Tue öppis bätte und lauf!»
Manche dieser Seelenwanderer und «Wiederkehrer» haben an Menschen gefrevelt, müssen Busse tun, so will es der Volksglaube. Mythen bildeten sich, etwa um den «Manschettler». Dieser Pachtherr residierte im Schloss Beroldingen bei Seelisberg, soll seine Pächter angeblich ausgebeutet haben und noch lange nach seinem Tod gesichtet worden sein. Es gibt mystische Orte wie den Ziegenstall im «Horlachen», ein Tal, ein Bachbett und andere. Mit ihnen werden magisch-mystische Begegnungen verbunden.
Edwin Beeler, Dokumentarfilmer aus Luzern, hat Spuren dieser Geisterwelt, die noch Teil seiner Kindheit waren, gesucht und gefunden - in Form von Erzählungen und Berichten hoch betagter Älpler aus dem Luzerner Hinterland, Entlebuch, Beromünster, Stans und Schwyz. Sie umschreiben den Mythos um diese Wiederkehrer, die Geister der Ahnen. Sie sterben quasi aus, diese Wesen des Jenseits, in einer Welt, die elektronisch vernetzt ist, die den Glauben an den Glauben verloren hat und sich an Vampiren im Kino ergötzt oder am iPhone.
Beeler schafft mit seiner Dokumentararbeit Atmosphäre, mystische Stimmungen, zeigt Menschen in ihrer landschaftlichen und kirchlichen Verwurzelung, ihres Glaubens, den manche als Aberglaube taxieren würden. Er liefert mit seinen Bildern, der Musik Oswald Schwanders und seinen Zeugen auch ein Zeugnis einer aussterbenden Erzählkultur. Nur eines gelingt ihm nicht: Auch der Dokumentarfilmer kann die Geister und Seelen nicht sichtbar machen. Sie bleiben Kopf- und Sinnbilder, gedachte Gestalten und Traumerscheinungen. Beschwörungen eben.
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Kommentare
Mit Achtsamkeit und Sorgfalt produzierte Dokumentation. Wohltuend der Verzicht auf jegliche Effekthascherei und (ab) wertende Kommentare. Danke, Herr Beeler.
Für Leute, die keine tieferen Kenntnisse vom oder eine Affinität zum konservativen Katholizismus haben, ist der Film leider nur bedingt sehenswert. Die Landschaftsaufnahmen mit der musikalischen Untermalung sind sehr gelungen. Leider sind gewisse Sequenzen, in denen im Dialekt erzählt wird, schier unverständlich.… Mehr anzeigen
der film ist leider sehr langweilig und nicht aussage kräftig und nicht überzeugend. Was sehr sehenswert ist, sind die landschaftsbilder (genial)
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