Welcome to Zwitscherland Schweiz 2018 – 80min.
Filmkritik
Gepfiffen wie geträllert
In seinem Kinofilmerstling vergleicht Marc Tschudin typisch Schweizerisches mit der bunten Vielfalt der helvetischen Vogelwelt. Die Tieraufnahmen sind zum Teil meisterhaft, die Vergleiche oft verschmitzt erheiternd.
Ein gelbes Haus an einer hangwärts führenden Strasse. Eine verlassene Wohnung, eine Stimme. Sie ist weiblich und erzählt. Dass der Bewohner selbiger Wohnung, sie wird in Zwitscherland mehrmals aufgesucht und ist jedes Mal ein wenig leerer, vor kurzem gestorben ist. Dass dieser den grössten Teil seines Lebens leidenschaftlich Vögel beobachtet hat und dass seine Manie die Kindheit der Stimme und ihrer Geschwister massgeblich mitbestimmte. Während den Sommerferien im Tessin, bei Ausflügen in die Berge, Spaziergängen am See. Und dann findet man beim Wohnungsräumen das Feldtagebuch des Verstorbenen. Ausgehend davon bricht Zwitscherland auf, um auf den Spuren dieses Mannes, der vielleicht der Vater, vielleicht der Grossvater war, die Schweiz neu zu entdecken. Von eidgenössischer Eigenart und bunter Vielfalt ist dabei die Rede. Von einer Vielfalt, die sich zeigt in Brauchtum, Volksfesten, Alltagsverhalten und dass ihre Parallelen findet im Artenreichtum der in Helvetien heimischen Vogelschar.Schier endlos erscheinen dann in den Credits – sie erwähnen als Erzählerin Sylvia Silva und unter den Musikern bekannte Namen wie Albin Brun, Patricia Draeger und Andreas Suttner – die Liste der Schauspieler, die da heissen: Amsel, Arvenhäher, Auerhahn, Bartgeier, Birkhuhn, Buntspecht, Eisvogel, Kuckuck, Rotkehlchen, Storch… weit über hundert mögen es sein bis zu Zeisig. Die Tieraufnahmen – des Regisseurs Marc Tschudin, seines Zeichens studierter Biologe, der sich auch für Buch, Kamera und Schnitt verantwortlich zeigt – sind zum Teil sensationell. Man trifft Vögel beim Brüten und Balzen, im Flug, auf dem Wasser, im Schnee, im Wald, am See. Einige Spatzen machen in der Swissminiatur in Melide auf Hausbesetzer, unter dem Dach des ansonsten vogelfreien Bundeshauses wohnt eine Turmfalken-Familie. Es finden sich unter den Tagebucheintragungen oft pointiert-humorige Parallelen zwischen dem Gebaren der gefiederten und der menschlichen Bewohnern der Schweiz, deren Verhalten durch die Jahreszeiten ebenso geprägt wird wie durch die geologischen Eigenheiten der Landschaft.
Zwitscherland ist ein Leckerbissen für Tierfilm-Liebhaber und eine amüsante Randnotiz zu des Schweizers Schweiz. Bloss dass der Verfasser des Tagebuchs, dessen Gedanken man den ganzen Film lang folgt, anonym bleibt, ist – umso mehr als Zwitscherland sich als Dokumentarfilm behauptet – bedauerlich.
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