Goodbye Lover Deutschland, USA 1999 – 102min.

Filmkritik

Böse Menschen, die bösen Menschen Böses tun

Filmkritik: Rafael Scholl

Die Figurenliste von Goodbye Lover rivalisiert das "Who's Who in Shakespeare". Doch selbst die riesige Anzahl von Personen erblasst neben der Menge von Motiven. Ein Versuch, die Handlung darzulegen, wäre nicht weniger anmassend als die Ziele des durchschnittlichen Schurken bei James Bond. Der Film lebt von einem wirren Geflecht aus Intrigen und Doppelbetrügen, und es wäre witzlos und langfädig zu verraten, wer wem schaden will und wie und weshalb. Die Handlung beschleunigt erbarmungslos, die überraschenden Kniffe kommen immer öfter, und während der Zuschauer der Sache folgen will, beginnt er an der eigenen Intelligenz zu zweifeln.

Die Geschichte ist beeindruckend komplex, ihre Entstehung bedurfte mindestens dreier Köpfe (Ron Peer, Joel Cohen und Alex Sokolow), doch es ist ein Biest ausser Kontrolle. Zuerst haben die Figuren versteckte Absichten, und nach diesen richtet sich die Handlung des Films. Mit der Zeit bleibt aber nur noch die Absicht der Handlung, uns zu überraschen, und die Figuren haben sich danach zu biegen. Der Film betrügt uns letzten Endes wie ein schlechter Scherz zum ersten April: Er verkauft uns eine Fehlinformation als bare Münze, nur um wenig später "April! April!" zu kreischen.

Zu Beginn treffen wir Sandra (Patricia Arquette), ihren Ehemann (Dermot Mulroney) und dessen älteren Bruder (Don Johnson). Sandra ist eine ganz normale Wahnsinnige, sie liebt das Kochen und "The Sound of Music", hört Selbstmotivationsbänder und besucht regelmässig die Kirche - nicht zuletzt, um dort Sex mit ihrem Schwager zu haben. In Wirklichkeit weiss der Ehemann von dieser Affäre, ist sie doch nur ein Mittel für einen ganz anderen Zweck. Kurz: Nichts ist, was es scheint, und für einmal ist das die blanke Wahrheit. Ein Mord ruft die Polizeiinspektorin Rita Pompano auf den Plan. Sie ist die Art von Person, die auf "Ich könnte sterben!" antwortet: "Wer nicht?" - eine abgebrühte Zynikerin ohne Hoffnung auf Besserung. Ellen DeGeneres spielt die Rolle mit Humor und darf ihrem Sitcom-Ich ("Ellen") treu bleiben: Sie hat immer einen griffigen Einzeiler zur Hand.

Einige Filme sind gut, aber langweilig. Goodbye Lover ist kurzweilig, aber misslungen. Der rasante Wahnsinn beschäftigt uns durchgehend, aber er unterhält uns nicht genügend. Allerdings, ein unbestreitbarer Reiz liegt in den bedingungslos boshaften Figuren, die durchaus an Cruel Intentions erinnern. Wer eine heimliche Freude an nachtschwarzen Charakteren, Intrigen und Verrat hat, wird hier vermutlich auf seine Kosten kommen. "Goodbye Lover" hat viel weniger Stil und eine schlechtere Story als Cruel Intentions, aber der Film spielt in einem noch dunkleren Universum, und diesem, immerhin, bleibt er treu bis zum Schluss.

19.02.2021

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