Goodnight Nobody China, Schweiz, USA 2010 – 76min.
Filmkritik
Augen auf und durch
Vier Menschen, vier Städte und Kontinente und ein gemeinsamer Nenner; die Nacht, die bei ihnen zum Tag wird - Tag und Nacht. Die Schweizerin Jacqueline Zünd hat vier Schlaflose begleitet; in Burkina Faso, in Arizona, in der Ukraine und in Shanghai.
Augen auf und durch - könnte man meinen. Doch es geht hier nicht um Wachsamkeit, sondern um Menschen, die nicht schlafen können, und das nicht eine oder zwei Nächte, sondern jahrelang. "Mister Schlaflos" Fedir Nesterchuk soll seit 20 Jahren keinen Schlaf gefunden haben. Er wurde zur Berühmtheit, wurde von 40 und mehr TV- und anderen Teams aufgesucht und befragt.
Wie kommt man oder frau damit zurande, kein Auge zutun zu können, die Nacht zum Tag machen zu müssen und gleichwohl den Tag zu überstehen? Die arbeitslose Mila Dean im Gothic-Punker-Look ist mit ihrem Wagen unterwegs, ziellos auf den Strassen Arizonas, bis sie irgendwo und irgendwann ein Ziel gefunden hat. Sie muss quasi ein doppeltes Leben führen, eine doppelte Bewältigung bestehen - Nacht für Tag und Tag für Nacht. Sie ist gern allein und gleichwohl einsam.
Der Film von Jacqueline Zünd bietet keine Antworten, sondern weitgehend magische, suggestive Bilder, eingefangen von Kameramann Nikolai Graevenitz, die phasenweise an die Bilderwelt eines David Lynch erinnern. Profaner, aber nicht weniger impressiv geht es beim Nachtwächter Jérémie Kafando in Burkina Faso zu. Staubige Strassen und Dörfer, trostlose Szenen und dunkle Impressionen der Nacht. Und dann die Glitter-Silhouetten von Shanghai. Hier lebt die Krankenschwester Lin Yao. Vor lauter Schlaflosigkeit konnte sie nicht mehr lernen, sich nicht weiterbilden und hat sich offensichtlich in ihr schlafloses Schicksal gefügt.
Der Fluss der Bilder dieses Dokumentarfilms schlängelt sich zwischen Traum und Wirklichkeit: Sie werden zu flackernden Lichtern im Zwielicht. Es gelingt dem Film, ein Stimmungssog zu erzeugen, doch in Tiefe der Menschen, für welche die Nacht zum Tag wird und umgekehrt, dringt Zünds faszinierend fluozierender Film nicht vor. Die Geschichte dahinter oder davor wird nicht erzählt. Da mag das Werk noch so viele Preise einheimsen (Zürcher Filmpreis 2010, Lobende Erwähnung am Dokfestival Leipzig, Visions du Réel, Nyon), Goodnight Nobody kann auch zum Schlafmittel werden. Der Bilderreigen ermüdet auf Dauer - trotz des Themas.
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Kommentare
Toller Film! Wunderschöne, fotografische, melancholische Bilder. Es wurde geschafft, dass gleichzeitig eine poetische, traumhafte und andererseits einsame und mystische Atmosphäre hergestellt wird. Die verschiedenen Settings und Charaktere sowie deren unterschiedliche Gedanken und ihr Umgang mit den nächtlichen Gegebenheiten ermöglichen es einen ganz besonderen Eindruck in die mögliche Gefühlswelt schlafloser Menschen zu erhalten bzw. über die Nacht als solche nachzudenken.… Mehr anzeigen
Einfach traumhaft schön. Eine berührende Reise durch die tiefen der Nacht. Geniale Bilder, toller Soundtrack - SEHENSWERT!
sehr ästhethische Bilder, wunderschöner Soundtrack, aber endlose Längen - ein Kurzfilm hätte gereicht...
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