Marley Grossbritannien, USA 2012 – 144min.
Filmkritik
Bob Marley forever
Bob Marley galt bereits vor seinem frühen Tod im Jahr 1981 als Legende. Sein beispielloser Aufstieg vom Ghetto-Kind zum globalen, popkulturellen Phänomen zeichnet Kevin MacDonald in einem umfassenden Dokumentarfilm nach. Das spannende und detailliert recherchierte Kapitel Musikgeschichte ist auch ein Stück Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts und wird darum nicht nur Reggae-Fans fesseln.
Am "Tor ohne Wiederkehr" hat alles seinen Lauf genommen. Hier, im ehemaligem Sklavenhafen von Ghana, wurden bis ins 19. Jahrhundert Millionen von Afrikanern in die europäischen Kolonien der neuen Welt deportiert. Eng mit diesem Trauma der unterdessen weltweit verstreuten afrikanischen Diaspora ist die Entstehung eines einflussreichen musikalischen Erbes verwoben. Zu den daraus hervorgegangenen Musik-Stilen zählt auch der Reggae, welcher sich seither zu einer der bedeutendsten Richtungen der populären Musik entwickelt hat. Als dessen bekanntester Interpret wurde Robert Nesta Marley 1945 in der britischen Kolonie Jamaika als Sohn einer schwarzen Mutter und eines weissen Vaters geboren. Mit seiner Musik, die zur Liebe, Freiheit und Völkerverständigung aufruft, wurde er bereits zur Lebzeiten kulturübergreifende Identifikationsfigur. Noch heute, 30 Jahre nach seinem tragischen Tod, geniesst er nicht nur unter den Rastafari-Gläubigen den Status eines spirituellen Führers.
Der Brite Kevin MacDonald (Life in a Day) nähert sich in seinem Dokumentarfilm dem Phänomen Bob Marley mit fast schon ehrfürchtiger Sorgfalt an. Dabei erfindet er das klassische Genre der Musikdokumentation keineswegs neu und verwendet entsprechende Stilmittel wie Landschaftsaufnahmen aus Jamaika, Interview-Situationen und Konzertmitschnitte an. Eine pragmatische Entscheidung, denn der umfangreiche Stoff zu Marleys Leben und Schaffen - bestehend aus einer extremen Fülle von bis anhin unveröffentlichtem Material - wird erst aufgrund dieser konventionellen Machart und einer dazu chronologisch strengen Anordnung überblickbar.
Er wollte nicht die Legende Marley zeigen, sondern den Menschen hinter der Ikone, so MacDonald zu seinem vom einflussreichen Marley-Clan autorisierten Film. Dass der Regisseur seinem eigenen kritischen Anspruch nicht ganz gerecht wird, liegt sicher auch an den, bis auf einige Ausnahmen, wohlwollenden Aussagen seiner Interview-Partner über Marley. Neben Ehefrau Rita Marley, Bandmitgliedern, Ex-Geliebten und Politikern melden sich auch zerstrittene Weggefährten und enttäuschte Familienmitglieder zu Wort. Eher zögerlich offenbart sich dann der Mensch hinter der strahlenden Ikone: eine ambivalente und misstrauische Persönlichkeit, welche die politische Mission den eigenen Kinder vorzog, teilweise fragwürdige Kontakte mit Kriminellen und umstrittenen Politikern pflegte und ihre Krebserkrankung aus Glaubensgründen zu spät behandeln liess. Erst dank all diesen Erkenntnissen über Marleys menschlichen Unzulänglichkeiten wird ein tieferes Verständnis für diesen aussergewöhnlichen Künstler geschaffen, der keine blinde Heiligenverehrung verdient hat.
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Kommentare
Interessante Doku. Für alle Reggae Fans oder Bob Marley fans umbedingt ansehen.
Interessante Doku. Jetzt weiss auch ich mehr über diese "Seele" in einer Welt, die so jemand brauchte...
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